Hans Frieder Breymayer zeigte bei seinem Vortrag auf, wie vielfältig die Beziehungen zwischen Dornhan, Württemberg und Russland sind. Foto: Steinmetz Foto: Schwarzwälder-Bote

160 Besucher hören Vortrag von Hans Frieder Breymayer

Von Marzell Steinmetz

Dornhan. "Russland ist uns näher als wir denken", leitete Hans Frieder Breymayer seinen Vortrag ein. Er suchte nach Spuren in den Osten, und wurde schon 40 Meter vom Dornhaner Farrenstall entfernt fündig. Das Denkmal erinnert neben John Bühler auch an Wilhelm Wagner, der in Odessa zu Wohlstand gekommen war, dabei aber seine arme Heimatstadt Dornhan nicht vergessen hatte.

160 Besucher hörten den Vortrag des früheren Dornhaner Stadtpfarrers, der auf Einladung von KKF Kunst- und Kultur im Farrenstall gekommen war. Der Erlös der Veranstaltung ist für die Orgelsanierung der evangelischen Stadtkirche bestimmt.

Breymayer verstand es, sehr kurzweilig die Bezüge zwischen Dornhan und Russland, aber besonders auch zwischen Württemberg und dem ehemaligen Zarenreich herzustellen. Es war ein Geschichtsunterricht, wie man ihn sich lebendiger nicht wünschen konnte.

Breymayer erwähnte das Katharinenhospital oder das "Olgäle" in Stuttgart – Einrichtungen, die auf russische Zarentöchter zurückgehen. Aus Dornhan selber sind Anfang des 19. Jahrhunderts viele Familien ausgewandert, vor allem in den Hungerjahren 1817/1818. Was mit diesen Auswanderern geworden ist, konnte Breymayer allerdings nicht sagen. Doch die meisten von ihnen sind namentlich bekannt: Breymayer listete mehr als 20 Namen auf. Darüber, meinte er, könnte man eine Doktorarbeit schreiben.

Ausgangspunkt einer engen Verbindung von Württemberg und Russland ist aber das ehemals württembergische Mömpelgard in Frankreich. Die Fürstentochter Sophie Dorothee, die von dort stammte, wurde später durch Heirat Zarin. In Russland kümmerte sich sich unter anderem um Waisenhäuser, Schulen und Landwirtschaft und gab viel Geld für soziale Zwecke aus.

Ihre ebenso kluge wie schöne Tochter Katharina heiratete 1816 den württembergischen König Wilhelm. Breymayer sprach voller Bewunderung von dieser Frau, die den Schlossgarten für alle öffnete, den Wohltätigkeitsverein, die Sparkasse für Dienstboten, die landwirtschaftliche Akademie Hohenheim sowie das Volksfest gründete und den Anstoß für das nach ihr benannte Krankenhaus gab. Bereits 1819 starb sie, möglicherweise aus Enttäuschung über ihren untreuen Ehemann, so Breymayer. Wohltätig wirkten auch die kluge und gebildete Königin Olga, eine Nichte Katharinas, oder die Großfürstin Vera, auf deren Initiative in Stuttgart ein Heim für ledige Mütter gebaut wurde.

Die Beziehungen zwischen Russland und Württemberg waren aber nicht nur segensreich: 17 000 württembergische Soldaten zogen mit Napoleon nach Russland – nur 300 kehrten wieder heim. Deutsche Soldaten kämpften im Ersten und Zweiten Weltkrieg gegen Russland. Von Stalins Säuberungen waren auch württembergische Auswanderer betroffen. Und umgekehrt wurden Russen als Zwangsarbeiter nach Deutschland verschleppt. Mit der Friedenspolitik von Michail Gorbatschow habe es einen neuen Anfang gegeben, sagte Breymayer. Russlanddeutsche kamen dann auch nach Dornhan, wo sie zu den treuesten Gottesdienstbesuchern gehörten. Am Ende seines anderthalbstündigen Vortrags stimmte Breymayer auf dem Klavier das Lied "Kein schöner Land in dieser Zeit" zum Mitsingen an.