Der SPD-Parteivorsitzende und Wirtschaftsminister, Sigmar Gabriel (vorne, rechts), steht am Donnerstag in Berlin bei einer öffentlichen Sitzung des Edathy-Untersuchungsausschusses des Bundestags. Foto: dpa

Vizekanzler Sigmar Gabriel hat im Edathy-Ausschuss neue Fragen aufgeworfen: Wusste der heutige Fraktionschef Thomas Oppermann womöglich schon vor Gabriels Anruf aus einer anderen Quelle von den Nacktbildern auf Edathys Rechner?

Berlin - Eine Zeugenaussage von Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) im Untersuchungsausschuss zur Edathy-Affäre hat neue Ungereimtheiten zutage gefördert.

Gabriel sagte, er habe dem heutigen Fraktionschef Thomas Oppermann am 17. Oktober 2013 erst nach Ende der Sondierungsgespräche mit der Union vom Verdacht der Polizei gegen den damaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy berichtet. "Das kann eigentlich nur im Auto auf dem Weg nach Hause gewesen sein", sagte Gabriel.

Das wirft die Frage auf: Wusste Oppermann womöglich schon vor Gabriels Anruf aus einer anderen Quelle, dass Edathy im Ausland bedenkliche Nacktbilder von Knaben bestellt hatte? Denn Oppermann rief an diesem Tag nach Angaben aus dem Bundeskriminalamt (BKA) schon um 15.29 Uhr bei BKA-Präsident Jörg Ziercke an. Der SPD-Politiker wollte sich von Ziercke bestätigen zu lassen, dass gegen Edathy Ermittlungen liefen.

Hatte Oppermann die Information vielleicht vom heutigen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erhalten, der von Gabriel am selben Tag ebenfalls eingeweiht worden war? Oppermann selbst hatte allerdings in einer Pressemitteilung vom 13. Februar 2014 geschrieben: "Sigmar Gabriel hat darüber den (damaligen) Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier und mich als 1. Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion informiert."

Edathy hatte im Februar 2014 sein Bundestagsmandat niedergelegt, kurz bevor die Kinderporno-Vorwürfe gegen ihn bekanntwurden. Das Strafverfahren gegen ihn wurde später gegen Zahlung von 5000 Euro eingestellt. Die Frage, wer ihn vor den Ermittlungen gewarnt hat, ist auch deshalb relevant, weil er dadurch die Gelegenheit erhalten hätte, mögliche Beweismittel zu vernichten - was die Ermittler vermuteten. 

Gabriel hatte selbst am Rande der Gespräche am 17. Oktober von dem damaligen CSU-Innenminister Hans-Peter Friedrich von dem Verdacht gegen Edathy erfahren. Friedrich, der vor Gabriel aussagte, belastete seinerseits seinen früheren Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche.

Friedrich zeigt keine Reue

Fritsche habe ihm im Oktober 2013 nicht nur vom Verdacht der Polizei gegen den SPD-Abgeordneten Edathy berichtet. Der Staatssekretär habe ihm damals auch geraten, Gabriel sofort darüber zu informieren, sagte Friedrich im Bundestagsausschuss. Fritsche habe gesagt: "Du musst es dem Gabriel sagen." Fritsche ist heute Staatssekretär im Bundeskanzleramt.

Dass Friedrich unerlaubt ein Dienstgeheimnis weitergegeben hatte, wurde später durch die Presseerklärung Oppermanns bekannt. Friedrich legte daraufhin sein mittlerweile übernommenes Amt als Bundesagrarminister nieder. Die Berliner Staatsanwaltschaft stellte ein Verfahren wegen Geheimnisverrats gegen ihn später wegen geringer Schuld ein.

Friedrich zeigte auch jetzt keine Reue. Er sagte, er habe es für seine Pflicht gehalten zu verhindern, dass Gabriel jemandem wie Edathy ein wichtiges Partei- oder Regierungsamt überträgt.

Nach Gabriel sollten Steinmeier und Oppermann befragt werden.