Das Handwerk steht im Fokus des 19. Neujahrsempfangs der Interessengemeinschaft Handel und Gewerbe sowie der Stadt Dornhan. Rund 260 Besucher sind gekommen. Fotos: Steinmetz Foto: Schwarzwälder Bote

Neujahrsempfang: Bürgermeister Huber: Stadt braucht mehr Spielräume / 260 Besucher in der Halle

Beim 19. Neujahrsempfang in der Dornhaner Stadthalle gab es deutliche Worte an die Politik und die Behörden. Der demografische Wandel, gleichwertige Lebensverhältnisse und Digitalisierung sind einige der Probleme, die einen "einfachen Landbürgermeister" beschäftigen.

Dornhan. Im Fokus der Veranstaltung standen das Handwerk und der Mittelstand. Die Veranstalter, die Interessengemeinschaft Handel und Gewerbe (IHG) und die Stadt, hatten den Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Holger Schwannecke, als Gastredner gewinnen können. Mit seinem Vortrag (siehe unten) machte er deutlich, dass es der Mittelstand sei, der gerade auch nach der großen Finanzkrise vor zehn Jahren zur Stabilität des Landes beiträgt und damit die Wirtschaft im ländlichen Raum aufrechterhält.

Den Part der Moderation teilten sich Lothar Reinhardt und Bürgermeister Markus Huber. Beide begrüßten in der Stadthalle rund 260 Besucher. Eingeladen waren Vertreter der Politik, Banken, Wirtschaft, Behörden aus der ganzen Region und aus Dornhan die örtlichen Vereine und Kirchen. Entschuldigen ließ sich wegen der noch laufenden Koalitionsverhandlungen in Berlin der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder. Bürgermeister Huber hieß unter anderem den CDU-Landtagsabgeordneten Stefan Teufel, die ehemaligen Bundestagsabgeordneten Klaus Kirschner (SPD) und Ernst Burgbacher (FDP), Landrat Wolf-Rüdiger Michel, den Ersten Landesbeamten Hermann Kopp sowie Bürgermeisterkollegen aus der Nachbarschaft willkommen.

Informieren, mobilisieren und später diskutieren: Dafür bot die Veranstaltung auch diesmal wieder eine Plattform. Bürgermeister Huber hatte beim Empfang 2017 ein "verrücktes Jahr" prognostiziert. Das sei so auch eingetreten, sagte er. Den Blick richtete er aber dann auf die nahe Zukunft mit ihren Herausforderungen für eine Kleinstadt wie Dornhan.

Integrationsfähigkeit im eigenen Interesse

Als Ausgangslage nannte Huber den Flüchtlingsstrom 2015/16, der zwar die Einwohnerzahl erhöhte, gleichzeitig die Tatsache verdecke, "dass wir schrumpfen". Die Sterbefälle lägen in Dornhan deutlich über den Geburtenzahlen. Die Kommunen müssten zum Erhalt ihrer Einwohnerzahlen deshalb entweder Zuzüge "generieren" oder dazu stehen, "dass wir immer mehr Ausländer aufnehmen". Huber: "Integrationsfähigkeit und Offenheit müssen in unserem eigenen Interesse zu unseren Tugenden werden."

Dabei denkt er auch an den Arbeitsmarkt und den Fachkräftemangel. Dieser sei in Dornhan "kein Gespenst mehr, sondern ein offenes Problem, und wir sind am Anfang".

Große Defizite sieht Huber bei der Gesundheitsversorgung, der Telekommunikation und der Breitbandversorgung. Eigentlich sollte der Staat hier für gleiche Lebensverhältnisse sorgen. Stattdessen habe die Stadt Dornhan mit viel Aufwand das Gelände für ein Gesundheitszentrum bereitgestellt und schaue nach Hausärzten. "Mit einem Verein Gesundheitsnetz Dornhan wollen wir auch neue Wege der Zusammenarbeit beschreiten", kündigte Huber an.

Doch auch beim Glasfaserausbau habe die Stadt mit ihren acht Ortsteilen Aufgaben zu stemmen, "die uns eigentlich gar nicht zufallen". Im Hinblick auf die Digitalisierung werde eine Glasfaserinfrastruktur in der Fläche benötigt: "Für die neue Bundesregierung sehe ich hier einen klaren Auftrag."

Huber fordert zudem Entwicklungsspielräume im Wohnungsbau. Der auch in Dornhan spürbare Bauboom bedeute nicht Wachstum, da die Belegungsdichte pro Wohnung in den vergangenen zehn Jahren gesunken sei.

Dornhaner Betriebe mit Aufträgen ausgelastet

Huber: "Für die gleiche Einwohnerzahl benötigen wir fast zehn Prozent mehr Wohnungen." Aber auch Kommunikations- und Treffpunkte brauche die Stadt – und dafür Zuschüsse. Huber hofft auf die Unterstützung von Landrat Michel, dass im zweiten Anlauf Fördermittel für das geplante Bürgerzentrum in Leinstetten bewilligt werden. Am Schluss streifte Huber die Energiewende. Er vermisst hier einen Entwicklungsplan: Die Rahmenbedingungen wechselten wie die Windrichtung. Was alternative Stromerzeugung angehe, sei Dornhan Spitzenreiter im Landkreis Rottweil. Nun werde geprüft, eine Fotovoltaikanlage auf dem Rathausdach für eigene Zwecke zu installieren und die aufgefüllte Erddeponie für den Bau einer größeren Fotovoltaikanlage zur Verfügung zu stellen.

"Die Dornhaner Betriebe sind ausgelastet. Der Aufschwung macht keine Pause", stellte Lothar Reinhardt fest. 480 Betriebe mit 1500 Arbeitsplätzen seien im Stadtgebiet registriert. Demgegenüber stünden 1000 Auspendler. Ein wichtiges Signal sei, dass Firmen investierten und erweiterten. Vorrang habe die Unterstützung der örtlichen Unternehmen. "Wir müssen aber auch um Neuansiedlungen werben", betonte Reinhardt. Von der Politik erwartet er, dass der versprochenen Entbürokratisierung endlich Taten folgen. Spannend ist für ihn, wie es in der Automobilindustrie in Baden-Württemberg weitergeht. Der Zukunft dürfe man sich nicht verschließen, doch die Risiken seien abzuwägen. Hinsichtlich Digitalisierung und Industrie 4.0 hätten die meisten Betriebe eine Ahnung, worum es dabei gehe. Sie seien in Dornhan auch gut aufgestellt. Reinhardt prognostizierte: "Es wird teilweise revolutionäre Veränderungen geben."

Für Musik sorgte zwischen den Reden die fünfköpfige Jazz-Band "Stolen Moments" mit Thomas Duttenhöfer (Keyboard), Sebastian Ascher (Bass), Florin Emhardt (Gitarre), Alexander Zweifel (Schlagzeug) und Paula Jacobs Fernandez (Gesang). Mit Stücken wie "Come Fly with Me", "Almost there" oder "New York State of mind" begeisterten die jungen Jazzmusiker die Zuhörer. Nach dem letzen Ton räumen die Gäste, wie es beim Neujahrsempfang von Anfang an üblich ist, die Stühle auf die Seite und schafften Platz für den geselligen Teil des Abends.