Kühles Wetter begleitete die Premiere des historischen Schauspiels "Lene und das Glück" vor reizvoller Kulisse. Das hoch engagierte Ensemble ließ sich davon nicht beeindrucken. Foto: Keck Foto: Schwarzwälder Bote

Theater: Premiere des Freilichtstücks macht Appetit auf mehr

Dornstetten. Mit eintägiger Verspätung ging die Premiere des historischen Schauspiels "Lene und das Glück" vor dekorativer Altstadtkulisse an Marktplatz und Zehntscheuer über die Bühne. Ungünstiges Wetter hatte den Start der Freilichtaufführungen am Abend zuvor zunichte gemacht.

So kam es, dass am Mittwochabend so mancher Platz aufgrund von Umbuchungen unbesetzt blieb. Dies hinderte das Ensemble keineswegs daran, schauspielerisch in die Vollen zu gehen und damit das Publikum zu dankbarem Applaus anzuregen. Am Schluss des rund zweistündigen Theaterereignisses hatte Bürgermeister Bernhard Haas allen Grund, nicht nur die Leistung der Truppe zu würdigen, sondern auch zahlreiche Dankesadressen an Förderer des Kulturevents und an fleißige, kompetente Zuarbeiter hinter den Kulissen auszusprechen. Vielleicht, ließ das Stadtoberhaupt wissen, lasse sich das Erfolgskonzept dieses Theaterangebots weiterführen. Jedenfalls stehen dazu die Vorzeichen nach seiner Einschätzung recht günstig.

Autor und Regisseur Rainer Lernhardt scheint Appetit an solcher Perspektive gefunden zu haben. Sein erstes Stück zum 1250-Jahr-Stadtjubiläum vor zwei Jahren mit dem Titel "Lene und die Liebe" erwies sich als äußerst erfolgreich. Allerdings schrie sein offener Schluss geradezu nach einer Fortsetzung, und so schrieb Lernhardt die unglückliche Liebesgeschichte der Wirtstochter Lene mit dem Zimmermann Veit weiter.

Herausgekommen ist eine Version, die sich weniger an dramatischen, schicksalhaften Vorgängen orientiert als ihre Vorgängerin. Vielmehr ist sie bemüht, Ordnung in die verzweigten Strukturen menschlicher Verirrungen zu bringen.

Lene hat alles hinter sich gelassen und ist dem nach Straßburg enteilten Veit gefolgt. Dort trifft sie ihn nach ihrer Odyssee allerdings nicht an. Die einst stolze Wirtstochter lernt die Armut kennen und muss sich in Demut fügen.

Als sie fünf Jahre nach ihrem Weggang zerlumpt 1612 nach Dornstetten zurückkommt, gerät so manches aus den Fugen. Bis zum glücklichen Ende, nicht nur für Lene und Veit, ist es ein steiler Weg.

André Werner (souverän als Veit) und Anja Piplack (berührend als Lene) liefern einen besonders beeindruckenden Part ab. Entsprechendes gilt für Uschi Winter in der Rolle der Theres, deren Wandel von Verbitterung zu Versöhnungsbereitschaft allmählich greift.

Dazu verhilft ihr auch eine Vision, für die sich Autor Rainer Lernhardt offenbar durch Shakespeares "Hamlet" hat anregen lassen: Der tote Sohn erscheint ihr als Geist. Glaubhaft wirkt auch Lorenz Schneider als "Ochsen"-Wirt Jakob, der ob des Verlustes seiner Tochter Lene in ohnmächtiger Wut und Tristesse versinkt. Lenes Freundinnen Frauke und Anna sind bei Denise Tippmann und Yvonne Lernhardt bestens aufgehoben. Sie lassen nichts anbrennen, wenn es darum geht, der Dritten im Bunde aus der Bredouille zu helfen. Überhaupt geht es in der Inszenierung abseits tragischer Verwicklungen sehr munter zu.

Das fängt an beim einleitenden kurzen Theaterspaziergang zu historischen Plätzen mit den Stadtschreibern Frank Gretenkort und Thomas Falk. Die Einheimischen, Handwerker und Stammtischbrüder, in Szene gesetzt von Christian Eckel und Peter Hönicke, halten mit ihren rustikalen Ansichten nicht hinterm Berg. Da fällt doch so manche nicht salonfähige Bemerkung. Das alles ist in Mundart gehalten, die bekanntlich mit Kraftausdrücken und Schnoddrigkeit gar nicht geizt. Trockener Humor sorgt für so manchen Lacher, beispielsweise wenn Veit äußert: "Dornstetten ist kein gutes Pflaster für amouröse Angelegenheiten."

Gesangseinlagen unter der musikalischen und tontechnischen Leitung von Wolfgang Kugler sorgen ebenso für Erheiterung wie die häufig erfrischende Plappermäuligkeit von Anna und Frauke. In ihren Duktus hat sich so manche emanzipatorische Spitze eingenistet, derer sich die Männerwelt nicht immer so recht zu erwehren weiß. Das bekommt auch Veits Freund Niclas (munter verkörpert von Nils Ritterbusch) zu spüren, der Frauke geheiratet hat. Das Glück der drei jungen Frauen wird vervollkommnet, als Veits Begleiter (Christoph Kenz) schließlich Anna schöne Augen macht.  Die nächsten Aufführungen sind an diesem Samstag und von Dienstag, 28. Mai, bis Samstag, 1. Juni, jeweils ab 20 Uhr.