Sieht Foto: dpa

Unbemannte Fahrzeuge setzen den Trend in der Luftfahrt. Die europäische Industrie will hier den Anschluss nicht vollends verlieren. Sie treibt die Politik. Die will sich aber nicht treiben lassen.

Stuttgart/Berlin - Es bleibt beim Zögern, Warten, Nichtentscheiden: Sie sehe „zur Zeit keinen Entscheidungsdruck“, beschied Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am Montag die Rüstungsschmieden Airbus, Dassault Aviation und Alenia Aermacchi. Die hatten unmittelbar zuvor angeboten, der Bundeswehr und verbündeten Armeen bis 2020 gemeinsam ein „kostengünstiges und zulassungsfähiges“ unbemanntes MALE-Flugzeug zu liefern. Also eines für mittlere Einsatzhöhen zwischen 5000 und 15 000 Metern und mit großer Ausdauer, das auch bewaffnet werden kann.

Die Motive für dieses Angebot, das sich auch an Frankreich und Italien richtet, liegen auf der Hand: Zunächst geht es darum, für den Auftritt der Unternehmen auf der an diesem Dienstag beginnenden Luftfahrtschau ILA in Berlin ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit zu erringen. Generell liegt den Anbietern aber vor allem daran, ausgerechnet beim größten Technologiesprung der Luftfahrt seit 70 Jahren den Anschluss nicht zu verpassen.

In den führenden Streitkräften sind heute schon mehr als zehn Prozent der Flüge unbemannt. In 30 Jahren sollen es – so seriöse Schätzungen – mehr als 70 Prozent sein. Die Einführung der sogenannten Drohnen ist in ihrer militärischen Bedeutung mindestens mit jener der Düsenflugzeuge oder der Hubschrauber vergleichbar. Ihre Vorteile gegenüber bemannten Systemen: Sie sind viel billiger und können gegen einen Feind, der über keine nennenswerte Luftabwehr verfügt, teilweise mehr als 24 Stunden ohne Unterbrechung operieren.

Die Industrie in Europa hat an der Entwicklung bis jetzt aber minimalen Anteil. Während die Amerikaner in den vergangenen 20 Jahren erfolgreich Modelle für die Bildaufklärung wie Global Hawk oder auch für die Bekämpfung von Bodenzielen wie Reaper zum Einsatz gebracht haben, fehlen Europa der Wille und die Idee, ob und wie die Streitkräfte mit solchen Waffensystemen ausgerüstet werden sollen.

Die Anläufe der europäischen Industrie blieben daher allesamt stecken. Zuletzt vor einem Jahr der Euro Hawk. Diese Airbus-Entwicklung für die Aufklärung elektromagnetischer Signale scheiterte in Deutschland, weil sich das Verteidigungsministerium vor Jahren dafür entschieden hatte, dieses System mit einer Zulassung für die Teilnahme am zivilen Flugverkehr zu betreiben, dann aber aus den Augen verlor, welche Voraussetzungen dafür nötig wären.

Widersprüchliche Signale aus der Politik machen das Drohnen-Thema für die Industrie schwer berechenbar. Besonders in Deutschland: Vor einem Jahr hat der Bundestag die Absicht erklärt, in den USA bis zu 16 Reaper zu kaufen. Im Vertrag von Union und SPD steht aber: „Die Koalition wird eine europäische Entwicklung für unbemannte Luftfahrzeuge voranbringen.“ Nur – wie, wann und mit wem?

Der Vorschlag von Airbus, Dassault und Alenia Aermacchi zielt offensichtlich darauf, die Politik auf eine Linie zu zwingen. Es soll um ein Flugzeug gehen, dessen Fähigkeiten etwa im Spektrum des Reaper oder der in Israel für den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr gemieteten Heron liegen. Die Anbieter haben vorgeschlagen, mit den Regierungen und Streitkräften Deutschlands, Frankreichs und Italiens auf rund zwei Jahre in eine sogenannte Definitionsphase einzutreten. Um Anforderungen und Kosten möglichst früh zu klären. Doch gerade in Deutschland hapert es schon mit der Definition: Die SPD lehnt bewaffnete Drohnen rundweg ab, die Union ist dafür.