Marco Calamita (li.): Den Kickers fehlte die letzte Konsequenz Foto: Baumann

Seit langer Zeit war Fußball-Drittligist Stuttgarter Kickers vor einem Heimspiel nicht mit dem Rücken zur Wand gestanden. Prompt setzt es beim 0:3 gegen den Chemnitzer FC erstmals seit dem 3. September 2013 wieder eine Niederlage im Gazistadion.

Stuttgart - Das muss der Mensch erst einmal verkraften. Von ganz unten, mit gerade mal drei Pünktchen nach acht Spielen, waren die Kickers von Platz 20 aus zu ihrer Aufholjagd gestartet. Die Erfolgsserie hatte sie bis auf den sechsten Platz nach oben gespült. Die Folge: Ein sattes Acht-Punkte-Polster auf einen Abstiegsrang, aber immer noch zehn Punkte Rückstand auf Relegationsplatz drei. Und irgendwie schien gegen Chemnitz die Luft raus zu sein, nachdem der Druck der vergangenen Wochen und Monate weg war. „Vielleicht ist es ein stückweit menschlich, dass die letzte Konsequenz gefehlt hat“, sagte Sportdirektor Michael Zeyer. Ausnahmeteams wie dem FC Bayern reicht es, auch mal nur 70 oder 80 Prozent abzurufen, um einen Gegner zu bezwingen. Die Kickers dagegen bekommen gegen jeden Gegner Probleme, wenn nicht jeder Spieler an seine Grenzen geht. Zudem fehlte gegen Chemnitz der gesperrte Sandrino Braun als kampfstarker Dauerläufer und Balleroberer im Mittelfeld. „Als wir gegen Osnabrück mit zehn Mann spielten, war unsere Laufbereitschaft und unser Tempo Champions-League-reif, heute war es auf Kreisliga-Niveau“, gab Kapitän Enzo Marchese zu.

Zur nicht optimalen Einstellung kam der ungünstige Spielverlauf. Nach der vergebenen Möglichkeit von Marco Calamita (11.) gelang dem Gegner durch einen Doppelschlag (15./25.) die 2:0-Führung. Danach verpassten die Blauen bei Großchancen von Marc Stein (36.) und Elia Soriano (42.) den Anschlusstreffer vor der Pause. In der zweiten Halbzeit schafften es die einfallslosen Blauen auf schlecht bespielbarem Rasen (Zeyer: „Ein Rübenacker“) nicht mehr, klare Chancen herauszuspielen. „Bei uns waren heute leider nicht alle in einer guten Verfassung“, stellte Trainer Horst Steffen fest.

Die Ursache dafür dürfte auch die Vita der nachverpflichteten Spieler sein. Gerrit Müller hatte in seiner letzten Station beim 1. FC Heidenheim nur wenig Einsatzzeiten und war davor fast zwei Jahre verletzt. Auch Calamita fehlte über einen längeren Zeitraum die Spielpraxis, und Lhadji Badiane lag vor seinem Einstieg bei den Kickers im Oktober 2013 zwei Jahre verletzungsbedingt auf Eis. „Schwankungen bleiben in solchen Fällen nicht aus“, bittet Zeyer um mildernde Umstände und Geduld.

Doch der Sportdirektor ist sicher, dass es dem Trainer schnell gelingt, neue Reize zu setzen und die Elf wieder in die Spur zu bringen. Er widerspricht der These, dass das Team die Saison nach der 3:0-Führung gegen Heidenheim (Endstand 3:3) gedanklich abgehakt haben könnte. „Wir haben eine gute Mentalität im Team“, betont er. Die gilt es zu bestätigen: Zunächst am kommenden Freitag (18 Uhr) bei Borussia Dortmund II und dann am darauffolgenden Dienstag (19 Uhr) daheim gegen Darmstadt 98.