Seit einem Jahr ist die Containeranlage in Seelbach bewohnt – aktuell sind in den 17 Wohneinheiten 31 Menschen dicht an dicht untergebracht. Doch das Zusammenleben funktioniert gut, betonen Landratsamt und Bürgermeister.
Ruhig ist es im Seelbacher Wiesengrund. Wer vom Parkplatz einen flüchtigen Blick auf die mattweißen Container wirft, dem kommt nicht sofort in den Sinn, dass diese Anlage das Zuhause von Menschen ist. Nunmehr seit einem Jahr sind die Container bewohnt. Wie hat sich das Zusammenleben dort entwickelt? Unsere Redaktion hat nachgehakt.
„Aktuell sind dort 31 Personen untergebracht“, teilt das Landratsamt nach LZ-Anfrage mit. Der Kreis ist der Betreiber der 25 Container und übernimmt auch die Kosten. 2023 hatte man, als sich abzeichnete, dass die Flüchtlingszahlen immer weiter steigen, alle Gemeinden kontaktiert und um Flächen gebeten. Die Gemeinde Seelbach hatte daraufhin die hintere Fläche des Parkplatzes im Wiesengrund zwischen Bolzplatz und Feuerwehr zur Verfügung gestellt. Im Dezember 2023 wurden die Container aufgebaut, im Februar zog eine vierköpfige Familie als erste Bewohner ein. Auch heute wohnen dort „überwiegend Familien“, informiert das Landratsamt.
Der Blick in die Nachbargemeinde ist aus Lahrer Sicht interessant. Schließlich prüft das Land auf dem früheren Bepo-Gelände eine Erstaufnahmeeinrichtung (wir berichteten). Die Planungen, die bei der Verwaltung und im Gemeinderat auf Kritik stießen, sind weiter in einem sehr frühen Stadium. OB Markus Ibert erklärte vergangene Woche, dass es noch keine neuen Erkenntnisse gebe.
Wie leben also die Flüchtlinge in Seelbach? Eine Anfrage unserer Redaktion, die Container zu besichtigen, wies das Landratsamt zurück, „da wir die Privatsphäre der Bewohnerinnen und Bewohner schützen möchten“, hieß es. Bei einem Tag der offenen Tür im Januar 2024 konnten Interessierte jedoch die Anlage besichtigen.
Schlafräume sind 4,5 Quadratmeter groß
Die 4,5 Quadratmeter großen Schlafräume mit zwei Bettgestellen, einem Kinderbett, zwei Schränken, einem Tisch und einigen Stühlen wirkten auf den ersten Blick beklemmend. Raum für sich? Fast unmöglich, auch weil es sonst nicht mehr als Gemeinschaftsduschen und -toiletten sowie einen großen Aufenthaltsraum und eine Küche gibt. Dennoch: Im Vergleich zur Unterbringung in einer Halle ist dies für viele Flüchtlinge ein Fortschritt. „Menschenwürdig“ nannte der damalige Bürgermeister Thomas Schäfer die Einrichtung.
So bestätigt auch das Landratsamt: „Die Bewohner sind sehr gut in Seelbach angekommen und dort aufgenommen worden und dankbar, dass sie dort einen Schutz gefunden haben.“ Auskunft darüber, woher die Flüchtlinge stammen, will das Landratsamt „aufgrund des Schutzes der Privatsphäre“ nicht geben. Vor dem Bau der Anlage war davon die Rede, dass Menschen aus Syrien, Afghanistan oder der Ukraine in Seelbach Zuflucht finden können. In der Anlage gibt es Schilder in verschiedenen Sprachen, darunter auch Türkisch und Chinesisch.
Und wie funktioniert das Zusammenleben? Die Bewohner werden von Sozialarbeitern betreut und unterstützt, gibt das Landratsamt Auskunft. Ein Hausmeister kümmere sich um technische Belange der Wohnanlage, die Heimleitung sei ebenfalls regelmäßig vor Ort und kümmere sich um den Einzug neuer Bewohner und Umzüge. Darüber hinaus sei die Heimleitung „auch für Fragen und Anliegen sowohl der Bewohner als auch der Nachbarschaft ansprechbar“. Die Bewohner bleiben „unterschiedlich lange“ in der Anlage, heißt es. Die Belegung habe in den vergangenen zwölf Monaten auch schon gewechselt.
Bürgermeister berichtet von zwei Vorfällen
Konflikte untereinander im vergangenen Jahr „gab es keine“, so das Landratsamt. Auch das Miteinander mit den Seelbacher Anwohnern funktioniere „sehr gut“. Eine Tendenz, die Seelbach Bürgermeister Michael Moser bestätigt. „Alles in allem haben die Seelbacher sehr gute Erfahrungen gemacht.“ Moser berichtet allerdings von „ein, zwei Vorfällen, die auch sehr unangenehm waren und um die man sich auch kümmern musste.“ Weiter ins Detail will er nicht gehen. Er könne verstehen, sagt der Rathauschef, wenn man Flüchtlingen gegenüber skeptisch eingestellt sei: „Es passiert viel in Deutschland.“ Er sei aber froh und es sei wichtig, dass man in Seelbach gut zusammenlebe.
Schon voll integriert in die Gemeinde ist, nach Mosers Kenntnisstand, keiner der Flüchtlinge. „Es soll aber einer jetzt in die Feuerwehr eintreten“, freut sich der Bürgermeister.
Die Ein-Jahres-Marke bedeutet zugleich Halbzeit für die Containeranlage. Bereits vor der Errichtung war davon die Rede, dass die 25 Container nur zwei Jahre lang in Seelbach bleiben. An diesem Plan hat sich offenbar nichts geändert: „Die Anlage ist tatsächlich auf einen Betrieb von zwei Jahren ausgelegt“, erklärt das Landratsamt.
Über die Anlage
Die Gemeinschaftsunterkunft im Seelbacher Wiesengrund besteht aus 25 Containern, die über einen langen Flur miteinander verbunden sind. Neben 17 Wohneinheiten gibt es dort unter anderem eine Küche mit Öfen und Spinden zur Unterbringung persönlicher Materialien. Für Frauen und Männer gibt es jeweils einen Dusch- und einen Toilettenraum. Hinzu kommt ein Aufenthaltsraum, der auch als Esszimmer dient und ein Waschraum mit jeweils fünf Waschmaschinen und Trocknern.