Ein nachdenklicher Philipp Rösler sucht den Weg aus der FDP-Krise. Mit dem Ende der "Jamaika"-Koalition kommt der nächste Tiefschlag. Foto: dpa

Die FDP erlebt während ihres Dreikönigstreffens schon wieder eine Pleite.

Stuttgart - Die politisch angezählte Bundes-FDP hat mit dem Bruch der Jamaika-Koalition im Saarland einen weiteren Tiefschlag hinnehmen müssen. Dabei wollte FDP-Chef Philipp Rösler seiner krisengeschüttelten Partei bei der traditionellen Zusammenkunft am Dreikönigstag in Stuttgart neues Selbstbewusstsein einimpfen und einen Weg aus dem Umfragekeller weisen. Doch Röslers Bekenntnis zu Wachstum und die Abkehr vom jahrelangen Wahlkampfschlager Steuersenkungen rückten angesichts des Scheiterns des bundesweit ersten Bündnisses aus CDU, Grünen und FDP (wegen der Farben Schwarz, Grün und Gelb als Jamaika-Koalition bezeichnet) in den Hintergrund.

Ende der "Jamaika"-Koalition im Saarland

Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ließ zeitgleich mit der Rede Röslers das Ende der Koalition verkünden. Als Grund nannte sie die Zerwürfnisse in der FDP-Landtagsfraktion. Mitte Dezember hatte FDP-Fraktionschef Christian Schmitt seinen Wechsel zur CDU verkündet. Die Führung der Bundes-FDP bemühte sich um Schadensbegrenzung. „Die CDU weiß, dass die FDP im Bund ein verlässlicher Partner ist“, sagte Gesundheitsminister Daniel Bahr der dpa. Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) sprach im TV-Sender Phoenix von „einem sehr unfreundlichen Akt“ der CDU und sagte: „Hätte man nicht den politischen Partner, die FDP, schädigen wollen, hätte man das schon viel früher machen können.“

Rösler attackiert Finanzminister Schäuble

Rösler sagte vor etwa 1400 Zuhörern im voll besetzten Stuttgarter Staatstheater, die FDP sei im Gegensatz zu den anderen Parteien der Garant für mehr Wachstum und damit auch für Arbeitsplätze und soziale Sicherheit. Für die Liberalen gelte der Dreiklang: „Wirtschaft, Wachstum und Wohlstand“, sagte der 38-jährige Wirtschaftsminister. Rösler attackierte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der sich in einem Interview für eine Begrenzung des Wachstums ausgesprochen hatte. „Bei allem Respekt vor Kabinettskollegen. Das ist unverantwortlich“, sagte der Vizekanzler.

Die FDP sackt in den Umfragen weiter ab

Der Nachfolger des langjährigen Vorsitzenden Guido Westerwelle erwähnte in seiner ersten Rede als Parteichef an Dreikönig das über Jahre zentrale FDP-Thema Steuersenkungen mit keinem Wort. Stattdessen erklärte er den Abbau der Staatsschulden zur obersten Priorität: „Ich wünsche mir für die Liberalen ein Ziel: Deutschland schuldenfrei.“ Rösler mahnte seine Partei zur Geschlossenheit: „Gemeinsam reißen wir das Ruder herum.“ Die FDP sackt in den Umfragen immer weiter ab - zuletzt erzielten die Liberalen nur noch zwei Prozent. Rösler gilt als angeschlagen, Fraktionschef Rainer Brüderle (66) wird bereits als Nachfolger gehandelt.

Fraktionschef Brüderle steht hinter Rösler

Brüderle bestritt jedoch solche Ambitionen. „Ich stehe hinter ihm“, sagte der Fraktionschef mit Blick auf Rösler. Der 66-Jährige fügte hinzu: „Es gilt der alte Grundsatz von (Hans-Dietrich) Genscher: Parteivorsitzende stürzt man oder stützt man. Wir stützen ihn mit voller Überzeugung.“ Rösler beklagte, die Erfolge der FDP und der schwarz-gelben Bundesregierung würden nicht genug gewürdigt. „Deutschland geht es besser als unter Rot-Grün.“ Entwicklungsminister Dirk Niebel erklärte, Deutschland stehe so gut wie nie zuvor in seiner Geschichte da. „Die Einzigen, die das nicht wissen, sind die Deutschen.“

FDP-Generalsekretär Döring warnt vor Linksrutsch

Der neue FDP-Generalsekretär Patrick Döring warnte vor einem Linksrutsch in Deutschland. „SPD und Grüne haben sich ganz von der Mitte verabschiedet“, sagte Döring bei seiner Premiere als Redner an Dreikönig. Rot-Grün plane für den Fall einer Machtübernahme im Bund massenweise Verbote und Steuererhöhungen. „Das Prinzip ist klar: Am besten verbieten, und wenn das nicht geht, wenigstens besteuern.“ Der Koalitionspartner CDU/CSU nähere sich auch immer mehr der Sozialdemokratie an, kritisierte der FDP-Politiker. Während etwa die CSU die Rente mit 67 wieder anzweifle, blieben die Freien Demokraten standhaft. FDP-Vize Birgit Homburger griff CSU-Chef Horst Seehofer für seine Rentenkritik an: „Es ist Populismus pur.“