Im Kleiderladen des DRK in Balingen können Kleiderspenden abgegeben werden. Foto:  

Der DRK-Kreisverband Zollernalb berichtet von einem drastischen Zusammenbruch des Marktes in den letzten Monaten.

Aus alt mach neu – auf diesem Motto beruht das Altkleiderkonzept von Organisationen wie beispielsweise der Aktion Hoffnung, dem Arbeiter-Samariter-Bund, der Malteser und dem Verband katholisches Landvolk. Wenn aus der Mode gekommene Kleidung nicht mehr passt oder gefällt, kam dann einmal im Jahr zum Beispiel das Deutsche Rote Kreuz (DRK) und sammelte die Altlasten ein. Nach einer gründlichen Reinigung wurden sie an Menschen weiterverkauft, die sie zu einem vergünstigten Preis gut gebrauchen konnten.

 

Wer nicht auf den jährlichen Termin warten wollte, konnte seine Kleidersäcke auch auf eigene Faust bei einem Altkleidercontainer loswerden. Doch damit ist erstmal Schluss. „Nach dem derzeitigem Stand gehen wir nicht davon aus, dass in diesem oder auch in den nächsten Jahren eine klassische Sammlung geben wird“ teilt Dietmar Dieter, stellvertretender Vorsitzender des DRK-Kreisverbands Zollernalb auf Anfrage unserer Redaktion mit. Der Grund: „Der Markt ist in den letzten Monaten völlig zusammengebrochen.“ Hatten die Ehrenamtlichen vor Jahren, insbesondere vor Corona, noch die Probleme mit Fremdabholern, die die Altkleider gestohlen haben, so habe sich der Markt in der Vergangenheit dramatisch nach unten entwickelt. „Die Herausforderungen der letzten Jahre, für unsere großen Mengen an Altkleider einen Abnehmer zu finden, konnten wir immer wieder lösen“, berichtet Dieter.

Schwierige Lage

Die Containerlösungen brachten viele Vorteile, auch für die Bevölkerung, mit sich. So mussten die Altkleider nicht lange zuhause aufbewahrt werden, sondern konnten zügig entsorgt werden. „Derzeit brechen aber auch die Verwerterbetriebe weg, viele stehen vor dem finanziellen Ruin.“ Die Altkleider werden nicht mehr in der Dimension benötigt, wie in der Vergangenheit.

Keine Sammlungen im Zollernalbkreis mehr

Dramatische Entwicklung

Im Jahr 2024 wurden etwa 560 Tonnen an Klamotten im Zollernalbkreis an das DRK gespendet. „Wir schätzen, dass rund 50 bis 60 Prozent davon weiter genutzt werden können“, so Dieter. Gut erhaltene Klamotten können weiterhin beim DRK in Balingen im Kleiderladen abgegeben werden. Die Aufnahme hier ist allerdings begrenzt. Es ist insbesondere darauf zu achten, dass die Klamotten saisonal passend dort abgegeben werden. Gut erhaltene Kleider können in die Container der am Altkleidercontainersystem beteiligten Organisationen eingeworfen werden.

Spenden weiterhin möglich

Mehr als die Hälfte der gespendeten Klamotten sind in gutem Zustand. Foto: Müller

Was nicht beim Kleiderladen landet, kommt in Länder, wo die Kleidungsstücke benötigt werden. „Dies dürfen allerdings keine Länder sein, bei denen entsprechende Sanktionen bestehen“, erzählt Dieter. Auch seien lange Schiffswege aus Sicherheitsgründen nicht mehr hinnehmbar. Die Situation werde für alle Beteiligten immer schwieriger. „Für uns als Rotes Kreuz auch aus diesem Grund, weil wir Jahrzehnte lang verlässliche Abnehmer für die Bevölkerung im Zollernalbkreis waren.“ Zudem konnte der Wohlfahrtsverband die satzungsgemäßen Aufgaben mit Hilfe der Einnahmen aus dem Altkleidersammlung zumindest teilweise mitfinanzieren.

Situation wird immer komplizierter

Schwierig werde die Situation zudem auch, weil sie die Kleider gerne annehmen würden, diese aber nicht mehr an die Verwerter weiterschicken können. „Wir würden innerhalb weniger Monate auf Bergen von Altkleidern sitzen“, meint der stellvertretende DRK-Vorsitzende. Die Lager der Verwerterbetriebe seien rappelvoll. „Sie benötigen keine neuen Lieferungen, da auch der Absatz völlig eingebrochen ist.“

Fokus auf die soziale Verwendung

Das DRK werde daher seine Kleiderläden und Kleiderkammern zwar weiter betreiben, um gut erhaltene Kleidung direkt an Bedürftige abzugeben. Der Fokus verschiebe sich jedoch stärker auf die soziale Verwendung. Zudem wolle man sich aktiv in eine Problemlösung einbringen und mit den zuständigen Behörden und anderen Anbietern im Gespräch sein.

Was bedeutet Fast Fashion? Die Bundeszentrale für politische Bildung klärt auf

Fast Fashion bedeutet übersetzt „schnelle Mode“ und bezeichnet ein Geschäftsmodell der Modeindustrie, bei dem Kleidung schnell, billig und in großen Mengen produziert wird, um immer neue Trends möglichst rasch in die Läden zu bringen.

Seit den 80er und 90er Jahren entwickelte sich die Modebranche zum Paradebeispiel von käufergesteuerten Wertschöpfungsketten
. Die Käufer sind die auftraggebenden Modemarken und -händler. Sie kontrollieren, wie die Wertschöpfung in Lieferketten und Produktionsnetzwerken verteilt ist. Viele dieser Firmen haben ihren Hauptsitz in Westeuropa oder Nordamerika. Sie vergeben weltweit Aufträge für etwa zehn Kollektionen im Jahr. Mit der begehrten Auftragsvergabe bestimmen die Käufer Preise, Lieferumfang und Liefertermine. Lieferanten haben fast keinen Einfluss darauf. Ähnliche Machtungleichgewichte weisen die Lieferketten von Nahrungsgütern oder Kraftfahrzeugen auf. Die Verlagerung von Produktion ist umso leichter, je weniger Wertschöpfung passiert, also je billiger die Arbeit eingekauft werden kann und je arbeitsintensiver der Prozess ist. Bei ihren Standortentscheidungen für die Auftragsvergabe orientieren sich die Modemarken und -händler in erster Linie an der Höhe des gesetzlichen Mindestlohns in dem jeweiligen Land, denn dieser bestimmt ganz wesentlich die Höhe der Arbeitskosten, also des Wertes, mit dem die Arbeitskraft eingepreist wird.