Den segnenden Christus im Chor, eines der letzten Werke von August Blepp aus Weilen u.d.R., bevor er im Jahr 1949 verstarb, hat Künstler Tobias Kammerer (Bild) neben dem Bild der 14 Nothelfer neu eingefasst. Foto: Schweizer

Die Kirche St. Matthäus in Dormettingen ist nicht mehr wiederzuerkennen. Im 300. Jahr ihrer Geschichte wurde die „neue“ Kirche am Sonntag feierlich (wieder-)eingeweiht – und von Gläubigen aus nah und fern bestaunt. Künstler Tobias Kammerer gestaltete den Altarraum.

Länger als ein Jahr waren die Türen verriegelt. Nun ist aber das große Geheimnis, wie es im Inneren aussieht, gelüftet, das Gotteshaus in der Dorfmitte mit viel Weihwasser besprengt. Den Festgottesdienst zur Wiedereröffnung feierte der Administrator der Seelsorgeeinheit Oberes Schlichemtal, Pfarrer Uwe Stier, in Konzelebration mit Pfarrvikar Shibu Pushpam, dem aus Dormettingen stammenden Pater Franz Pfaff und den Diakonen Stephan Drobny und Oliver Pfaff.

Schon der Einzug der Geistlichen und der großen Schar an Ministranten sorgte unter den Klängen des Musikvereins für die ersten Gänsehautmomente. „St. Matthäus strahlt wie kaum jemals zuvor“, freute sich Uwe Stier, man spüre, dass Gott hier Wohnung genommen habe. Er verschwieg aber auch nicht, dass nicht wenige Menschen wohl vieles, was ihnen an der „alten“ Kirche am Herzen gelegen hat, vermissen. Man habe aber niemanden verletzen wollen, sondern ein Ort der Begegnung schaffen, an dem sich auch nachfolgende Generationen wohlfühlen.

In der Dormettinger Kirche sah er ein Zeichen für den Aufbruch, „dass Jesus wieder in den Mittelpunkt rückt und auf Interesse stößt“.

Josef Hutt ist neuer Leiter des Kirchenchors

Für die Umrahmung sorgte der Kirchenchor unter neuer Leitung. Josef Hutt führte die Sängerinnen und Sänger durch die modernen Chorwerke, darunter auch ein „Halleluja“.

Bevor der Musikkapelle und Organist Wolfgang Jenter gemeinsam das „Großer Gott, wir loben Dich“ anstimmten, ging Ute Brenner auf die Sanierung, die eigentlich im Jahr 2017 im Dachstuhl und Tragwerk beginnen sollte, ausführlich ein. Vom Bischöflichen Ordinariat lag das Einverständnis sofort vor, auf die Zusage des Denkmalamtes musste der Kirchengemeinderat aber vier Jahre warten.

Ein Kreuz aus Brettern der Dormettinger Dreschhalle dominiert künftig den Altarraum von St. Matthäus, in dem der Kirchenchor den Wiedereröffnungsgottesdienst umrahmte. Ausgetauscht wurden auch die Figuren von Maria und Josef an den Seitenaltären. Foto: Schweizer

Die Idee, auch im Inneren etwas zu tun, kam im Herbst 2021. Ute Brenner bat den damaligen Rottweiler Pfarrer Timo Weber, doch öfters mal nach Dormettingern zu kommen. Wegen der Kirche sicher nicht, habe sie als Antwort bekommen, berichtete die Kirchengemeinderatsvorsitzende. Der Innenraum sei überladen, „also nicht wirklich schön“. Brenner ließ sich dann öfters in der Kirche nieder, sah die „dunklen Altarbilder“ und kam auch zum Schluss: „Die Liebe Gottes finde ich hier nicht.“ Sie und die anderen Räte sahen die Chance für die Neugestaltung auch darin, weil im Chor ein Gerüst stand.

Man machte sich auf die Suche nach einem Künstler und fand in Tobias Kammerer aus Rottweil den geeigneten Mann, der innerhalb einer Woche ein Konzept vorlegte. Nach einem anfänglichen Nein stimmte Rottenburg zu – allerdings nur einem Entwurf in abgeänderter Form. Weil das Denkmalamt wieder schnell nicht reagierte, intervenierte Bürgermeister Anton Müller.

Die Altarbilder von Johann Achert sind in der alten Sakristei

Obwohl die Kirche mehrere Monate nicht zugänglich war, pulsierte das Kirchenleben. Gottesdienste fanden im Freien, im Pfarrsaal und in der Mehrzweckhalle statt. An der Fasnet sorgten Chor und Kirchengemeinderat für das Wohl der Narren, was über 3000 Euro in den Spendenfonds für die Renovierung spülte.

Nach dem Gottesdienst stellte Tobias Kammerer seine künstlerische Arbeit im Detail vor. Neben dem Kreuz aus Brettern der Dreschhalle sticht der blaue Chorbogen sofort ins Auge. In der Dormettinger Kirche sehe er das „Vorzimmer zu Gott“.

Die wertvollen Altarbilder von Johann Achert und andere aussortierte Gemälde und Statuen wanderten in die alte Sakristei.