Siegfried Vetter (Mitte) zusammen mit den beiden VfB-Vorständen Dietmar Allgaier (links) und Andreas Grupp Foto: VfB Stuttgart

Siegfried Vetter ist beim VfB Stuttgart der Mann für die Basis: Schon 76 neue Mitglieder hat der Ebhausener dem Bundesligisten seit 2016 beschert. Er selbst ist bereits 1976 eingetreten. Es gibt nur 266 Personen, die noch länger VfB-Mitglied sind als der frühere Vorsitzende des SV Pfrondorf/Mindersbach.

„Ich kann halt gut mit Leuten reden“, lacht Siegfried Vetter. Und genau 76-mal endete ein Gespräch genau so, wie sich der Ebhausener das vorgestellt hat – mit der Unterzeichnung eines Mitgliedsantrags beim VfB Stuttgart. Dafür wurde der frühere Vorsitzende des SV Pfrondorf/Mindersbach nun von dem Bundesligisten aus der Landeshaupthauptstadt ausgezeichnet.

 

Siegfried Vetter ist ein Dunkelroter – und das schon zu Zeiten, in denen die Fußballstadien in Deutschland längst nicht so gut gefüllt waren wie heute. Alles begann mit der Weltmeisterschaft 1966, die er damals als Elfjähriger aufmerksam verfolgte. Weiter ging es für Siegfried Vettter, der in Pfrondorf aufwuchs, mit dem VfB. Zunächst zu Hause mit dem Ohr am Radio, dann folgten die ersten Fahrten ins Stuttgarter Neckarstadion. „Damals fuhr immer ein Bus von Wildberg zum VfB. Der hielt auch an der Pfrondorfer Mühle, wo ich zugestiegen bin“, erinnert er sich.

Kickers keine Option

Für Siegfried Vetter war nach der WM 1966 klar, dass es ein Verein aus Stuttgart sein soll. „Ich wollte nicht nach Hamburg oder München“, unterstreicht er. Die Stuttgarter Kickers, die in den 1970ern zeitweise zusammen mit dem VfB in der 2. Bundesliga gespielt haben, kamen dagegen nicht infrage. „Die Kickers waren nie mein Ding. Ich war in meinem Leben nur zweimal im Stadion oben in Degerloch“, erklärt Siegfried Vetter.

1976 wurde er schließlich VfB-Mitglied. Das war zur damaligen Zeit nicht üblich, was schon seine Mitgliedsnummer beweist: 817. Seine aktuelle Treuenummer ist die 267. Es leben also nur noch 266 Personen, die noch länger VfB-Mitglied sind.

Die Entscheidung, bei seinem Herzensverein einzutreten, fiel beim 0:0 in Trier. Das reichte dem VfB, um aus der 2.  Bundesliga aufzusteigen. „Damals war Gerhard Mayer-Vorfelder Präsident. Der hatte da auch lange Haare wie ich“, weiß Siegfried Vetter noch ganz genau.

Fast 50 000 Euro gesammelt

Nach den wilden 70ern trat bei Siegfried Vetter der SV Pfrondorf/Mindersbach immer mehr in den Vordergrund. Auch um das Schiedsrichterwesen machte er sich sehr verdient. Zuletzt sammelte er von 2018 bis 2022 noch Bausteine für den Neu- und Umbau des Mindersbacher Vereinsheims, wodurch knapp 50 000 Euro zusammenkamen. Doch nun steht wieder der VfB an erster Stelle. „Ich habe sozusagen mein Hobby nach Stuttgart verlegt“, bilanziert Siegfried Vetter.

Nach dem Abstieg 2016 in die 2. Bundesliga startete der VfB eine Kampagne zur Mitgliedergewinnung. An ihr beteiligte sich der Ebhausener und sorgte für 26 Eintritte. Ob am Bahnhof, in der S-Bahn oder in Kneipen – überall spricht er die Leute an. Er habe einen guten Draht sowohl zu den Ultras vom Commando Cannstatt als auch zur Vereinsführung. „Mit denen bin ich per Du“, betont Siegfried Vetter.

Im Fanshop angesprochen

Für ihn war die Mitglieder-Kampagne aber erst der Anfang, denn er machte auf eigene Faust weiter. Weitere 50 Mitglieder kamen durch ihn hinzu – die letzten beiden erst vor vier Wochen. Zwei Studenten aus Brasilien und Portugal beobachtete er im VfB-Fanshop am Stadion. Sie wollten Mitglied werden, doch dafür habe sich der Fanshop nicht zuständig gefühlt. Für Siegfried Vetter natürlich die Gelegenheit: „Ich habe gleich gesagt: Moment mal, da bin ich der richtige Mann. Ich habe ja immer alles dabei. Da sind wir gleich rüber ins Hotel Hilton und haben alles fertig gemacht.“

Über die Mitglieder, die er geworben hat, führt Siegfried Vetter genau Statistik. 25 kommen aus dem Kreis Calw (Nagold, Ebhausen und Altensteig), neun aus Herrenberg und neun aus Stuttgart. Der Rest verteilt sich. „Jeder bekommt von mir jedes Jahr Glückwünsche zu seinem Geburtstag“, unterstreicht Siegfried Vetter, der selbst noch Mitglied im Fanclub Dunkelrote Tradition ist.

„Wird immer schwieriger“

Ein Ziel hat sich der Ebhausener nicht gesetzt. Ohnehin räumt er ein: „Es wird immer schwieriger. Die, die heute eintreten, haben im Hintergrund, dass sie eine Karte haben wollen.“ Doch ins VfB-Stadion passen nur 60 000 Zuschauer. Dem gegenüber stehen aktuell 110 000 Mitglieder. Die Zeiten, in denen man als Mitglied eine Ticket-Garantie hat, sind also längst vorbei.

Auch Siegfried Vetter selbst musste im Stadion schon umziehen. Stand er im alten Neckarstadion noch im A-Block, dem früheren Fanblock, hatte er bis zum Umbau für die EM 2024 seine Dauerkarte auf der Haupttribüne: „Reihe 13, direkt hinter der Trainerbank der Gäste. Da hat man viel mitbekommen.“ Nun sitzt er hinterm Tor in der Untertürkheimer Kurve. Immerhin: Um ihn herum sind jetzt neue Leute – denen er eine Mitgliedschaft schmackthaft machen kann. Und die nötigen Unterlagen hat er sowieso immer in der Tasche.