Der Kirchenchor Dornstetten mit Chorleiterin Christina Böhringer (vorne, rechts), hat schon lange nicht mehr gemeinsam geprobt. Foto: Günther Foto: Schwarzwälder Bote

Gesang: Auch Kirchenchöre haben in der Pandemie so ihre Schwierigkeiten / Proben im kalten Gotteshaus

Kirchen- und Beerdigungschöre müssen – jedenfalls als komplette Ensembles – schon seit Monaten zwangspausieren. Den Stimmen ist dies nicht zuträglich, auch das Gemeinschaftsgefühl leidet. Wie gehen die Chöre mit der Singpause um?

Dornstetten/Schopfloch. Christina Böhringer leitet sowohl den Kirchenchor Dornstetten mit 30 Aktiven als auch den Kirchenchor Schopfloch/Unteriflingen mit 18 Sängern. In beiden Chören hat sie die Beobachtung gemacht, dass die Aktiven das gemeinsame Singen sehr vermissen. Bereits seit März vergangenen Jahres durften die Chorsänger nicht mehr beziehungsweise nicht im gewohnten Maße gemeinsam singen.

Zwar fanden ab September für einige Wochen wieder Singstunden statt – unter angepassten Bedingungen und Beachtung der geltenden Hygieneregeln wurde in der Kirche geprobt –, doch es stellte sich heraus, dass der vorgeschriebene Abstandsradius von zwei Metern für die Sänger problematisch ist. "Wenn man sich gegenseitig nicht mehr hört, leidet der Gesamtklang", erklärt Böhringer.

Dennoch seien die Aktiven beider Chöre stets mit Freude zu den Proben gekommen. Gemeinsame Auftritte gab es bis auf wenige Ausnahmen keine mehr. Lediglich einige wenige Gottesdienste wurden von einem kleinen Gesangsensemble begleitet. Eine Möglichkeit, die für Böhringer lediglich eine Notlösung darstellt, denn es fehle das gemeinsame Klangerlebnis.

Der Winterschlaf möge an Pfingsten vorbei sein

Weil nicht nur das gemeinsame Singen, sondern auch die Gemeinschaft für die Chöre wichtig ist, nutzten die Aktiven die Zeit zwischen den beiden Lockdowns: "Das war eine wichtige Zeit für uns, wenigstens konnten wir einmal ein Grillfest zusammen machen", berichtet Böhringer. Bei den Gemeinschaftserlebnissen komme es stets auf die Tradition in der jeweiligen Gemeinde an. So berichtet Böhringer von einem Weihnachtsbrief, den sie vor die Türen ihrer Sängerinnen gelegt und der gleichzeitig symbolisiert habe: Wir sind verbunden miteinander, man hat mich nicht vergessen.

Was die Zwangspause der Chöre anbelangt, setzt Böhringer auf das Prinzip Hoffnung. Sie vergleicht die aktuellen Kontakteinschränkungen mit dem Winterschlaf der Pflanzen und freut sich darauf, dass "auch die Chöre spätestens an Pfingsten wieder erblühen". Wobei für sie auch klar ist, dass vorher die Chorleiter noch einige Arbeit vor sich haben. Schließlich müsse jede Stimme permanent trainiert werden. Die Stimmbänder seien wie ein Instrument, das man üben müsse. Ohne andauerndes Proben gingen zudem Fähigkeiten wie das Erfassen von Intervallen verloren.

"Nach dieser langen Pause muss man die Stimmen wieder üben", bestätigt Renate Pusich-Kesselhuth, die den Kirchenchor Oberiflingen mit 16 Sängerinnen und den Beerdigungschor Schopfloch/Oberiflingen leitet. Wobei ihrem Kirchenchor zwischen den beiden Lockdowns als Übungsraum nur die – kalte – Oberiflinger Kirche zur Verfügung stand. Kein Wunder, dass die Aktiven ihren gewohnten Übungsraum, ihre Gemeinschaft und die fest im Jahresplan verankerten musikalischen Gottesdienste an Heiligabend und Silvester sehr vermissen. Immerhin konnte ein geselliges Treffen im August stattfinden. "Denn aufhören möchten wir nicht", sagt Pusich-Kesselhuth – und spricht für alle im Chor.

Da zudem während der Pandemie viele Beerdigungen im Stillen stattfinden, hat auch der von ihr geleitete Beerdigungschor seit fast einem Jahr nicht mehr gesungen.

Dass sich in der Pandemie Gesangvereine und Kirchenchöre von ihrem Ansatz und ihren Möglichkeiten her unterscheiden, wird im Gespräch mit Chorleiterin Katharina Wilding deutlich. Die musikalische Vorbereitung eines Gottesdienstes ist nämlich erlaubt und Wilding zufolge "total wichtig". Klar, dass dabei strenge Abstand- und Höchstzahlregelungen gelten und auch penibel eingehalten werden. Was die geringe Zahl erlaubter Sänger im Gottesdienst anbelangt, wird dies so gehandhabt dass die anderen Chormitglieder als Besucher mit teilnehmen.

Alle Chorleiterinnen berichten, dass nach der langen Singpause auch exzellente Chorsänger Angst haben, alleine zu singen. Verstärkt werde dies dadurch, dass eine ungeübte Stimme nicht mehr so beweglich sei und "manchmal vollkommen ein- und zugerostet". Damit es bald wieder in alter Form weitergehen kann, haben die erfahrenen Leiterinnen ein Rezept parat: Begonnen wird mit bekannten Liedern, am besten auf "Vocalise", das heißt nur mit Silben und ohne Text. Eine ermutigende Erfahrung haben zudem alle gemacht: Nach jeder langen Pause sind die Sänger zwar in der ersten Singstunde total erschöpft, danach macht es allen aber schnell wieder so richtig Spaß.