Walter Schweikart (links) und sein Sohn Matthias sind sich sicher: In ein paar Jahren wird es in jedem zweiten Betrieb eine Vier-Tage-Woche geben. Foto: Meene

Vier Tage Arbeiten, drei Tage Wochenende – und das ohne weniger Lohn zu erhalten. Was für viele Arbeitnehmer nach Wunschdenken klingen mag, das ist bei der Schweikart hightech Holzteile GmbH Realität geworden. Vor sechs Wochen hat das Unternehmen als erstes aus Sulz die Vier-Tage-Woche für seine Mitarbeitenden eingeführt.

Der Arbeitsmarkt ist aktuell im Wandel. Früher hatten Arbeitgeber die Auswahl aus einer Vielzahl an Bewerbern – heutzutage sei es meist umgekehrt. Walter Schweikart, Geschäftsführer der Schweikart hightech Holzteile GmbH aus Sulz weiß: Um qualifizierte und motivierte Mitarbeiter zu finden, muss das Unternehmen gegenüber anderen Arbeitgebern herausstechen. An der Frage, wie sich Arbeitsbedingungen in Zeiten des Personalmangels verändern müssen, komme man nicht vorbei, sagt Schweikart.

So sei der Geschäftsführer auf die Idee einer Vier-Tage-Woche gekommen. „Der Fokus hat sich verschoben“, stellt Schweikart fest. Die Work-Life-Balance, also der Einklang zwischen Arbeit und Privatleben, gewinne für viele Arbeitnehmer immer mehr an Bedeutung. Zudem hoffe er, dass durch die Reduzierung der Wochenarbeitszeit von fünf auf nur noch vier Tage, die bestehenden Mitarbeiter entlastet und neue Mitarbeiter gewonnen werden.

Beim Sommerfest im vergangenen Jahr habe sein Vorschlag zu einer Vier-Tage-Woche auf rege Zustimmung getroffen. Im Dezember habe er dann eine Liste zum Eintragen ausgehängt: „Alle waren dafür“, sagt Schweikart. Gesagt getan: Im Februar diesen Jahres würde der „freie Freitag“ offiziell eingeführt.

Anderthalb Wochen mehr Urlaub

Für die rund 20 Mitarbeitenden des Unternehmens bedeutet das künftig nicht nur, dass das Wochenende länger ist – auch ergeben sich insgesamt anderthalb Wochen mehr Urlaub. Und statt insgesamt 38 Stunden in der Woche werden nun durchschnittlich 36 Stunden in der Woche gearbeitet. Auf Montag bis Donnerstag verteilt, sind das neun Stunden Arbeitszeit am Tag. Weniger Lohn gebe es für die Mitarbeitenden nicht, erklärt Schweikart: „Wir haben wegen dem Inflationsausgleich sogar insgesamt etwas aufgestockt.“

Mehr Zeit für die Familie

Für Michael Breil, Schreinermeister beim Sulzer Unternehmen, sei die Umstellung auf die vier Tage Woche ungewohnt gewesen: „Es macht schon viel aus, wenn man plötzlich jeden Freitag frei hat“, erzählt der 35-Jährige. Den zusätzlichen freien Tag in der Woche könne er gut gebrauchen: „Wir bauen gerade“, erzählt er. Zudem habe er so deutlich mehr Freizeit, die er mit seinem 16-Monate alten Sohn verbringen kann. „Insgesamt ist das eine positive Entwicklung“, findet Breil. Nach drei freien Tagen am Wochenende fühle er sich Montags ausgeruhter und motivierter.

Auch Bryan Wesse, Schreiner, findet die Vier-Tage-Woche gut. Am Anfang habe er sich Sorgen gemacht, dass mit den verringerten Arbeitstagen auch weniger Lohn einhergehe – aber das sei nicht der Fall. Auch an das ungewohnte Mehr an Freizeit habe er sich erst einmal gewöhnen müssen. Jetzt nutze er den freien Tag dafür, seine Kinder zur Schule zu bringen, während seine Frau früher zur Arbeit kann. „Das ist echt optimal“, findet der 41-Jährige.

Wie sich diese arbeitnehmerfreundliche Arbeitsplatzgestaltung auf die Motivation und die Umsatzzahlen auswirkt, darüber können Schweikart nach den sechs Wochen noch kein Urteil fällen. „Bisher gibt es noch keine negativen Auswirkungen auf die Geschäftssituation“, sagt der Geschäftsführer. Er selbst sieht sich mit der Einführung der 4-Tage-Woche noch als Pionier: „Aktuell heben wir uns stark ab“, sagt Schweikart. Er ist sich aber sicher: „In fünf Jahren werden bestimmt 50 Prozent der Betriebe eine Vier-Tage-Woche haben.“