Grüttner und der VfB II straucheln: Kapitän Marchese mit den Kickers obenauf Foto: Bm

Auf der Waldau sind die Kickers eine Macht – selbst wenn sie auf dem Papier nicht die Heimmannschaft sind. Das 1:0 im nominellen Auswärtsspiel beim VfB Stuttgart II ist der achte Sieg der Blauen im Gazistadion in Serie.

Stuttgart - Am Ende erinnerten nur noch die Rufe aus dem B-Block daran, dass die Stuttgarter Kickers gerade ihr zweites Auswärtsspiel gewonnen hatten. „Auswärtssieg, Auswärtssieg!“, skandierten die Fans der Blauen, die beim 1:0 (0:0) im Gazistadion ausnahmsweise einmal in den grünen Ausweichtrikots aufgelaufen waren. Auf dem Papier war zwar Stadtrivale VfB Stuttgart II der Gastgeber dieser Drittliga-Begegnung, wie eine Heimmannschaft spielten aber über 90 Minuten lang nur die Kickers. „Wir haben in punkto Zweikampfverhalten unsere Grenzen aufgezeigt bekommen“, meinte VfB-II-Angreifer Marco Grüttner, in der Vorsaison noch ein Blauer, und lobte seine früheren Mannschaftskollegen: „Sie haben hart, aber fair gekämpft.“

Insbesondere die Abteilung Attacke des VfB II, bestehend aus Grüttner und dem sehr schwachen Pascal Breier, blieb über die gesamte Spielzeit erstaunlich blass. Ganz anders die Kickers, die leidenschaftlich um den Sieg kämpften. „Wir sind an unsere Grenzen gegangen“, stellte Kapitän Enzo Marchese fest, „und hätten dem VfB II den Zahn schon früher ziehen müssen.“

Dass die Blauen am Schluss noch um den Sieg gegen die „Lampen“, wie der Rivale aus Cannstatt bei den Fans der Degerlocher spöttisch genannt wird, zittern mussten, lag insbesondere an der hellen Leuchte, die das Tor der Hausherren hütete. Der erst 19 Jahre alte Odisseas Vlachodimos brachte die Offensive der Kickers in Hälfte eins in Verzweiflung, als er zuerst eine Großchance vom gleichaltrigen Drittliga-Debütanten Andreas Ivan und später einen Freistoß von Fabian Baumgärtel spektakulär parierte.

„Wir sind ein bisschen fahrlässig mit unseren Chancen umgegangen“, haderte Marchese mit seinen Teamkollegen. Erst Marco Calamita, der in Durchgang eins ebenfalls schon einmal an Vlachodimos gescheitert war, erlöste in der 47. Minute die vielen blau gekleideten Fans unter den 3900 Zuschauern. „Mir fehlen die Worte, wir wollten diesen Sieg unbedingt“, freute sich der Torschütze nach dem Abpfiff.

Für den VfB II war es hingegen, wie U-23-Coach Jürgen Kramny es noch vorsichtig formulierte, „kein gutes Wochenende“. Denn neben ihrem Heimspiel vor größtenteils feindlich gesinnter Kulisse verlor seine Mannschaft in Spielführer Tobias Rathgeb auch noch einen wichtigen Führungsspieler. Der Kapitän musste nach 58 Minuten mit stark blutender Nase vom Feld, vermutlich ist das Nasenbein gebrochen.

Bei den Kickers brach durch den Auswärtssieg im Stadion lediglich eine Langzeitserie: Zum ersten Mal in dieser Saison stehen die Degerlocher in der Drittliga-Tabelle nun vor dem Stadtrivalen. Übermütig wollte deswegen im blauen Lager aber keiner werden. „Wir fangen jetzt nicht an zu spinnen“, stelle Trainer Horst Steffen klar, „wir sind immer noch nicht weit weg von der Abstiegszone.“ Ein kleines, verträumtes Schielen nach oben, zum acht Zähler entfernten Relegationsplatz, ist aber bestimmt erlaubt – vor allem, wenn die Kickers bald auch die Auswärtsspiele gewinnen, die nicht vor der eigenen Haustüre stattfinden.