Das Fachgeschäft Sport Müller konzentriert sich seit Anfang 2023 mit Haupthaus und kleinem Outlet auf die Stadt Singen. Foto: Mareike Kratt

Vor drei Jahren ist Sport Müller weggezogen. Jetzt ist das Fachgeschäft in Singen insolvent – macht aber weiter. Bereut man nun den Schritt aus Schwenningen heraus?

Es war ein Paukenschlag, als die Gesellschafter Jürgen Müller und Alexander Kupprion im September 2022 den Rückzug der verbliebenen Sport Müller-Filiale in der Harzer Straße verkündeten. Nach der Schließung des Haupthauses in der Uhlandstraße im Frühjahr 2022 wollte sich der Sportfachhändler auf das Geschäft in Singen konzentrieren und ist folglich zum Ende des Jahres 2022 komplett aus Schwenningen weggezogen.

 

Nun kommen aus Singen, wo Alexander Kupprion seit Anfang 2022 alleiniger Geschäftsführer ist, schlechte Nachrichten: Sport Müller muss finanziell saniert werden. Nachdem das Unternehmen im Mai beim Amtsgericht Konstanz einen Insolvenzantrag in Eigenverwaltung gestellt hat, ist das Verfahren am 1. August eröffnet worden.

„Sport Müller ist mit dem Eigenverwaltungsverfahren durch unsere Beratung und die Aufsicht des Sachwalters voll auf dem Sattel“, macht Kilian Haus, zuständiger Rechtsanwalt der Buchalik Brömmekamp Rechtsanwalts GmbH aus Düsseldorf, die das Unternehmen vertritt und im Verfahren unterstützt, im Gespräch mit unserer Redaktion deutlich. Das Sanierungsprozess sei gängig, um Unternehmen in Eigenverantwortung aus einer finanziellen Krise herauszuholen.

Betrieb läuft weiter

Ziel sei es nun, sagt Kilian Haus, mithilfe eines Insolvenzplans im Laufe des restlichen Jahres die Weichen für die Zukunft zu stellen und die Gläubiger, die voraussichtlich im Herbst zusammenkommen sollen, vom Prozess zu überzeugen.

„Es ist nicht gut, aber die Welt geht davon auch nicht unter“, betont Geschäftsführer Alexander Kupprion derweil. Denn Auswirkungen auf die rund 40 Mitarbeiter hat das Insolvenzverfahren keine – und erst einmal auch nicht auf die Kunden. „Der Betrieb läuft ganz normal weiter.“

Die ehemalige Trend- und Modefiliale von Sport Müller in der Schwenninger Uhlandstraße steht seit Frühjahr 2022 leer. Foto: Mareike Kratt

Wird er nach den Gründen gefragt, dann möchte der Geschäftsführer es sich keinesfalls mit Entschuldigungen rund ums Internet-Geschäft leicht machen – zumal Sport Müller parallel zum stationären auch einen gut funktionierenden Internethandel hat, der dem Unternehmen im Übrigen über die Corona-Krise hinweggeholfen hat. Vielmehr sieht er die Umsatzverluste in der allgemein schwierigen – wirtschaftlichen – Lage und dem Kaufverhalten der Bürger begründet.

Folgen aus Schwenningen

Dies sei mitunter auch schon den beiden Filialen in Schwenningen zum Verhängnis geworden. Mit einer Rekonstruktion des gesamten Unternehmens habe man also schon durch die zweifache Schließung begonnen und sei bis vor Kurzem „von Schwenningen angeschlagen gewesen“. Als man sich in den letzten Zügen dieser Rekonstruktion befunden hatte, habe eine zuletzt sehr schlechte Frühjahrsbilanz, vor allem mit Blick auf das Outdoor-Geschäft mit hohen Durchschnittspreisen, eine Insolvenz unumgänglich gemacht.

Hier spüre man die Nachwehen der Corona-Krise noch deutlich. Das Outdoor-Geschäft sei mittlerweile in der Realität, im klassischen Bedarfsmarkt, angekommen, den es nun zu beackern gelte – nämlich durch adäquaten Service.

Mehr Dienstleistung

Und dieser Dienstleistungsgedanke soll bei Sport Müller in Zukunft noch größer geschrieben werden als bisher – sei es durch gute Beratung, Kunden-App oder Passformgarantie bei Lauf-, Wander- oder Skischuhe.

Ende 2022 hat Sport Müller die Filiale in der Schwenninger Harzerstraße dicht gemacht. Hier ist seit Anfang diesen Jahres eine Norma-Filiale beheimatet. (Archivbild) Foto: Mareike Kratt

„Das ist meiner Meinung nach der einzige Weg, um den Kunden heutzutage gerecht zu werden und uns von anderen Händlern und dem Internet abzuheben“, findet Alexander Kupprion.

„Der letzte Ausweg“

Die Entscheidung, beide Standorte zu schließen und aus Schwenningen wegzugehen, sei – so schmerzhaft sie für Gründer Müller und Geschäftspartner Kupprion gewesen sei – betriebswirtschaftlich gesehen die einzig richtige gewesen. Daran hält der Unternehmer auch jetzt fest. „Es war der letzte Ausweg – eigentlich hätten wird es noch ein Jahr früher machen müssen.“

Bewusst hatte man sich damals für den alleinigen Standort in Singen entschieden, weil die Stadt – im Gegensatz zu Schwenningen – gut aufgestellt sei. Dass seit 2020 der Sport-Riese Decathlon im Einkaufscenter Cano nur wenige Gehminuten weg vom Sport Müller-Standort Kunden anlockt, hat Alexander Kupprion nie als Konkurrenz angesehen. „Alles, was in die Stadt kommt, ist gut“, lautet seine Devise.

Eine „riesige Chance“

Dennoch: Mit Blick auf bereits vollzogene oder noch ausstehende Schließungen anderer Geschäfte in Singen mahnt der Singener grundsätzlich an, den Handel „ganz stark zu pflegen“. Für ihn und sein Sportgeschäft, das inzwischen auch Kunden aus Schwenningen bedient, bedeutet das für die Zukunft und den Weg aus der eigenen Krise, die Qualität beizubehalten, das Geschäft noch effizienter zu gestalten und das Angebot noch etwas stärker auf die Kundenbedürfnisse zuzuschneiden – das sei eine „riesige Chance“. „Letztendlich entscheidet der Kunde, aber wir sind auf einem guten Weg“, blickt derweil Anwalt Kilian Haus voraus.