Am 1. Oktober startete das Ärztezentrum Glatten-Dornstetten als Vereinigung der Gemeinschaftspraxis Deeg in Glatten und der ehemaligen Arztpraxis Selzer im Oberen Torhaus. Möglicherweise wird das neue Ärztezentrum künftig nach dem genossenschaftlichen Hausarztmodell organisiert. Um das Wohl der Patienten kümmern sich in der Dornstetter Praxis (von links) Marion Weller, Angelina Kologanov, Ines Rothfuß, Valentin Schmidt, Atilgun Yildiz und Heike Schöller. Foto: Günther Foto: Schwarzwälder Bote

Gesundheit: Raum Dornstetten soll durch genossenschaftliches Modell für junge Ärzte attraktiver werden

Der Gemeindeverwaltungsverband (GVV) Dornstetten ist eine von drei Modellkommunen des vom Ministerium für ländlichen Raum und Verbraucherschutz geförderten Projekts "Genossenschaftliche Hausarztmodelle". Ziel ist, die Hausarzt-Versorgung auf Basis eines genossenschaftlichen Organisationsmodells sicherzustellen.

Glatten/Dornstetten/Schopfloch/Waldachtal. Der ländliche Raum ist von einem drohenden Ärztemangel besonders betroffen. Für das Gebiet des GVV Dornstetten, der aus den Gemeinden Dornstetten, Glatten, Schopfloch und Waldachtal besteht, gilt dies in besonderem Maße. Zwar ist derzeit der Versorgungsgrad noch zufriedenstellend, angesichts des hohen Durchschnittsalters der niedergelassenen Hausärzte droht jedoch in wenigen Jahren eine deutliche Unterversorgung.

Ein genossenschaftliches Hausarztmodell soll Abhilfe schaffen, indem es den angestellten Ärzten familienfreundliche Arbeitsplätze in Voll- oder Teilzeit bietet und sie zugleich von arztfernen Aufgaben entlastet. Stattdessen kümmern sich Angestellte der Genossenschaft um administrative Arbeiten, kaufmännische Leistungen rund um den Praxisbetrieb, die Verwaltung von Honoraren, Abrechnungen und Gehaltszahlungen, die Organisation des gemeinsamen Einkaufs sowie die Verknüpfung der Dienstleistungen von Ärzten, Physiotherapeuten, Apotheken, Pflege- und Notfalldiensten sowie Krankenhäusern.

Endgültige Entscheidung steht noch aus

GVV-Vorsitzender Tore-Derek Pfeifer nennt das neue Hausarztmodell eine "zukunftsfähige Lösung für die gesamte Raumschaft", die das Potenzial habe, "in Zukunft eine ausbaufähige Basis und ein gutes hausärztliches Gesundheitszentrum für unseren gesamten Verwaltungsraum aufzubauen". Er sieht dabei sowohl Vorteile für die Bevölkerung als auch für die Ärzte der Genossenschaft und geht davon aus, dass durch Schaffung moderner Teilzeitbeschäftigungsmodelle für junge Ärzte im Angestelltenverhältnis zudem langfristig der Nachwuchs nachhaltig gesichert wird.

Als Bürgermeister will sich Pfeifer beim Gemeinderat dafür einsetzen, dass Glatten als Genossenschaftsmitglied im Fall der Umsetzung des Projekts eine nachhaltige Absicherung der genossenschaftlichen Hausärztepraxis garantiert: "Gesundheit ist für mich Daseinsvorsorge von höchster Priorität, und dies nicht erst seit Corona."

Einbezogen in die ursprüngliche Planung waren alle Ärzte der GVV-Region sowie die Bürgermeister Annick Grassi, Bernhard Haas, Klaas Klaassen und Tore-Derek Pfeifer. Geplant ist ein Genossenschaftsmodell mit mehreren Standorten. Eine endgültige Entscheidung, ob und auf welche Weise es verwirklicht wird, steht aber noch aus. Die Landesregierung fördert die Erstellung der Machbarkeitsanalysen und würde auch die Umsetzung der Ergebnisse fördern. Das derzeit anvisierte Ziel ist es, mit der Arztpraxis Deeg/Schmidt in Dornstetten eine Niederlassung als genossenschaftliches Modell zu gründen.

Dass dieser gemeinsame Gründungsprozess enorm wichtig ist, bestätigt Dornstettens Bürgermeister Bernhard Haas, der gleichfalls großen Wert auf eine gute hausärztliche Versorgung der Region legt. Er ist froh, dass es gelang, neben der Praxis Geis eine Zweigpraxis der Schopflocher Arztpraxis Soika sowie seit Oktober das Ärztezentrum Deeg-Schmidt in Dornstetten anzusiedeln: "Herrn Geis und dem Ehepaar Soika bin ich sehr dankbar, dass sie die ärztliche Versorgung in Dornstetten aufrechterhalten haben, und freue mich sehr darüber, dass nun auch Valentin Schmidt und das Ehepaar Deeg zu uns nach Dornstetten gekommen sind."

Was die hausärztliche Versorgung angeht, ist bis heute die Erinnerung an die Lebensleistung zweier verdienter Landärzte präsent, die jahrzehntelang auf sich gestellt bei Wind und Wetter in ihrem großen Einzugsgebiet einen riesigen Patientenstamm betreuten, häufig unter unwirtlichsten Bedingungen. Und die – heute unvorstellbar – ganz selbstverständlich das gesamte ärztliche Spektrum abdeckten, von Hausgeburten bis zu Epidemien oder der Betreuung von Kriegsverletzten. Unvergessen in der Region sind bis heute Karl Mahler aus Dornstetten, der mit dem ersten Auto im Landkreis Freudenstadt seine Hausbesuche absolvierte, und Karl Heinrich Bach aus Glatten, der Jahre später während einer Grippeepedemie bei einem strengen Wintereinbruch mehr als 170 Erkrankte besuchte und dabei – trotz widriger Straßenverhältnisse – über 180 Kilometer zurücklegte.