Lene schubst Veit in den Nonnenbrunnen. Foto: Schwarzwälder-Bote

Theater: Jubiläums-Aufführung wird zum Erfolg / Schauspieler agieren mit Präzision und Leidenschaft

Die Veranstalter hatten nicht zu viel versprochen: Die Aufführung des Freilichttheaterstücks "Lene und die Liebe" war einer der Höhepunkte bei den Feierlichkeiten zum 1250-jährigen Stadtjubiläum Dornstettens.

Dornstetten. Bei der Premiere des Stücks rund um den historischen Marktplatz erlebten die zahlreichen Zuschauer ein Freilichttheater der Extraklasse. Bei "Lene und die Liebe" stimmte einfach alles. Gespielt und gesungen wurde mit Schauspielkunst, Herzblut und auf hohem Niveau.

Jede einzelne Szene belegte, mit welch großer Akribie, Präzision und Leidenschaft die insgesamt 31 Künstler agierten. Auch sonst war alles stimmig, von den Kostümen bis zur Beleuchtung, Beschallung und Bühnenbild. Als Sahnehäubchen obendrauf gab es noch einen lauen Sommerabend, Sternenhimmel und fliegende Fledermäuse.

Los ging es auf dem Marktplatz. Dort wurde das Publikum von mittelalterlichen Musikanten mit Laute und Flöte empfangen und von den beiden Stadtschreibern Albrecht und Cuno zu einem Spaziergang durch die Dornstetter Geschichte mitgenommen. In kurzweiligen Szenen informierten die beiden über historische Häuser und Orte in der Altstadt.

Am Brunnen vor dem ehemaligen Nonnenkloster begann die eigentliche Spielhandlung, die Regisseur Rainer Lernhardt auf den Anfang des 17. Jahrhunderts verlegt hat. Veit und Niclas, zwei Zimmerer auf der Wanderschaft, kommen nach Dornstetten und treffen auf Lene, die hübsche Tochter des Ochsenwirts, die am Nonnenbrunnen Wasser schöpft.

Im Gasthof Ochsen – das heißt: auf der Bühne neben dem Fruchtkasten – geht die Geschichte weiter. Dort sitzen die Stammgäste mit dem Lateinschullehrer und dem Pfarrer und beäugen anfangs neugierig und später wohlwollend die Handwerksburschen, die auf dem Weg nach Freudenstadt in Dornstetten Rast machen. Sie sind sich einig: "Zimmermänner kann man nicht genug haben, so oft wie es in der Stadt brennt."

Hals über Kopf in Lene verliebt

Dass die Zimmerer länger in Dornstetten bleiben, liegt an Lenes Reizen. Veit hat sich Hals über Kopf in die Tochter des reichen Ochsenwirts verliebt. Die ist aber insgeheim mit Rudger zusammen und wehrt Veits Annäherungsversuche deshalb ab. Nicht verborgen bleibt dies allerdings Rudgers Mutter Theres, die ihrem Sohn die reiche Partie sichern will. Fortlaufend agitiert und manipuliert Theres im Hintergrund und bedrängt ihren Sohn.

Rudger kann sich nicht gegen die übermächtige Mutter wehren und die Verbindung zwischen dem armen Holzhauer und der Ochsenwirtstochter bleibt schwierig. Resigniert stellt Rudger beim Treffen mit Lene fest: "Dein Vater ist reich und ich bin arm." Er fordert von Lene, sich zu ihm zu bekennen.

Zwar verspricht Lene, bald mit dem Vater zu reden, aber sie schiebt das Gespräch weiterhin auf. Am Tanzabend im "Ochsen" kann Rudger nicht teilnehmen, weil ihm das Eintrittsgeld fehlt. Lene aber gibt dem Drängen Veits nach und tanzt mit ihm.

Verhängnisvolle Entscheidung

Eine verhängnisvolle Entscheidung, wie der überraschende weitere Verlauf der Geschichte zeigt. Dass die Tanzszene und die sich daran anschließende Keilerei im Ochsen zugleich eine schicksalhafte Wendung der Geschichte einläuten, wird auch durch den Auftritt des eigens für die Aufführungen gebildeten Frauenchors deutlich: Gleichsam als Nornen, als schicksalsbestimmende weise Frauen, singen die 15 weiß gekleideten Sängerinnen stimmgewaltig und lupenrein von der Stadtmauer herab.

Stimmig ist das Schauspiel aber vor allem deshalb, weil die Geschichte keine allzeit leichten Lösungen sondern eine überraschende Wende beinhaltet. Ganz nebenbei und spielerisch handelt es sich bei "Lene und die Liebe" auch um ein Lehrstück über elterliche Erwartungen, Ablösungsprozesse und das Erwachsenwerden, über Schuld, Verstrickung, Habgier, Feigheit und Sühne.

Über seine Motivation für dieses Stück sagt der Autor Rainer Lernhardt: "Ich habe mich entschlossen, von den Menschen zu erzählen." Er habe weniger eine Liebesgeschichte als eine Geschichte über die Liebe und über menschliche Abgründe schreiben wollen, fügt Lernhardt hinzu. Wie ausgezeichnet ihm dieses Stück und dessen Umsetzung gelungen sind, zeigte sich in den begeisterten Zuschauerreaktionen am Ende.

Bürgermeister Bernhard Haas berichtete am Ende dem Publikum, dass ihn Stadtführer Heinrich Albrecht bereits vor Jahren zu einem historischen Freilichttheater beim Jubiläum ermuntert hatte.

Weitere Aufführungen: finden noch heute, 26. Mai, am Samstag, 27., und am Mittwoch, 31. Mai, sowie am 1., 2. und 3. Juni jeweils ab 20 Uhr statt.