Nahe der St. Georgener Innenstadt liegt eine der beiden Bergstadt-Niederlassungen von EBM-Papst. Die Unternehmensgruppe blickt auf ein insgesamt solides Geschäftsjahr 2020/2021. Foto: Moser

Ein Rekordumsatz auf der einen Seite, die "Omnikrise" mit Corona, Ukraine-Krieg und massiven Lieferschwierigkeiten auf der anderen Seite – entsprechend gespalten fiel die Bilanz bei der Jahrespressekonferenz der EBM-Papst-Gruppe aus.

St. Georgen/Mulfingen - Einen so hohen Umsatz wie zwischen April 2021 und März 2022 hat die EBM-Papst-Gruppe noch nie erwirtschaftet. Knapp 2,3 Milliarden Euro stehen am Ende des Geschäftsjahres zu Buche – eine Steigerung um fast zehn Prozent gegenüber dem vorherigen Geschäftsjahr 2020/2021.

St. Georgener Tochterunternehmen verliert Mitarbeiter

Auch bei der Tochtergesellschaft EBM-Papst St. Georgen, zu der neben zwei Niederlassungen in der Bergstadt auch Werke in Herbolzheim und Lauf an der Pegnitz gehören, stieg der Umsatz: Von rund 477,2 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2020/2021 ging es auf 504,2 Millionen Euro – eine Steigerung, die mit 5,6 Prozent deutlich niedriger ausfiel als auf Gruppenebene. Unter anderem hatte das Unternehmen, das in den Marktsegmenten Automobil, Antriebstechnik und Kompaktlüfter tätig ist, Aufträge im Automobilsektor verloren.

Danach musste man sich Gedanken über Restrukturierungen machen, erklärte Thomas Wagner, Gruppengeschäftsführer für den Bereich Produktion. In Zahlen hieß das im November: Bis zu 170 Arbeitsplätze könnten wegfallen. Der Standort in Herbolzheim stand auf der Kippe. Nun aber werden dort ab Sommer auch große Lüfter gebaut, wie Wagner erklärte. Dadurch fallen weniger Stellen weg – bis zu 70 sind es aber nach wie vor. Zum Ende des Geschäftsjahres steht bei EBM-Papst St. Georgen ein Mitarbeiterschwund von sechs Prozent auf 1579 fest. Im Bereich der EBM-Papst-Gruppe hingegen stieg die Mitarbeiterzahl – vor allem im Ausland – auf 14 778.

Nachfrage wäre noch viel höher

Auch wenn dieses Mitarbeiterwachstum in Verbindung mit dem Rekordumsatz für EBM-Papst ein positives Signal ist, herrschte bei der Jahrespressekonferenz am Mittwoch keine überschwängliche Freude. Der Grund: Der Krieg in der Ukraine, Corona, Lieferschwierigkeiten und vor allem extrem gestiegene Material- und Energiepreise trüben die Bilanz in zweierlei Hinsicht.

Zunächst einmal, erläuterte Klaus Geißdörfer, Vorsitzender der Gruppengeschäftsführung, hätte die Gruppe "noch viel mehr Umsatz machen können" – hätten nicht Bauteile auf sich warten lassen. Ein Problem, das sich auch ins laufende Geschäftsjahr hinein weiterzieht: "Aktuell könnten wir viel mehr am Markt absetzen als wir produzieren." Es hänge schlichtweg an der Zulieferung.

Corona, Ukraine-Krieg und Materialkosten trüben Gewinn

Doch auch, was das Ergebnis der Unternehmensgruppe anbelangt, war 2021/2022 noch Luft nach oben: Es sei weiterhin schwarz, sagte Geißdörfer auf Nachfrage, "sogar deutlich schwarz". Aber es war im vergangenen Geschäftsjahr eben auch deutlich niedriger als es angesichts des Rekordumsatzes hätte sein können. Grund dafür sind enorme Materialpreissteigerungen und der Umstand, dass es EBM-Papst nicht sofort gelang, diese höheren Kosten auch an seine Kunden weiterzugeben – ein Margenproblem, wie Hans Peter Fuchs, Gruppengeschäftsführer für den Bereich Finanzen und Controlling, erläuterte. Von einer "massiven Ergebnislücke" sprach Geißdörfer.

Mittlerweile habe man Vereinbarungen mit den Kunden getroffen, um die höheren Materialkosten weiterzugeben. Probleme lauern im laufenden Geschäftsjahr eher an anderer Stelle: Lieferengpässe, war Geißdörfer sich sicher, werden die Unternehmensgruppe in den kommenden Wochen beschäftigen – und wahrscheinlich noch bis ins kommende Jahr hinein.

Automobilbereich mit kleinstem Wachstum – mit Abstand

Positiv stimmt EBM-Papst der Trend auf den Abnehmermärkten: Im vergangenen Geschäftsjahr konnte die Unternehmensgruppe auf allen drei Geschäftsfeldern – Haushaltsgeräte und Heiztechnik, industrielle Lufttechnik sowie Automotive und industrielle Antriebstechnik – zulegen. Auffällig ist jedoch eines: Mit einem nur leichtem Umsatzwachstum von 3,8 Prozent ist der Automobilbereich, der für EBM-Papst St. Georgen eine zentrale Rolle spielt, Schlusslicht. In den anderen beiden Marktsegmenten sind die Wachstumsraten zweistellig.

Während die Nachfrage in anderen Feldern laut Geißdörfer "explodiert", ist der Automotive-Bereich einem starken Wandel unterworfen – und steht offenbar nicht im Zentrum der Zukunftsstrategie von EBM-Papst. Es mache wenig Sinn, sich verstärkt mit Geschäftsfeldern auseinanderzusetzen, deren Zukunftsperspektiven eher düster sind, erklärte Geißdörfer. Wendet sich die Unternehmensgruppe also von der Automobilindustrie ab? In Herbolzheim habe man ein Konzept ausgearbeitet, das "für die nächsten ein, zwei, drei Jahre" Bestand haben werde, sagte Wagner hierzu. Was das langfristig für den Automobilbereich bedeute, stehe noch nicht fest.

Info: EBM-Papst gibt Werke in Russland auf

Seit Mittwoch ist EBM-Papst nicht mehr in Russland tätig, wie bei der Jahrespressekonferenz bekannt wurde. "Heute geht die Transaktion über die Bühne", sagte Hans Peter Fuchs, Gruppengeschäftsführer für Finanzen und Controlling. Die beiden russischen Werke mit insgesamt rund 50 Mitarbeitern werden an die dortige Geschäftsführung verkauft. Der Betrieb geht weiter – aber ohne Beteiligung von EBM-Papst. Die Sanktionen machten es Fuchs zufolge unmöglich, weiter tätig zu sein. Am Werk in der Ukraine, wo rund zehn Menschen arbeiten, hält die Unternehmensgruppe derweil fest. Auch liefert EBM-Papst mittlerweile wieder an einzelne Kunden in der Ukraine, sagte Klaus Geißdörfer, Vorsitzender der Gruppengeschäftsführung. Nach wie vor sei die Lage aber schwierig.