Im Tübinger Landgericht wurde der Fall des 44-jährigen Messerstechers verhandelt. Foto: Angela Baum

Ein besonders blutiges Eifersuchtsdrama spielte sich in Nagold zu. Nun beschäftigte sich das Landgericht Tübingen mit dem Fall.

Ein Umschlag mit 5000 Euro wird im Schwurgerichtssaal des Landgerichts Tübingen übergeben – nach einer Bluttat, die aufgrund schneller medizinischer Hilfe für das Opfer noch einmal leidlich gut ausging.

 

Gut ist vielleicht das falsche Wort, denn das Opfer des Racheaktes leidet heute noch an Schmerzen, die linke Hand ist taub und wird wohl nicht mehr gut werden.

Der Täter, der in das Haus seiner Exfreundin eingedrungen war und seinen Nebenbuhler mit einem Messer attackiert hatte, muss für die Bluttat für fünf Jahre und sechs Monate ins Gefängnis. Zudem muss der 44-Jährige 35 000 Euro Schmerzensgeld an das Opfer zahlen. Am Donnerstag wurde das Urteil gefällt, welches der Mann mit russischem Pass ruhig aufnahm – doch ab und zu entfuhren ihm russische Wortfetzen in Richtung seiner Ex-Freundin, die im Schwurgerichtssaal anwesend war.

Gefährliche Körperverletzung

Richter Armin Ernst folgte in seinem Urteil der Anklage der Staatsanwaltschaft nicht in allen Punkten – so sah er vom Tatvorwurf des versuchten Totschlags ab und verurteilte den Angeklagten wegen „gefährlicher Körperverletzung“ zu einer Freiheitsstrafe, die mit ihrem Strafmaß unter der von der Staatsanwaltschaft geforderten Dauer blieb.

Staatsanwalt Freudenberg hielt nämlich eine Haftzeit von sieben Jahren und sechs Monaten für angemessen für den Racheakt gegen das im Rollstuhl sitzende Opfer – der Mann sei der Messerattacke schutzlos ausgeliefert gewesen. Zutritt zum Haus des Paares, in dem auch seine Tochter lebt, hatte sich der Täter im Dezember vergangenen Jahres mit Gewalt verschafft – er warf Fensterscheiben mit großen Steinen ein und kletterte dann durch das Küchenfenster ins Haus. Dort fand er den im Rollstuhl sitzenden neuen Partner seiner Ex-Freundin – Eifersucht trieb ihn, ein Küchenmesser aus einer Schublade zu holen und 15-mal auf sein Opfer einzustechen. Richter Armin Ernst betonte, dass es keine tiefen Stiche gewesen seien, sondern „Schnitte“ - dennoch war das Opfer blutüberströmt, die Schnitte trafen vor allem den Kopf.

Impulsiv und aus Eifersucht

Dass der 44-jährige Angeklagte an jenem Dezemberabend des Jahres 2022 impulsiv und aus Eifersucht gehandelt hatte, ist unstrittig – es soll aber auch bereits im Vorfeld der Bluttat Provokationen seitens des Angeklagten gegeben haben. Daher verhängten seine Ex-Freundin und ihr neuer Partner ein Annäherungsverbot.

Der Täter wollte dem neuen Partner seiner Exfreundin eine „Abreibung verpassen“ und eine „Lektion erteilen“ - Staatsanwalt Freudenberg unterstellte daher dem Mann, dass er mit direktem Vorsatz und Tötungsabsicht gehandelt habe. „Ein anderes Handlungsziel gab es an diesem Abend nicht.“ Der Täter habe in einem „hemmungslosen Zustand“ gehandelt und sich auch von Zurufen aus der Nachbarschaft nicht von seiner Bluttat abhalten lassen. Da das Opfer die Messerattacke überlebt hat, sei der Tötungsversuch fehlgeschlagen. Da das DRK und auch die Polizei gerufen wurde, hatte das Opfer dank einer Erstversorgung überlebt.

Der Täter flüchtete zunächst, stellte sich dann aber später der Polizei. „Das Opfer im Rollstuhl war sehr robust – ein anderer Mann wäre vielleicht nach dem Messerangriff gestorben“, mutmaßte der Staatsanwalt. Der Staatsanwalt hob die Brutalität der Tat und auch die Lebensgefahr, in der das Opfer zunächst schwebte hervor.

Trennung nicht akzeptiert

Dieser Einschätzung folgten weder die Verteidigung des Täters, und auch Richter Armin Ernst distanzierte sich vom Vorwurf des versuchten Totschlags. Die Nebenklägerin hob den Täter-Opferausgleich positiv hervor und versuchte, die psychologischen Hintergründe und Abgründe herauszuarbeiten, die zu der brutalen Messerattacke führten. Der Täter habe die Trennung von seiner Exfreundin nicht akzeptiert, er habe auch das Annäherungsverbot nach dem Gewaltschutzgesetz nicht akzeptiert. „Wäre später nicht der Rettungsdienst gekommen und hätte dem Verletzten einen Druckverband angelegt, wäre das Opfer verstorben“, war sich die Nebenklägerin sicher.

Der Verteidiger forderte, die Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen.