Die FSJ-Kraft Alissa Lohmüller aus Dornstetten mit einem Schüler im Musik-Projekt. Fotos: Günther Foto: Schwarzwälder Bote

Bildung: Besondere Einrichtung / Schüler kommen aus dem gesamten Landreis und darüber hinaus

Vor 18 Jahren wurde in Dornstetten ein Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum für körperliche und motorische Entwicklung, die Dreifürstensteinschule (DFS), gegründet. Dass diese Schule inzwischen erwachsen geworden ist, macht ein Besuch in dieser "besonderen" Einrichtung deutlich.

Dornstetten . Wobei Schulleitung und Kollegium diese Schule, die inzwischen unverzichtbar für die Region geworden ist, vermutlich nicht als eine "besondere" Einrichtung bezeichnen würden. Denn vieles ist so wie in jeder anderen Schule auch: Am Schuljahresbeginn gibt es eine Einschulungsfeier, Klassen fahren ins Schullandheim, die Schüler der Berufsschulstufe schwitzen im Betriebspraktikum, Schüler stöhnen über schwierige Matheaufgaben oder ungeliebte Diktate und freuen sich über Erfolge, Schulveranstaltungen, Theateraufführungen oder Zirkusprojekte finden statt.

Modernes Schulzentrum

Dass es eine besondere Einrichtung ist, zeigt der Rundgang durch das moderne, helle Schulzentrum. Denn fast überall sind Rollstühle zu sehen, viele davon mit modernen Sprachcomputern ausgestattet. Vor den Klassenzimmern stehen verschiedenste Geräte, Hilfsmittel und Vorrichtungen, die die Schüler beim Sitzen, Liegen oder Laufen benötigen. Schuhregale mit Orthesen, alle mit Namen beschriftet, stehen genauso bereit wie Tische mit Scheren, die der leichteren Bedienbarkeit wegen an Halterungen festgeschraubt sind.

Weshalb vor 18 Jahren in Dornstetten eine Schule für Kinder mit Körperbehinderungen eingerichtet wurde, berichten Rektor Johannes Bühler und Konrektorin Miriam Bohn: Bis zum Jahr 2001 gab es für diese Kinder kein passendes schulisches Angebot. Die nächsten Sonderschulen für Schüler mit körperlichen und motorischen Beeinträchtigungen waren in Mössingen, Sindelfingen, Langensteinbach oder Pforzheim. Somit blieb den Eltern lediglich die Wahl, ihrem Kind lange Schulwege oder eine Internatsunterbringung zuzumuten. Oder ein Schulbesuch in einer Einrichtung, die nicht auf die Bedürfnisse ihres Kindes ausgerichtet war.

Es ist der Initiative zahlreicher Eltern und Fachärzte zu verdanken, dass 2001 im Kreis Freudenstadt eine Außenstelle der KBF Mössingen gegründet wurde. Endlich gehörten die langen Schulwege der Vergangenheit an. Auf dem Gelände des ehemaligen Sägewerks Graf und Kohler in Dornstetten wurde eine neue Sonderschule errichtet, das frühere Wohn-/Bürohaus wurde mit einbezogen. Die neue Schule startete mit 24 Kindern, die in vier Klassen unterrichtet wurden, mit Walter Engel als Abteilungsleiter.

Heiße kommunalpolitische Diskussionen waren der Gründung vorangegangen, so war zunächst auch angedacht, die zu gründende Schule in den leerstehenden Gebäuden des ehemaligen Kinderheims St. Antonius in Klein-Heiligenbronn bei Waldachtal unterzubringen. Der damalige Dornstetter Bürgermeister Hans Jürgen Pütsch fand schließlich Mehrheiten für seinen Standort.

Die Dreifürstensteinschule Dornstetten ist mit Ablauf dieses Schuljahres volljährig geworden. Inzwischen wurde aus der früheren Außenstelle eine eigenständige Schule. Die 70 Schüler kommen aus dem gesamten Kreis Freudenstadt sowie dem südlichen Landkreis Calw und dem nördlichen Rand des Kreises Rottweil. Die Frage, welche Schüler diese besondere Schule besuchen dürfen, beantwortet Konrektorin Bohn: In die DFS kommen Schüler mit körperlicher oder motorischer Beeinträchtigung, die Bandbreite reicht dabei von Gehbehinderungen oder dem Angewiesensein auf einen Rollstuhl bis zu Beeinträchtigungen der gesamten Motorik.

Aber auch Schüler mit umfassenden Koordinationsstörungen, mit Epilepsien oder mit starken Herzfehlern besuchen die DFS, ebenso wie Schüler mit massiven Organschädigungen, mit starkem Diabetes, allgemein solche Schüler, die eine permanente medizinische Überwachung benötigen oder die Krankheiten mit fortschreitendem Verlauf haben.

In der Schule ist der Umgang mit Sterben, Tod und Trauer kein Tabu, sondern gehört zum Schulalltag. Genauso selbstverständlich wie auch all‘ das Lachen, die Energie und die Lebensfreude, die im Haus ständig spürbar ist. Für Rektor Bühler kein Gegensatz, hat er doch festgestellt: "Die meisten unserer Schüler betrachten ihre eigene Behinderung ganz entspannt, sie sehen sich wie sie sind." Dies bestätigt auch Konrektorin Bohn: "Die meisten unserer Schüler würden nicht sagen, dass sie an den Rollstuhl ›gefesselt‹ sind. Er gehört zu ihrer Identität." Die Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit sei Bildungsgegenstand für die Schüler.

Praktische Hilfsmittel

Wie viel man – sofern man die geeigneten Hilfsmittel hat – trotz eigener Beeinträchtigungen selbst machen kann, wird beim Rundgang durch das Schulhaus deutlich. Da sind Schüler mit der eigens konstruierten fahrbaren Blumengießmaschine "Gießela" im Haus unterwegs, um per Knopfdruck die Zimmerpflanzen zu gießen. Da hilft "Ballerina", eine nach Vorgaben der DFS konstruierte Ballwurfmaschine mit, dass trotz massiver motorischer Einschränkungen Bälle geworfen werden können. Und da ist der Hauptdarsteller des Schultheaters, der sich mit einer Kommunikationshilfe verständigt und trotzdem der Mittelpunkt des Stücks ist.

Zur Schule gehören 35 Lehrkräfte, Sonderpädagogen und Fachlehrer, meist mit zusätzlicher therapeutischer Grundausbildung, Krankenschwestern, Pflegehelfer, Küchenkräfte, Fahrer und eine Sekretärin. "Ganz wichtige Wegbegleiter sind für unsere Schüler die jungen Leute im FSJ. Wir hoffen, dass sich fürs nächste Schuljahr noch FSJ’ler melden", so Bühler. Zum Schulteam gehört auch Pfarrer Timo Stahl, der sich bei Schulgottesdiensten einbringt und einige der Schüler konfirmiert hat. Ferner gibt es im Haus eine Sonderpädagogische Beratungsstelle, einen sonderpädagogischen Dienst, bei dem in den allgemeinen Schulen, so Bohn, "von der Grundschule bis zum Abi unsere Kooperationslehrer beratend unterwegs sind". Es gibt die Bildungsgänge Geistige Entwicklung, Lernen und Grund- und Hauptschule, und die Grundstufe, die Hauptstufe und die Berufsschulstufe. Vor allem aber gibt es 70 Schüler mit individuellen Fähigkeiten, die gerne in ihre DFS kommen. Und dort alles vorfinden, was sie zu ihrer Entwicklung benötigen.