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"Das wird richtig gut": Thomas Schilling eröffnetam 1. April eine Praxis in der Bergstadt

Das Geheimnis ist gelüftet: Thomas Schilling heißt der neue Allgemeinmediziner, der die Räume von Klaus-Jochen Grohmann übernimmt. Im April soll die Praxis öffnen. Im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten erzählt er, wie er in St. Georgen gelandet ist.

St. Georgen/Dunningen. Zur Begrüßung hebt er nur die Hand. Nicht nur wegen Corona. "Eigentlich ist ein Handschlag eine schlechte Angewohnheit", sagt er. Als Mediziner wisse man, wie viele Erreger dabei die Person wechseln. Dass Schilling frei von der Leber weg drauf los spricht – das wird in diesem Gespräch noch öfter passieren. Für Heuchelei, das sagt er selbst, hat er nicht viel übrig.

Schnell wird klar: Er lebt für Menschen und Medizin. Letzteres hatte er in Stuttgart zur Genüge. 25 Jahre war er dort in einer Herzklinik als Anästhesist tätig. Warum er dort weg ging? "Ich hatte einfach die Schnauze voll." Mit der Allgemeinmedizin habe er schon immer geliebäugelt.

Einmal, nach drei Jahren in der Anästhesie, habe er einen "Ausbruch" versucht. "Ich saß allein in Ebingen mit vernichtenden Arbeitszeiten", erinnert er sich zurück. Was damals nicht klappte, holte er im Oktober 2017 nach.

Von der Landeshauptstadt ging es in den Kreis Rottweil, wo er zu dieser Zeit bereits seit mehr als zehn Jahren lebte. Die Anästhesie tauschte er gegen die Allgemeinmedizin ein, begann, bei seinem damaligen Hausarzt zu arbeiten.

"Quereinstieg nennt man das", sagt Schilling und erklärt, dass für Mediziner mit langjähriger Berufserfahrung in einem anderen Fachbereich die Möglichkeit bestehe, auf die Allgemeinmedizin umzusatteln. Statt der fünfjährigen Fachausbildung musste Schilling nur noch zwei Jahre in einer Praxis absolvieren. "Ich habe jeden Tag gelernt – jeden Tag, jedes Wochenende", betont er.

Während er sich das nötige Wissen aneignete, übernahm er parallel hausärztliche Notdienste in der Region. "Das mache ich schon seit fünf, sechs Jahren", erzählt Schilling. "Da bist du dann Hausarzt auf Rädern."

Frau und Tochter mit dabei

In besagter Zeit war er immer wieder einmal in St. Georgen. "Dann bin ich monatelang an diesem Plakat vorbeigefahren", sagt er über die Anzeige am Ortseingang, mit der seit Sommer 2019 ein Nachfolger für Klaus-Jochen Grohmann gesucht wurde.

Als die ungewöhnliche Suchaktion im vergangenen Jahr überregional Beachtung findet, schwante ihm Böses. Was, wenn die Arztpraxis doch anderweitig vergeben werde, ehe er mit der Fachausbildung fertig sei? "Aber ich bin eben jemand, der erst eine Sache beendet, ehe er die nächste anfängt", meint er.

Heute sind diese Sorgen verflogen, in den ehemaligen Räumen von Grohmann laufen bereits die letzten Umbauarbeiten. Auch das dreiköpfige Team – darunter seine Frau und seine Tochter – ist bereit. Schon am 1. April soll es losgehen. "Kein Scherz", sagt Schilling und lacht laut.

Dass auf einmal alles so schnell geht, verdanke er laut eigener Aussage vor allem den vielen Helfern in St. Georgen. Ein Erlebnis in der Vorbereitungszeit sei ihm besonders im Gedächtnis geblieben, das für ihn die große Unterstützung widerspiegele.

Liebe auf den ersten Blick

Als kurzfristig an einem Tag unbedingt die Möbel für das Verlegen der Böden umgeräumt werden müssen, stehen nicht nur seine Frau und seine Tochter parat, sondern auch Familie Grohmann und Eichenlaub. "Und ganz ehrlich – dann haben die Eichenlaubs losgelegt wie die Feuerwehr", erzählt er. "Und alles war in drei Stunden fertig. Ich wäre in drei Tagen nicht fertig gewesen."

Trotz des Zuspruchs aus der Bergstadt, auch von Patienten, zieht es den Mediziner allerdings nicht ganz nach St. Georgen. Sein Zuhause soll weiter in der Gemeinde Dunningen sein. "Es sind ja nur 20 Minuten", sagt Schilling und zuckt mit den Schultern. Alles kein Problem.

Nach fast zwei Stunden Interview bleibt eine Frage: Was Wichtiges vergessen? Schilling zieht die Augenbrauen hoch. "Ich kann acht Stunden ohne Punkt und Komma reden." Es gäbe also noch viel zu erzählen.

Dass der "Arzt auf Rädern" vor dem Medizinstudium eine Ausbildung zum Krankenpfleger absolviert hat zum Beispiel. Oder, dass er so ganz nebenbei jahrelang Blutspendedienste leitete und unter anderem Sanitäter unterrichtete. "Meine Frau meint, ich bin ein Workaholic. Das ist aber Quatsch, ich habe nur Spaß an der Arbeit."

Und der soll nun auch in seiner eigenen Praxis am Marktplatz im Vordergrund stehen, durch die er später an diesem Morgen führt. Raum für Raum wird modernisiert, von der Toilette über den Empfang bis zum Sprechzimmer. "Es war Liebe auf den ersten Blick", sagt er über die Praxis, schaut sich um und nickt bestätigend. "Das wird richtig gut."

Als der Rundgang beendet ist, ist Schilling schon wieder auf dem Sprung. Er verabschiedet sich – winkend, selbstverständlich – und verschwindet über den Marktplatz. Auf zum nächsten Termin. Irgendwo muss sie ja hin, diese ganze Energie.