Aktiv für synthetische Kraftstoffe: Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (links) – hier mit den Porsche-Vorständen Michael Steiner und Barbara Frenkel in der E-Fuels-Pilotanlage Haru Oni in Chile. Foto: Porsche/Manuel Hollenbach

Geht es um klimaneutrale synthetische Kraftstoffe, zögert die EU. Das will Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann ändern. Jetzt sucht er Verbündete in Berlin.

Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat bei Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eindringlich um Unterstützung für synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, geworben. In einem Brief, der unserer Zeitung vorliegt, warnt Hermann davor, dass die EU bei dieser Zukunftstechnologie rasch abgehängt werde, wenn es bei der „fehlenden oder zu strengen Regulierung der Europäischen Kommission“ bleibe.

Wie Kraftstoff klimaneutral wird

E-Fuels werden auf der Basis von Methanol hergestellt. Wird dieses an extrem wind- oder sonnenreichen Standorten mit grünem Strom aus Wasser und aus der Luft entnommenem Kohlendioxid produziert, sind E-Fuels klimaneutral. Am 20. Dezember hat die weltweit erste Pilotanlage in Chile die Produktion solcher Kraftstoffe in Betrieb genommen.

Für die Klimaneutralität von Land, Bund und EU seien E-Fuels „von großer Bedeutung“, schreibt Hermann an Habeck. „Sie tragen zum Erreichen der Klimaschutzziele im Verkehrssektor bei und liefern außerdem Grundprodukte für die chemische Industrie.“

Ein Beitrag zur Versorgungssicherheit

Hermann hebt außerdem die Bedeutung der Transformation bestehender Raffinerien, die bisher für die Verarbeitung fossiler Brennstoffe genutzt werden, hervor. Werde grün produziertes E-Methanol in Anlagen wie der Mineralölraffinerie MiRO in Karlsruhe zu synthetischem Benzin, Diesel und Kerosin weiterverarbeitet, liege darin die Chance, bestehende Strukturen zu erhalten, Wertschöpfung und zukunftsfähige Arbeitsplätze am Standort zu sichern und die Versorgungssicherheit des Landes zu stärken.

USA und Kanada vorn

Mit Blick speziell auf Kanada und die USA, die bereits den politischen Rahmen für die industrielle Produktion von E-Fuels geschaffen haben, wirbt Hermann bei Habeck unter anderem dafür, den regulatorischen Rahmen für die Herstellung klimaneutraler Kraftstoffe „dringend und zeitnah“ zu setzen und macht dazu konkrete Vorschläge: So soll neben steuerlicher Förderung von E-Fuels die Frist für die Nutzung von derzeit noch unvermeidlichem Kohlendioxid an Punktquellen, etwa Zementwerken, von 2035 bis 2050 verlängert werden.

Deutschland in neuer Abhängigkeit?

Generell, schreibt der Verkehrsminister, sollten die Kriterien für die Produktion von grünem Wasserstoff „nicht zu streng ausgelegt werden“. Andernfalls werde Europa weder klimaneutrale Kraftstoffe produzieren noch an der Veredelung beteiligt sein. „Schlimmer noch, wir werden auch keinen Wasserstoff für die Industrie erzeugen können oder diesen erschwinglich einkaufen können.“ Deutschland werde so „in eine neue Abhängigkeit geraten“.