Zum Auftakt der Dornstetter Buchwochen las in der Zehntscheuer Christoph Peters aus seinem Roman „Der Sandkasten“. Begrüßt wurde er auch von Kulturamtsleiterin Ellen Brede-Lenk (links) und Mitarbeiterin Hanna Schneider (rechts). Foto: Keck

Mit einer Lesung des Berliner Schriftstellers Christoph Peters wurden die Dornstetter Buchwochen eröffnet. Sein zehnter Roman „Der Sandkasten“ gibt den Blick auf Mechanismen in der Machtzentrale der Hauptstadt frei.

Im Jahr 2021 gab es das Literaturformat Buchwochen coronabedingt noch als Online-Veranstaltungen. Im Frühjahr darauf entfiel das Angebot für Literaturfreunde. In diesem Jahr sind vier Präsenzlesungen terminiert. Den Auftakt gestaltete der Berliner Autor Christoph Peters mit seinem nunmehr zehnten Roman, der den Titel „Der Sandkasten“ trägt.

Die Metapher vermittelt das Bild mehr oder weniger fröhlich spielender Kinder. Peters’ Sandkasten ist aber die Machtzentrale in der Hauptstadt Berlin. Hier schlägt man nicht mit Schäufelchen aufeinander ein, sondern geht verbal in die Vollen, um den politischen Gegner in die Knie zu zwingen.

Jäger im Haifischbecken

Kulturamtsleiterin Ellen Brede-Lenk führte kurz in den Abend ein und versprach ein spannendes Thema. Peters’ Roman kreist um den Radiomoderator Kurt Siebenstädter, der sich als Jäger im Haifischbecken rund um die Schaltzentralen der Berliner Politik einen Namen gemacht hat. Die Handlung spielt an rund eineinhalb Tagen Anfang November – kurz vor dem nächsten Lockdown.

Christoph Peters las drei Passagen aus seinem Buch in flüssiger, konzentrierter Weise, mitunter nahezu gehetzt wie sein Protagonist, der zwischen Hörfunkstudio, Außenterminen und zuhause seine Gedankenkonzentrate bewegt.

Figuren mit Wiedererkennungswert

Kurt Siebenstädter moderiert ein Morgenmagazin, das von den einen geliebt und von anderen gefürchtet wird. Sein Anspruch ist, aalglatten Verlautbarungen seiner Interviewpartner Paroli zu bieten: „Er hatte immer alles … in Zweifel gezogen. Er hatte in Wunden gestochert, im Dreck gewühlt, Leute zur Weißglut gebracht.“

Peters arbeitet reale Persönlichkeiten des Wissenschafts- und Politikbetriebs in den Plot ein, selbstredend mit Pseudonym versehen. Aufgeweckten Zeitgenossen fällt es dennoch nicht schwer, die wirklichen Personen zu identifizieren.

Mit Anfang 50 in der Krise

Siebenstädters mediale Präsenz und damit sein Einfluss weckt bei manchen Parteien Begehrlichkeiten. Sie wollen mit entsprechenden Angeboten seine Popularität für sich nutzen. Aber der Journalist, Anfang 50, gerät in eine Krise. Er spürt, wie ihm die Dinge nach 20 Jahren entgleiten: „Tag für Tag rechnete er mit dem finalen Shitstorm aus den Dunkelkammern des Internets, Folge einer unbedachten Bemerkung zwischen fünf und acht in der Frühe.“

Sein Rausschmiss scheint im Sender beschlossene Sache zu sein. Begeisterung und Freude schmecken allmählich fad, auch die Begegnungen mit seiner Familie, „der Frau, mit der er sein Leben teilte, Mutter seiner Tochter“. Da ergeht er sich in periodischer Trostlosigkeit schon mal in erotischen Fantasien, bezogen auf Frauen, mit denen er beruflich zu tun hat.

Parallelen zum „Treibhaus“

Als er in einem Interview zu weit geht, muss er sich eingestehen, dass seine Zeit vorbei ist: Sein einstmaliges Image als „einer der führenden Schweinehirten dieses Landes, mit durchdringendem Pfiff und knallender Peitsche“ ist demoliert. Der Wahrheitssucher hat seine Schuldigkeit getan. „Der Sandkasten“ weist bewusst motivische Parallelen zu Wolfgang Koeppens Roman „Das Treibhaus“ auf.

Schriftsteller, Maler und ehemaliger Fluggastkontrolleur

Der Autor
Christoph Peters wurde 1966 in Kalkar geboren und lebt heute in Berlin. Sein umfangreiches belletristisches Werk wurde mit mehreren Preisen bedacht. Neben dem Schreiben hat er sich als Maler eingerichtet. So war er Meisterschüler an der staatlichen Akademie der bildenden Künste in Karlsruhe. Dass Peters Charaktere so anschaulich beschreiben kann, hat er auch seiner vierjährigen Tätigkeit als Fluggastkontrolleur am Flughafen Frankfurt/Main zu verdanken.

Das Buch
Der Roman „Der Sandkasten“ von Christoph Peters, 253 Seiten, gebunden, 22 Euro, ist 2022 im Luchterhand Literaturverlag München erschienen.

Nächster Termin
Am Mittwoch, 15. März, liest Eva-Maria Bast ab 20 Uhr in der Zehntscheuer aus ihrem Roman „Miss Bly und die Wette gegen Jules Verne“.