Der Dichter und Philosoph Heinrich Schäff-Zerweck in seinem "Zaubergärtle" vor seiner Klause in Hallwangen. Foto: Archiv Kalmbach Foto: Schwarzwälder-Bote

Kunsthistorie: Todestag von Heinrich Schäff-Zerweck jährt sich zum 80. Mal / In Hallwangen noch sehr präsent

Am 19. Dezember jährt sich zum 80. Mal der Todestag des eigenwilligen Zeichners, Malers und Dichters Hermann Zerweck, der unter dem Autorennamen Heinrich Schäff-Zerweck hierzulande und auch außerhalb des Schwabenlands bekannt war.

Dornstetten-Hallwangen. Wenn es auch seit seinem Tod im Jahr 1937 um seinen malerischen und literarischen Nachlass still geworden ist, in der Erinnerung zahlreicher Freunde seiner künstlerischen Arbeiten und besonders in der Bücherei Hallwangen lebt er weiter.

Heinrich Schäff-Zerweck erblickte am 27. April 1862 in Stuttgart das Licht der Welt. Nach abgeschlossener Lehrzeit an der Stuttgarter Kunstschule begab er sich 1889 mit Notizbuch, Skizzenblock und Farbenschachtel auf Wanderschaft. Frei von bürgerlicher Beengtheit verstand er es, sich den Zugang zu bedeutenden Geistern und Phänomenen seiner Zeit zu verschaffen.

In seiner Selbstdarstellung "Mein Weg" widmete er später zwei Drittel von deren Umfang den Wanderjahren. Was er darüber schrieb, gehört zu den wesentlichen Gehalten seines Lebens. Seine Berichte über Wanderungen im Süden und Südosten Europas und in der Türkei legen ein lebendiges Zeugnis davon ab und gehören zu den beherzigenswerten Thesen internationaler Zusammenarbeit.

Nach 25-jähriger Wanderzeit ließ sich Heinrich Schäff-Zerweck 1915 in Hallwangen nieder, wo ihm für seinen Lebensabend "ein eigen Dach und ein Gartenzaun geworden sind", wie er es ausdrückte und die er beide hoch zu schätzen wusste. In der Klausur eines Eremiten wollte er zu sich kommen, die geistige Aufarbeitung des Erlebten leisten. Schon die Jahre vorher hatten ihm Aufenthalt an einigen Orten geboten, wo er über seinen künstlerischen Arbeiten meditieren konnte. Die Dichterklause lag oberhalb der Landstraße (heute – noch – B 28) und gehörte seinem Bruder Albert Zerweck, der sie ihm unentgeltlich zur Verfügung stellte.

Sonderling und "grüner Prophet"

Die Hallwanger gewöhnten sich an den Sonderling, der auf dem "Köpfle" spazierte, den Laufstock durch die Arme über den Rücken gespannt; an den "grünen Propheten", bei dem sich alles Lebende wohlfühlen durfte. In des Dichters "Zaubergarten" fanden Pflanzen und Tiere Heimat. Keine ordnende Hand griff in das Leben in diesem kleinen Naturschutzparadies ein.

Anlässlich seines 70. Geburtstags im Jahr 1932 wurde Schäff-Zerweck Ehrenbürger von Hallwangen. 1934 besuchte der Maler Karl Stirner seinen Freund in Hallwangen und porträtierte ihn. Für beide war es ein Höhepunkt in ihrem Leben. Stirner beschrieb in seinem Buch eindrucksvoll den Zaubergarten seines Dichterfreunds. Er malte den greisen Dichter und Philosophen, den Einsiedler von Hallwangen: ein alter Mann mit mächtiger, gelichteter Stirn, kurzem Bart und sinnendem Blick. Dieses Porträt ziert auch die Bücherei in Hallwangen – neben weiteren Gemälden, Zeichnungen, Aquarellen und den Büchern von Heinrich Schäff-Zerweck.

Schäff-Zerweck pflegte regen Kontakt zu den geistigen Größen seiner Zeit. Treffend sagte Hermann Hesse von ihm, dass sein Wesen Reichtum sei, der bescheiden aussehe. Gesundheitlich ging es Schäff-Zerweck nicht mehr gut, und er brauchte die Hilfe eines Privatsekretärs, die er in Rudolf Schneider fand, der unterhalb der Landstraße in der Sonnenklause wohnte. Dennoch wollte der Dichter in seiner Klause bleiben, inmitten von Bergen an Schriften und einem Wald dürrer Christbäume, die er im Lauf der Jahre in frisch duftendem Tannengrün und liebevoll geschmückt erhalten hatte und keinen davon wegwarf.

Tagsüber hielt sich der Dichter bei seinem "Schnei–derle", wie er im Volksmund hieß, in der Sonnenklause auf und arbeitete mit ihm zusammen. Nachts wollte er allein sein in seiner Klause. In der Nacht zum 19. Dezember 1937 entdeckte eine Nachbarin vom Bauernhof Klais lodernde Flammen aus Zerwecks Haus herausschlagen. Die Feuerwehr war schnell zur Stelle, um zu löschen. Der Einsiedler konnte aber nur noch tot geborgen werden.

Die Tragik seines Lebens war das Feuer. Schon auf einer Wanderung nach Italien warf eine pflichtbewusste Putzfrau alle seine Schriften, die er im Gasthaus in Florenz auf dem Boden seines Zimmers ausgebreitet hatte, ins Kaminfeuer. In jener kalten Winternacht zum 19. Dezember 1937 war vermutlich sein Spirituskocher in der Nähe seines Betts die Brandursache in der Dichterklause.

Heinrich Schäff-Zerweck wurde im Familiengrab seiner Großeltern Schäff auf dem Fangelsbach-Friedhof in Stuttgart beigesetzt. In Hallwangen erinnern eine Straße mit seinem Namen und ein Gedenkstein im Forchenhain auf dem Köpfle an den unvergessenen Dichter und Philosophen.