Hitchcock lässt grüßen: Für diese junge Dame ist die aufdringliche Krähe ein Spaß. Aber Experten raten zur Vorsicht. Eine frustrierte Krähe kann "richtig sauer" werden. Foto: Rudolf

Wie bei Hitchcock. Experten raten zur Vorsicht. Vermutlich von Hand aufgezogen worden.

Dunningen - Seit einigen Tagen hat Dunningen eine neue Attraktion: Eine Krähe rückt den Passanten in der Ortsmitte auf die Pelle. Anscheinend gibt sie sich harmlos, indes, ganz ungefährlich ist die Sache nicht.

 

Sebastian Koll vom Nabu-Vogelschutzzentrum in Mössingen spricht als Grund der Zudringlichkeit von einer "klassischen Fehlprägung". Vermutlich sei der Vogel von Hand aufgezogen worden und verbinde die Gegenwart von Menschen mit Futter.

Durch die Handaufzucht sei der Vogel letztendlich auf Menschen geprägt und halte sich für seine Artgenossen. Mit anderen Worten, die zutrauliche Krähe hält sich allen Ernstes für einen Menschen. Wenn solche Vögel dann in die Freiheit entlassen werden sollen, gehen sie einfach nicht mehr weg, weil sie sich ans Füttern gewöhnt haben. In der freien Natur sind sie, so Koll, oft nicht lebensfähig, weil sie nie gelernt haben, selbst Futter zu suchen.

Der Experte berichtet, dass das Vogelschutzzentrum immer einige solcher Fälle versorgt. Dabei werden die Vögel allerdings in Gruppen gehalten, damit sie andere Krähen kennenlernen, und es wird verhindert, dass sie direkten Kontakt zu Menschen bekommen.

Deshalb rät Koll, den Vogel in Dunningen zu beobachten, ob er auch Kontakte zu seinen echten Artgenossen hält. Dann gewöhnt er sich vielleicht noch einmal um.

Er rät dazu, nicht einfach spontan dem aufwallenden Mitleid zu folgen, sondern einen scheinbar hilflosen Vogel, den man findet, lieber sich selbst zu überlassen. Gerade würden viele Jungvögel flügge, und die ersten Flugversuche endeten oft auf dem Boden.

Die Eltern versorgten den kleinen Bruchpiloten weiter und er habe gute Chancen, das Fliegen noch zu lernen und durchzukommen.

Im Fall der Dunninger Krähe rät Koll zur Vorsicht, obwohl sich der Vogel meist harmlos gibt. "Auf alle Fälle den Schnabel vom Gesicht fernhalten", so Koll. Die Krähe picke, wenn sie gefüttert werden wolle, als eine Art Aufforderung, und das könne im schlimmsten Fall ins Auge gehen. Und wenn sie kein Futter bekäme, könnten manche der schwarzen Vögel "richtig sauer" werden.

Koll rät, den Vogel sanft wegzuschieben oder zu ignorieren. Vor allem sollte man möglichst ruhig bleiben, um kein aggressives Verhalten auszulösen.

Inzwischen gibt es übrigens Berichte, dass die zudringliche Krähe auch recht rabiat werden kann. So wird von Anflügen auf Passanten berichtet, auch vom Einsatz der Krallen ist die Rede.

Vor "Hysterie" warnt dagegen der Vorsitzende der Nabu-Ortsgruppe Dunningen, Roland Fischinger. Früher sei ein solcher Vogel kein Grund großen Aufhebens gewesen, aber die Menschen hätten den Umgang mit der Natur inzwischen größtenteils verlernt. Die Verbundenheit mit der Natur sei weitgehend verloren gegangen. Der Vogel reagiere aber eher aggressiv, wenn er Angst spüre. Ruhig bleiben und ignorieren sei das Beste, sagt Fischinger.

Wichtig sei, dem Vogel kein Futter zu geben oder es vor ihm zu verstecken. Wenn die Krähe nichts mehr bekomme, sei sie irgendwann frustriert und ziehe ab.

Nach seiner Meinung werde sich der Fall der bettelnden Krähe irgendwann in Wohlgefallen auflösen. "Vielleicht ist das schon in ein paar Tagen erledigt."