Homo- und Bisexuelle dürfen ein Jahr lang keinen Sexualverkehr haben. Auch andere Gruppen betroffen.
Region - Grippewelle, Ausbruch des Q-Fiebers im Sommer 2019 in Albstadt, Corona-Pandemie - unerwartete Ereignisse wie diese können auch den Vorrat an Blutkonserven hart treffen: Es entstehen Engpässe. Doch auch in Notsituationen darf nicht jeder spenden.
Langsam entspannt sich die Lage beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) wieder. Nachdem Anfang Mai aufgrund der Corona-Lockerungen der Regelbetrieb in den Kliniken wieder aufgenommen worden ist, stieg auch der Bedarf an Blutkonserven und die Reserven deckten lediglich den Tagesbedarf ab. "Mittlerweile können wir einen Vorrat anlegen, der zwei Tage reicht", berichtet Eberhard Weck, Sprecher des DRK-Blutspendedienstes Baden-Württemberg und Hessen. Normal sei jedoch eine Reserve für drei bis vier Tage. "Es herrscht kein Notstand, aber wir würden uns über mehr Blutspender freuen", so Weck.
Risiko für Spender und Patient
Trotzdem schicken die DRK-Mitarbeiter rund zehn Prozent der Besucher eines Blutspendetermins wieder weg, "wenn wir glauben, dass eine mögliche Blutspende dem Spender nicht gut bekommt oder ein Risiko für den späteren Patienten vorhanden ist", sagt Weck. Dazu gehören häufig Vorerkrankungen, zu niedriges Körpergewicht, Bluthochdruck, oder die Einnahme von Medikamenten.
Doch auch Gruppen sind davon betroffen - beispielsweise Männer, die Sex mit Männer haben. 30 Jahre lang waren sie dauerhaft von der Blutspende ausgeschlossen, seit November 2017 dürfen sie nur spenden, wenn sie mindestens zwölf Monate lang keinen Geschlechtsverkehr hatten. Denn sie gehören zu den "Personen, deren Sexualverhalten ein gegenüber der Allgemeinbevölkerung deutlich erhöhtes Übertragungsrisiko für durch Blut übertragbare schwere Infektionskrankheiten birgt", beschreibt das Robert-Koch-Institut (RKI).
Freiwilligkeit und Unentgeltlichkeit
Grund ist laut Richtlinien des RKI das erhöhte Risiko einer HIV-Infizierung bei homo- und bisexuellen Männern. Das Blut wird nach der Spende zwar untersucht, doch: "Frische Infektionen lassen sich nicht nachweisen", weiß Weck. Männer, die Sex mit Männer haben, sind auch von der Spende ausgeschlossen, wenn sie Geschlechtsverkehr mit dem gleichen Partner haben und beide HIV-negativ getestet sind. Lesben hingegen dürfen spenden, da bei ihnen "das Risiko einer HIV-Übertragung nicht so hoch ist", erklärt der DRK-Sprecher.
Insgesamt gilt: Menschen, die innerhalb der letzten zwölf Monate Sexualverkehr mit mehreren Partnern hatten, ungeachtet des Geschlechts, dürfen kein Blut spenden.
Natürlich lasse sich die Geschlechtsverkehr-Frage nicht überprüfen, räumt Weck ein. Das DRK setze deshalb auf die Ehrlichkeit der Spender beim Ausfüllen des Fragebogens. "Es gibt drei Säulen, die maßgeblich dafür verantwortlich sind, dass unsere Blutkonserven so sicher sind", erklärt der Sprecher. Die erste seien die ausführlichen Gespräche mit den Spendern und die Anwesenheit eines Arzts. Die zweite sei die Laboruntersuchung. Und die dritte die Freiwilligkeit und Unentgeltlichkeit. Denn Spender bekommen in Deutschland keine Belohnung, wenn sie spenden. "Die Spender möchten freiwillig helfen. Es gibt keinen Grund, beim Ausfüllen des Fragebogens zu lügen."
Engländer und Afrikaner von der Spende ausgeschlossen
Weck stellt jedoch auch klar: "Es ist nicht ungewöhnlich, dass man nicht spenden darf." So seien beispielsweise auch über 73-Jährige betroffen, ungeachtet ihrer Fitness. Auch Menschen, die in England geboren und aufgewachsen sind, dürften in Deutschland nicht spenden, da in Großbritannien die Krankheit BSE oder Creutzfeld-Jakob-Disease verbreitet ist.
Diese Krankheit, umgangssprachlich Rinderwahn genannt, ist laut dem DRK-Sprecher wiederum der Grund, weshalb Europäer in Australien, Neuseeland, USA oder Kanada kein Blut spenden dürfen. Und Menschen aus Afrika könnten den Malaria-Erreger unerkannt in sich tragen, weshalb sie in Deutschland ebenfalls ausgeschlossen sind.
"Wir wollen niemanden diskriminieren, aber wir müssen die Vorschriften einhalten, um das Risiko für die Patienten minimalisieren", sagt Weck.