Die Drogeriemarktkette dm wächst im ersten Halbjahr um 13,4 Prozent. Foto: dpa

dm-Chef Erich Harsch fordert das Ende von Niedriglöhnen und Ausbeutung durch Leiharbeit im Handel. Von der Öffnung an Sonntagen hält er nichts – anders als sein neuer Konkurrent Dayli. Unter diesem Namen sollen einstige Schlecker-Läden wiederbelebt werden.

Karlsruhe - Faire Arbeitsbedingungen für Beschäftigte, Wohlfühlatmosphäre für Kunden. Das dm-Konzept funktioniert. Im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2012 / 2013 (Stichtag: 31. März) ist der Umsatz von dm um 13,4 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro gestiegen. Zum Ende des Geschäftsjahres sei ein Gruppenumsatz von 7,7 Milliarden Euro möglich, sagte dm-Chef Erich Harsch.

Dabei profitiert das Unternehmen mit Sitz in Karlsruhe von der Pleite des einstigen Marktführers Schlecker im vergangenen Jahr. Harsch schätzt, dass vom aktuellen Gesamtumsatz rund fünf Prozentpunkte auf den sogenannten Schlecker-Effekt zurückzuführen sind. Zwar gab es von dem ehemaligen Drogerieriesen am Ende nicht mehr viele Kunden zu erben. Die Menschen haben sich aber mehr als sonst mit der Drogeriebranche beschäftigt. Diese Mund-zu-Mund-Propaganda sei dm zugutegekommen, glaubt Harsch.

Es gab deutschlandweit rund 600 Schlecker-Filialen, die gute Umsätze verzeichnet haben. Diese Läden will der österreichische Investor Rudolf Haberleitner mit seiner auf Nahversorgung konzentrierten Drogeriemarktkette Dayli wiederbeleben. 400 Standorte habe er sich bereits gesichert.

Harsch machen Haberleitners Pläne keine Angst. „Ich glaube, es wird schwierig für Dayli, in Deutschland Fuß zu fassen“, sagte er. Er habe sich die ehemaligen Schlecker-Läden angesehen. 95, 5 Prozent der Filialen hält er für zu klein. dm hat in Deutschland im ersten Halbjahr 111 neue Läden aufgemacht – das sind 30 mehr als geplant.

Arbeitszeiten im Handel oft problematisch

Haberleitner kämpft gerade in Österreich darum, seine Läden mit Hilfe einer Gastronomie-Lizenz auch sonntags aufzumachen. Auch die ehemaligen Schlecker-Filialen in Deutschland würde er am liebsten das ganze Wochenende über öffnen. „Ich bin zwar ebenfalls Österreicher und daher manchmal auch sehr optimistisch“, sagte Harsch, „aber das wird schwierig.“ Zudem seien die Arbeitszeiten im Handel ohnehin oft problematisch. „Da ist es gut, wenn die Mitarbeiter am Sonntag Zeit für ihre Familie haben.“

Die Arbeitsbedingungen in der Branche werden derzeit heftig diskutiert. Hintergrund ist, dass der Handelsverband zum 31. April sämtliche Tarifverträge mit der Gewerkschaft Verdi gekündigt hat. Am 2. Mai ist der erste Verhandlungstermin der Tarifparteien. Der Manteltarifvertrag stamme aus der Nachkriegszeit und müsse dringend modernisiert werden, kritisiert der Arbeitgeberverband. dm gehört dem Handelsverband zwar nicht an, hält sich aber trotzdem an die Tarifverträge als Mindeststandard. „Der durchschnittliche Stundenlohn eines dm-Mitarbeiters liegt heute bei fast 13 Euro und der der 1400 Filialleiter bei deutlich über 20 Euro“, sagte Harsch. Unter den insgesamt über 46.000 Mitarbeitern des Konzerns befinden sich rund 1000 ehemalige Schlecker-Beschäftigte.

Harsch appellierte an die Tarifpartner, sich schnell zu einigen. Sonst bestehe die Gefahr, dass der Ruf der Branche ruiniert werde. Damit Handelsunternehmen als attraktive Arbeitgeber wahrgenommen werden, plädiert Harsch für eine Allgemeinverbindlichkeit von Tarifvereinbarungen.

Rund 70 Leiharbeiter beschäftigt

„Schlupflöcher sollten konsequent gestopft werden, um die Lohnspirale nach unten zu unterbinden“, sagte Harsch. „In Filialen der Lebensmittel- und Drogeriebranche hat Leiharbeit unseres Erachtens keine Berechtigung, weil das Geschäft in der Regel relativ konstant verläuft.“ Leiharbeitsverhältnisse sollten nur dazu dienen, Spitzenbelastungen auszugleichen, „und nicht etwa dazu, bestehende Tarifvereinbarungen systematisch und langfristig unterwandern zu können.“ dm selbst beschäftigt in seinen Verteilzentren derzeit rund 70 Leiharbeiter.

Amazon, der Online-Partner von dm, ist vor wenigen Wochen wegen der Arbeitsbedingungen von Leiharbeitern in die Schlagzeilen geraten. dm habe die Zusammenarbeit daraufhin überprüft, aber nicht beendet, sagte Harsch. Amazon habe versprochen, die Missstände abzustellen.