Zur doppelchörigen Motette „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn“ stellte sich der Ebinger Kammerchor, in zwei Gruppen aufgeteilt, in der Lamprechtskirche in Meßstetten auf. Nach und nach verschmolz der Gesang beider Gruppen beim Benefizkonzert zu einem großen Ganzen. Foto: Christoph John

Bewegende und kontrastreiche Kirchenmusik hat der Kammerchor Ebingen bei einem Benefizkonzert in der Lamprechtskirche Meßstetten dargeboten. Die Spenden kommen dem Dorf „Neve Shalom“, „Oase des Friedens“, in Israel zugute.

Kaum eine andere Musik vermag ihre Botschaft so bildhaft und packend zum Ausdruck zu bringen, wie die Motette „Jesu meine Freude“ des Komponisten Johann Sebastian Bach.

 

Eben diese – zusammen mit weiteren Werken – hat der Kammerchor Ebingen unter der Leitung von Brigitte Wendeberg in einer „bewegenden Stunde der Kirchenmusik“ in der Lamprechtskirche dargeboten. Das Benefizkonzert kommt dem Dorf „Neve Shalom“, Oase des Friedens, in Israel zugute; in dem Dorf leben jüdische, christliche und muslimische Israelis friedlich zusammen, ein Hoffnungszeichen in unruhigen Zeiten.

Als Trauermusik komponiert, setzt die Motette ihren „Trotz“ der alten und vergänglichen Welt entgegen. Der Chor gestaltete das Werk überaus lebendig: Auf der einen Seite wird die verstörende Wirklichkeit der Welt angeklagt, wenn es heißt „Tobe Welt und springe“. Im scharfen Kontrast dazu steht die sichere Zuversicht des Glaubens, der sich an Jesus orientiert. Eine Chorfuge bildet den Mittelpunkt der Motette. Sie wurde vom Tenor sicher und in reiner Intonation eingeleitet. Leicht und luftig wurden die schnellen Sechzehntelläufe von allen Stimmen vorgetragen.

Bachs Melodien lösen sich in sphärischen Klängen auf

Nach einer dramatischen Steigerung – „Weg, weg mit allen Schätzen“ – kehrt mit der Strophe „Gute Nacht, du Stolz und Pracht“ Ruhe ein und mündet in der Glaubensgewissheit „Weicht ihr Trauergeister, Jesus tritt herein“! So verschmolzen unter dem Dirigat von Brigitte Wendeberg Musik und theologische Botschaft zu einem eindrucksvollen Werk. Chor und Dirigentin bildeten eine Einheit, der eine intensive Probenarbeit und Auseinandersetzung mit Bachs Werk vorausging. Die Continuo-Begleitung durch Orgel und Kontrabass unterstützten den Vortrag, ohne dabei zu dominieren.

Zuvor erklang die doppelchörige Motette „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn“. Der Kammerchor bildete dafür auf der Empore zwei getrennte Chöre. Allmählich verschmolzen beide musikalisch zu einem großen Ganzen. Während der Sopran die Choralmelodie vortrug, wiederholten die anderen Stimmen eindringlich die Segensbitte Jakobs, die Bach auf Jesus bezog. Zwei Orgelwerke Bachs ergänzten das kontrastreiche Programm. Die Tübinger Organistin Regina Böpple brachte die Choralbearbeitung von „Jesu meine Freude“ überzeugend zum Klingen. Das Praeludium in e-Moll samt dazugehöriger Fuge ist ein gewaltiges Orgelwerk, in dem die Organistin ihr Können und ihre durchdachte Registrierung zum Ausdruck brachte.

Das symmetrisch gestaltete Konzertprogramm war umrahmt von dem Bach-Choral „Komm süßer Tod“ im Original und dessen moderner Interpretation durch den norwegischen Komponisten Knut Nystedt aus dem Jahr 1988. Die moderne Vertonung, für welche die Sänger sich in fünf Gruppen in der Kirche verteilten, berührte die Zuhörer in besonderer Weise. Die Melodie Bachs löste sich auf und sphärische Klänge schwebten durch den Kirchenraum, „ein flüchtiger Eindruck von Ewigkeit“ entstand, bis sich bei dem Wort „Frieden“ die Reibungen in Harmonien auflösten.

Bildhaft und packend ist die Bach-Motette „Jesu meine Freude“, welche der Kammerchor gekonnt vorgetragen hat. Foto: Kistner

Nach diesem Klangerlebnis war es minutenlang still im Kirchenraum. Schließlich setzte lange anhaltender Applaus ein, und es gab Blumen für Chor, Organistin, Kontrabassist Marcus Löffler, die Dirigentin, sowie reichlich Spenden für das Friedensprojekt.