Bevor es ans Singen geht, gibt es erst mal ein paar Lockerungsübungen. Marcel Dreiling hat spontan die Leitung des Dunninger Liederkranz übernommen. Foto: Schönfelder Foto: Schwarzwälder Bote

Liederkranz: Hermann Schneider wirft nach 36 Jahren als Chorleiter hin / Marcel Dreiling springt ein

Für viele war es ein Paukenschlag, als Hermann Schneider sein Amt als Dirigent des Dunninger Liederkranz von einem Tag auf den anderen kündigte, aber jetzt will der Chor mit Marcel Dreiling wieder in die Zukunft starten.

Dunningen. Die Trennung zwischen dem Chor und seinem Dirigenten ging Knall auf Fall über die Bühne, wie der Vorsitzende Karl Geist berichtet. Zwar habe es Unstimmigkeiten rund um die geplante Teilnahme an einer Maiandacht gegeben, bei der Schneider ohne Rücksprache einen Pianisten engagiert habe, aber der Vorstand habe sich schließlich einstimmig hinter Schneiders Entscheidung gestellt. Aus der Sicht des Vorsitzenden war die Sache damit geklärt und vom Tisch. Selbst in der Hauptversammlung schien noch alles in Ordnung zu sein. Schneider selbst stellte die Pläne für das laufende Jahr vor.

Dann die Überraschung: Zwei Tage nach der Hauptversammlung erreichte Geist eine E-Mail Schneiders mit nur einem einzigen Satz, nämlich, dass er seine Tätigkeit als Dirigent fristlos kündige.

Seitdem herrscht, so Geist, Funkstille zwischen Chor und ehemaligem Dirigenten. Man habe sich nur kurz bei einer Schlüsselübergabe getroffen, habe sich die Hände geschüttelt und sei auseinandergegangen, beschreibt Geist die Zeit danach. Selbst auf einen offiziellen Abschied will Schneider verzichten.

Geist legt allerdings Wert darauf, zu unterstreichen, dass Schneider nicht etwa entlassen worden sei. Ansonsten ist von ihm kein böses Wort über den ehemaligen Dirigenten zu hören. Immerhin soviel lässt er sich entlocken, dass der Umgang mit Schneider mitunter nicht einfach gewesen sei.

Schöne Erinnerungen

Und doch gebe es in dieser langen Zeit auch viele schöne Erinnerungen an Konzerte und besondere Events. Es gebe aus seiner Sicht keinen Grund zum Nachtreten. Ansonsten ist für Karl Geist die Sache bereits abgeschlossen.

Hermann Schneider dagegen war trotz mehrfacher Versuche für ein Gespräch mit unserer Zeitung nicht zu erreichen.

Der Chor will jetzt in die Zukunft schauen, und das mit einem neuen Dirigenten. Karl Geist hatte nach Schneiders Kündigung gleich Kontakt mit Marcel Dreiling aufgenommen, Musikdirektor beim Schwäbischen Chorverband und Chorleiter in Zimmern u. d. Burg. Geist habe Dreiling gefragt, ob dieser einen Kandidaten wisse oder er selbst gerade frei sei. Und Marcel Dreiling sagte zu, den Dunninger Chor zu übernehmen. Spontan, denn: "Hier herrschte eine Notlage. Sonst hätte der Chor dagesessen", so Dreiling. Schon bei der nächsten Probe stand der neue Dirigent vor den Sängern. Er habe den Dunninger Gesangverein schon lange im Auge, gibt Dreiling zu, und er wisse um dessen Qualität. Immerhin habe der Chor unter der Leitung Schneiders große Events gestemmt. Er denke da beispielsweise an die "Carmina Burana". Wie lange sein Engagement in Dunningen dauere, werde man sehen: "Sicher keine 36 Jahre." Nun gehe es zunächst einmal darum, wieder "Ruhe" in den Chor zu bekommen und zuzusehen, dass es geordnet weitergeht. Immerhin stünden Chöre inzwischen "auf der Roten Liste der bedrohten Arten".

Er werde zunächst mit einem breiten Spektrum an Literatur beginnen, um Vorlieben und Leistungsstand des Chors herauszufinden. Volkstümliches, Pop-Titel und romantische Literatur liegen bereit. Die Chöre seien heute offener geworden, was das Repertoire betreffe, hat Dreiling festgestellt. "Man kann das Eine tun, ohne das Andere zu lassen", zeigt er sich überzeugt. Letztendlich komme es darauf an, authentisch zu sein. "Chorarbeit braucht Ziele, und diese Ziele müssen in Sichtweite liegen", betont der Dirigent. Deshalb plane er auch in diesem Jahr noch ein Konzert.

Dann beginnt die Probe. Es herrscht schnell lockere Atmosphäre, die Sängerinnen und Sänger machen gut mit. Sie vermitteln dem Zuhörer den Eindruck, als sei diese Probe ein bewusster Neustart.