Die DTM-Saison beginnt – und 23 Piloten zanken sich um die beste Position im Feld Foto: dpa

Die DTM steht 2014 vor einer kniffligen Aufgabe: Mehr Qualität zu niedrigeren Kosten – die Tourenwagen-Serie soll mehr Spannung produzieren, und das bei geringerem finanziellem Einsatz. Dieses Gesundhungern schmeckt nicht allen Fahrern gleichermaßen.

Stuttgart - Fragezeichen sind immer vorhanden und besonders groß vor einem Saisonbeginn, das gilt im Fußball wie im Motorsport oder im Eishockey und in der Sportgymnastik. Nichts Genaues weiß keiner, lautet das oft und gern zitierte Motto. Die DTM-Rennfahrer fallen da nicht aus der Art. Gefragt nach ihren Chancen, fühlen sich die Piloten vor dem Auftakt an diesem Wochenende in Hockenheim wie mystische Seher, die mit allerhand geheimnisvollen Hilfsmitteln in die Zukunft blicken. Eine Prognose abgeben? Unmöglich, nicht zuletzt auch, um sich nicht unnötig in Zugzwang zu bringen. „Schwer zu sagen, wo wir stehen“, sagt Mercedes-Mann Paul di Resta, „die Tests lassen keine klare Aussage zu.“ Dass BMW-Fahrer Nico Müller meint, er habe „keine Ahnung, wer zu schlagen sein wird“, ist mit seiner Rolle als Debütant noch zu entschuldigen.

Aber selbst Martin Tomczyk, der in die 14. Saison geht, formuliert Worte, die so glibberig sind wie Wackelpudding. „Es ist vieles neu“, konstatiert der Rosenheimer, „es wird schwer, denn die anderen sind auch stark.“

Mercedes, Audi, BMW – alle sind gut, aber um herauszufinden, wer der Beste ist, dazu braucht’s halt doch die Rennstrecke. Vielleicht ist es aber der Auftrag der Hersteller an ihr Fahrpersonal, den Motorsport-Fan vor der Eröffnungsrunde im Motodrom im Unklaren zu lassen. Spannung soll erzeugt werden, in Scharen kommen sollen die Fans zum Motorsport- und Event-Spektakel nach Hockenheim. Oder zumindest am Sonntag um 13.30 Uhr auf der TV-Fernbedienung auf die Taste für die ARD drücken. Denn die Zuschauerzahlen an der Strecke wie auf dem Sofa gehen im Trend leicht zurück – und das darf den drei Herstellern, die schätzungsweise bis zu 30 Millionen Euro in ihr Engagement pumpen, nicht gleichgültig sein.

Folglich hat die Dachorganisation ITR am Rädchen zur Reglements-Justierung gedreht. „Der Zuschauer will den Kampf Mann gegen Mann“, sagt ITR-Chef Hans-Werner Aufrecht, „deshalb haben wir einige Dinge ins Reglement aufgenommen. Das hat sich teilweise bewährt, ist aber noch nicht optimal.“ Um die Leistungsfähigkeit der drei Hersteller noch mehr zu nivellieren, wurden sogenannte Performance-Gewichte beschlossen. Als „Strafgewicht“ bezeichnen es manche Piloten. Die siegreiche Marke muss pro Rennen fünf Kilogramm zuladen, der maximale Gewichtsunterschied darf aber 20 Kilogramm zwischen schwerster und leichtester Marke nicht übersteigen. Zehn Kilogramm machen ein Auto etwa zwei Zehntelsekunden pro Runde langsamer. „Das hätte es meiner Meinung nach nicht gebraucht“, sagt Titelverteidiger Mike Rockenfeller, „die DTM ist sehr ausgeglichen.“ Witali Petrow, einst Formel-1-Mann bei Renault und Caterham und nun im DTM-Mercedes unterwegs, polterte gar: „Das ist unfair und nicht richtig.“ Wenn die Serie mit dieser (zugegeben unsportlichen) Maßnahme spannender und abwechslungsreicher wird, könnte das Urteil der Fans jedoch anders ausfallen.

Spannung ist die eine Maxime, die die DTM-Macher umtreibt. Sparen lautet die zweite. Die „alte“ Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft wurde 1996 nach 17 Jahren zu Grabe getragen, weil die Teams Mercedes, Opel und Alfa Romeo das Geld gar nicht mehr so schnell verdienen konnten, wie sie es ausgaben. Die Fahrzeuge waren technische Wunderwerke und entsprechend teuer. Alfa hatte bereits vor beinahe 20 Jahren satte 170 Millionen Mark (etwa 80 Millionen Euro) in die Rennserie investiert. „Es waren nicht die Auslandsrennen für das Aus der Serie verantwortlich“, unterstreicht Aufrecht, „es war der Wahnsinn des Geldausgebens.“ Für den DTM-Neustart im Jahr 2000 wurden viele technische Fahrhilfen verboten, zahlreiche Einheitsteile eingesetzt und die Möglichkeiten zur Weiterentwicklungen während der Saison drastisch eingeschränkt. In dieser Saison treten Audi, BMW und Mercedes viermal in der Fremde an – in Ungarn (1. Juni), Russland (13. Juli), Österreich (3. August) und China (28. September).

Zum Finale kehrt die DTM traditionell am 19. Oktober nach Hockenheim zurück. Optimal wäre es, wenn auch vor dem letzten Rennen noch ein paar Fragezeichen vorhanden wären. Vor allem, wenn die Frage nach dem Champion 2014 offen wäre. Denn dann würden die Fans wahrscheinlich ins Motodrom strömen – und die DTM-Verantwortlichen hätten vieles richtig gemacht.