Der Drohnenhagel über Polen deutet auf eine dreiste Provokation hin. Lässt Putin den Angriff auf die Ukraine eskalieren? Ein Testfall für die Einigkeit des Westens.
Russlands völkerrechtswidriger Angriffskrieg gegen die Ukraine droht zu eskalieren. Die von Polens Luftwaffe über europäischem Terrain abgeschossenen Drohnen deuten auf eine dreiste Provokation hin. Wer üble Absichten ausschließt, wäre ein Narr. Es geht hier nicht um einen Einzelfall, bei dem ein Versehen unterstellt werden könnte. Offenbar wurde der polnische Luftraum mindestens 19 Mal verletzt – allesamt Irrläufer?
Bei dem Eklat handelt es sich um eine beispiellose Konfrontation. Die richtet sich nicht nur gegen Polen selbst, immerhin Mitglied der EU und der Nato. Die Aggression gilt ganz Europa, dem Westen, letztlich der gesamten freien Welt. Kaum vier Wochen nach dem Alaska-Gipfel, wo Wladimir Putin Friedensabsichten heuchelte, demonstriert er ganz ungeniert das Gegenteil. Davon zeugt schon die Angriffswelle der vergangenen Tage gegen die Ukraine, die auf nichts und niemanden Rücksicht nimmt: weder auf Krankenhäuser noch auf schutzlose Rentner.
Drohgebärde gegen Unterstützer der Ukraine
Die jetzt über Polen abgeschossenen Drohnen lassen eine Aggression in völlig neuer Dimension befürchten. Putin spielt mit dem Feuer. Was er vor aller Augen inszeniert, ist als Drohgebärde gegen alle zu verstehen, welche die Ukraine unterstützen. Sie bedeutet aber auch eine Demütigung des selbst ernannten Anwärters auf den nächsten Friedensnobelpreis: US-Präsident Donald Trump. Spätestens jetzt sollte der begriffen haben, dass Putin anderes im Schilde führt, als das, was er ihm vorgaukelt.
Seit Trump glaubt, mit dem Kremlherrscher über Frieden zu verhandeln, hat dieser die Gewalt nur forciert. Kaja Kallas, die Chefdiplomatin der Europäischen Union, hat vollkommen recht: Russlands Krieg ufert weiter aus, er endet nicht.
Unmissverständliche Antwort des Westens nötig
Die Lage ist ausgesprochen heikel. Sie wird auch zu einem Testfall für die Einigkeit des Westens, hinter die niemand anderes als Trump fortwährend Fragezeichen setzt. Jemand wie Putin muss das geradezu als Einladung verstehen. Es braucht sehr viel Ignoranz, um das nicht zu erkennen.
Seit Gründung des westlichen Verteidigungsbündnisses zu Beginn des Kalten Krieges vor 75 Jahren ist es erst sieben Mal vorgekommen, dass Mitgliedsstaaten Alarm signalisierten, weil sie sich in ihrer Sicherheit bedroht sahen – so nun auch Polen nach dem Zwischenfall mit den Drohnen. Niemand hat ein Interesse, den Konflikt mit Russland auf die Spitze zu treiben. Dennoch verlangt das Vorkommnis eine entschlossene, unmissverständliche Antwort des Westens. Putin muss klar sein, dass er den Bogen überspannt. Das wird er aber erst verstehen, wenn auch Trump begreift, was er von dessen Friedenstheater zu halten hat.