Spenden aus einer Projektarbeit überreichen die Realschüler Joelle Fischer und Marc Bronner an den Aktivisten und Gründer der Kinderhilfe Afghanistan, Reinhard Erös. Foto: Haubold Foto: Schwarzwälder-Bote

Asylkreis: "Wir müssen alles tun, damit die Menschen nicht fliehen müssen" / Vortrag von Reinhard Erös

Zum Vortragsabend mit dem Thema "Afghanistan - Fluchtursachen und ihre Bekämpfung" lud der Asylkreis Dornhan ein. Reinhard Erös, ehemaliger Bundeswehrarzt und Gründer der "Kinderhilfe Afghanistan" war Referent.

Dornhan. Über 100 Besucher, darunter viele Flüchtlinge, folgten den Ausführungen des 70-jährigen Experten. Nur der Aufbau von Schulen und Ausbildungsmöglichkeiten könnten den jungen Afghanen eine Lebensperspektive bieten, betonte der Referent. "Jobs, Jobs, Jobs – das brauchen die Menschen dort", sagte er. Schwierig sei die Lage weniger wegen der Taliban, sondern wegen fehlender Bildungschancen. Es gebe für die vielen Kinder zu wenig Schulen. "90 Prozent der jungen Leute haben keine Arbeit und können deshalb nicht heiraten, weil sie ihre Familie nicht ernähren können", nannte Erös das wichtigste Motiv zur Flucht.

Begrüßt wurde der in der Oberpfalz lebende Mediziner von Tina Vollmer vom Asylkreis und von Schirmherr Markus Huber. Das Thema sei aktuell und gehe alle an, erklärte der Bürgermeister. Er dankte dem Asylkreis und insbesondere der 85-jährigen Urte Strupp, die die Veranstaltung initiierte.

Deutlich wurde, dass Reinhard Erös bei den Projekten seiner "Kinderhilfe Afghanistan" auf den Dialog mit den Einheimischen, auch mit den Taliban, setzt. Eine kurze ARD-Filmsequenz zeigte den Besuchern, wie Erös und seine Familie in den ehemaligen Talibanhochburgen Süd-Ost-Afghanistans Krankenstationen, Schulen vor allem für Mädchen, Berufsausbildungszentren und Waisenhäuser aufgebaut hatten. Er zeigte auf, wie aus dem friedlichen Afghanistan, in dem ein ganz und gar unpolitischer Islam gepflegt wurde, durch die Invasion der Sowjetarmee ein zerrüttetes Land wurde.

"Der klassische afghanische Islam und der arabische Islam sind völlig unterschiedlich", sagte der Redner. Da Afghanistan schon seit Jahrzehnten von Krieg heimgesucht werde, habe es im Laufe der vergangenen Jahre viele Afghanen in das Nachbarland verschlagen. Bei den meisten dieser Flüchtlinge handelte es sich um Hazara, einer schiitischen Minderheit. Rund 50 Prozent der Flüchtlinge, die heute nach Deutschland kämen, gehörten zu dieser Volksgruppe und seien zum größten Teil Analphabeten. Trotz massiver militärischer, logistischer und finanzieller Hilfe bleibe Afghanistan unverändert hoffnungsloses Terrain. Es gebe keine Sicherheit, denn Korruption bestimme das Land. Als Hauptauslöser zur Flucht nannte Erös das Wissen der jungen Afghanen um das Leben als Asylant in Deutschland, zumeist aus dem Radio oder Internet. Die Familien schickten ihre Söhne nach Deutschland, die vom ersten Tag an Geld verdienen und etwas davon nach Afghanistan senden sollen, erklärte der Experte. "Wir müssen alles tun, damit die jungen Menschen nicht fliehen müssen", sagte der Referent.

Einige Fragen hatten die Gäste am Ende. Als eine Tunesierin Erös Aussage dementierte und erklärte, der Islam sei überall der gleiche, wurde Erös laut. "Wenn Sie in Saudi Arabien so auftreten, wie jetzt hier, dann würden Sie geköpft." Auch ein junger Mann aus dem Kundus brachte unter dem Applaus seiner Umsitzenden seine Meinung zur Sprache. Ein wenig Fingerspitzengefühl seitens des Redners wäre hier nötig gewesen. Am Ende wurde der Referent mit einem Geschenk verabschiedet.