Der Bildhauer René Dantes mit einem Modell seiner Gedenkstele, die am Volkstrauertag auf dem alten Friedhof in Aach enthüllt wird. Dort befanden sich früher Holzkreuze zum Gedenken an die toten Säuglinge, was die Künstlerin Eleonore Kötter wohl ebenso zu einem Kunstwerk inspirierte (unten links) wie das ehemalige "Polenkinderheim" links neben dem "Waldgericht". Foto: Günther

"Polenkinderheim" grausam und unmenschlich. Gedenkstele wird am Volkstrauertag auf altem Friedhof enthüllt.

Dornstetten-Aach - Am Volkstrauertag wird deutschlandweit der Opfer der Weltkriege und des Nationalsozialismus gedacht. Die Gedenkstunde in Aach hat diesmal eine besondere Dimension: Für die im Aacher Kinderlager gestorbenen Säuglinge osteuropäischer Zwangsarbeiterinnen wird eine Gedenkstele enthüllt.

 

Die Geschichte des im Volksmund "Polenkinderheim" genannten Kinderlagers reicht in das Jahr 1944 zurück. Damals wurde auf Anordnung der Landkreise Calw und Freudenstadt hin in Aach in einer einfachen Holzbaracke ein Heim für die Kinder osteuropäischer Zwangsarbeiterinnen der beiden Landkreise errichtet.

13 Kreuze mit den Namen der Säuglinge

Die - meist neugeborenen - Kinder wurden ihren Müttern gewaltsam weggenommen und ins Kinderlager gebracht. Wie Berichte von Zeitzeugen und vor allem das Aacher Sterberegister belegen, waren die Lebensbedingungen dieser Säuglinge grausam und unmenschlich. Der Zivilcourage einer Dornstetter Bürgerin ist es zu verdanken, dass diese Einrichtung im Frühjahr 1945 aufgelöst und die noch lebenden acht Säuglinge ihren Müttern zurückgegeben wurden.

Einige historisch Interessierte aus der Region haben in den vergangenen Jahren die Geschichte dieser unsäglichen Einrichtung erforscht und veröffentlicht. Auf ihr Betreiben hin wird nun als mahnendes Andenken unter dem Motto "Mensch, gedenke und lerne" für alle im Aacher "Kinderheim" umgekommenen Kinder und für deren Familien eine Gedenkstele errichtet.

In einem von den Landkreisen Calw und Freudenstadt und der Stadt Dornstetten eigens ausgelobten Künstlerwettbewerb wurde der Entwurf des Pforzheimer Bildhauers René Dantes ausgewählt. Dantes entwarf eine 2,20 Meter hohe Stele, die aus vier übereinander gestapelten Kuben besteht und die 13 Kreuze mit den Namen der im "Kinderheim" umgekommenen Säuglinge sowie eine Tafel mit erklärendem Text enthält.

Für Frieden und Freiheit einsetzen

Wichtig war dem Künstler dabei, dem Betrachter Aspekte wie Vergangenheit und Gegenwart, Leben und genommenes Leben, Unrecht und Bewusstsein nahezubringen und vor allem auch "jungen Menschen zu zeigen, dass man sich für Frieden und Freiheit einsetzen muss". Durch ihre Fernwirkung soll die Stele zudem "den unbedarften Friedhofsbesucher neugierig machen und ihn anregen, sich ihr anzunähern".

Die erste Gelegenheit dazu bietet sich bei der Einweihung der Gedenkstele am Volkstrauertag. Die Gedenkfeier findet am Sonntag, 17. November, ab um 11.30 Uhr auf dem alten Friedhof Aach an der Dornstetter Straße statt. Dabei wird die von René Dantes geschaffene Stele enthüllt. Unter dem Motto "Mensch, gedenke und lerne" gestalten Landrat Klaus-Michael Rückert, Bürgermeister Bernhard Haas und Pfarrer Manfred Mergel die Gedenkstunde, die musikalisch von den Posaunenchören Aach und Dornstetten umrahmt wird. Der Feier wohnen auch Angehörige der im "Kinderheim" umgekommenen Säuglinge bei, eine Gruppe von Angehörigen reist zur Gedenkstunde sogar aus der Ukraine an.