Roman Rebholz vor den ersten leeren Regalen in "Roman's Landmarkt".. Noch im August wird das Geschäft für Kunden geöffnet haben, dann wird es schließen. Wie es in den Räumen weitergeht, ist offen. Foto: Simon

Etwa um 15 Uhr will eine Kundin "Roman's Landmarkt" in der Siedlung betreten. Vor der Tür bleibt sie stehen und stockt. Sie öffnet sich nicht wie gewohnt vollautomatisch.

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Donaueschingen - Derzeit hat der ehemalige Frischemarkt Rahn eine längere Mittagspause. Damit wird die Schließung eingeleitet. Bis Ende August will Betreiber Roman Rebholz die Ware draußen und den Schlüssel ein letztes Mal umgedreht haben.

Rund zwei Jahre ist es her, dass Rebholz den Laden von den Vorgängern übernommen hat. Er hat das Geschäft ordentlich aufgehübscht: ein Bistrobereich mit Sitzgelegenheit, der Schwerpunkt liegt auf dem Persönlichen. Das ist bis heute der Fall.

Zwischen den mittlerweile nahezu leeren Regalen gehen die Leute noch ihren Einkäufen nach. "Du hörst wirklich auf?", fragt ein junger Kunde. "Ja, es geht leider nicht anders." Die Betroffenheit scheint groß zu sein. Noch bis Mitte oder Ende August soll der Laden geöffnet bleiben. Je nachdem, wie gut und schnell der Abverkauf läuft.

Roman Rebholz kann den Laden nicht weiter am Laufen halten. Die Corona-Krise in Kombination mit den Kosten – das droht ihn aufzufressen. Deshalb hat er die Reißleine gezogen.

Schüler blieben weg

"Die Raumkosten, Pacht, Personal – das muss man erst mal reinholen", erklärt der Unternehmer. Die Leute in der Siedlung kämen nur teilweise vorbei. Den "Vergessermarkt" nennt Rebholz das: "Viele gehen zu Lidl oder Aldi. Wenn sie dann zuhause sind und bemerken, dass die Sahne vergessen wurde, kommen sie zu uns." Mit den großen Discountern könne er preislich schlicht nicht mithalten.

Rebholz hat gedanklich auch durchgespielt, in Form eines Kiosk weiter etwas in der Siedlung anzubieten: "Da müsste ich in neun Monaten soviel reinholen, um drei Monate zu überbrücken." Die drei Monate sind jene Tage, zu denen die Schüler Ferien haben.

Ein Punkt, der in der Pandemie komplett weggebrochen ist. Zuvor hatte sein Geschäft die Schulen beliefert und in den Pausen hatten sich die Schüler im Landmarkt versorgt.

Senioren beliefert

"Wenn die Schüler weg sind, dann fehlt etwa 25 Prozent des Tagesumsatzes." Ein ordentlicher Batzen, der nicht zu kompensieren ist.

Besonders leid tut das Roman Rebholz für die älteren Leute, die bei ihm einkaufen und vor allem bestellen: "Ich habe etwa 16 Kunden, die ich beliefere. Da bringe ich die Milch in den Keller, stelle den Joghurt in den Kühlschrank. Es tut mir leid, sie nicht mehr beliefern zu können." Vor allem fragt sich Rebholz, wie diese Kunden zukünftig ihren Einkauf organisieren. "Ich hoffe, sie finden jemanden. Die Leute wachsen einem auch ans Herz." Schade finden den Abschied auch die Schüler der nahe gelegenen Eichendorffschule: "Die kleinen Kindern haben geweint. Sie geben gerade einen Zettel rum, dass Roman erhalten bleiben soll", sagt Rebholz. "Ich hab ihnen dann gesagt: Wenn jeder hier so kaufen würde wie ihr, dann wäre das kein Problem."

Zu wenig verdient

Viele wundern sich über die Schließung auch deshalb, weil sich im Laden eine Poststelle befindet. Und dort, das denkt man zumindest, ist doch immer reger Betrieb: "Das stimmt, die Post ist hier stark. Nur kann man davon nicht leben. Die Leute die etwas zur Post bringen, gehen danach nicht unbedingt auch hier einkaufen." Von den Einnahmen der Post ließe sich nicht einmal die Pacht decken. "Ich höre immer: Lotto und Post laufen doch. Daran ist einfach zu wenig verdient." Einen Nachfolger gibt es nicht. "Wir haben die Information überall reingestellt, bisher kam nichts", sagt Rebholz. Er kann sich das auch erklären. "Ich komme im Monat auf rund 300 Stunden. Die Leute wissen, dass ich das selbst schon bringe und es trotzdem nicht geklappt hat. Wie soll es dann gehen?"

Diese Zeit ist auch ein wesentlicher Faktor für den Abschied: "Ich bin eigentlich immer hier, habe aber auch kleine Kinder. Sie kommen her, um mich zu sehen. Wenn dann nichts dabei rumkommt, dann ist das sehr hart." Im Mai seien nach Abzug aller Kosten für die Familie Rebholz lediglich 300 Euro im Monat geblieben: "Ich müsste jetzt noch mal alles riskieren. Ohne Frau und Kinder würde ich das vielleicht. So aber nicht." Er müsse jetzt für die Familie denken und die Notbremse ziehen.

Zwei Jahre keinen Urlaub

Rebholz hatte viele schlaflose Nächte, wie er sagt. "Ich habe auch viele Nächte hier im Laden verbracht, um zu renovieren. Mir ist das alles hier sehr ans Herz gewachsen. Aber ich muss eben auch private Dinge bezahlen. Wir sind zwei Jahre hier und ich hatte keinen Urlaub, manchmal einen Mittwochmittag frei."

Es sei schade, dass die Tante-Emma-Läden und Landmärkte langsam aussterben, "aber die kleinen Läden halten sich nicht mehr." Mittags sei es in der Gegend sehr ruhig. Abends komme, wer noch was vergessen habe. "Ich denke, die Siedlung hat jetzt zu kämpfen. Apotheke gibt es keine mehr, jetzt mache ich den Laden zu. Auch für die Schulen ist das schade. Aber die Großen machen das Rennen", so Rebholz.

Und seine persönliche Zukunft? "Ich habe bereits einige Anfragen. Aber erst will ich hier den Abverkauf machen. Starten werde ich dann wieder frühestens ab Anfang September. Erst muss ich runterfahren und überlegen, in welche Richtung es gehen soll." Der Arbeitsmarkt biete Alternativen. "Wichtig ist mir, mit freiem Kopf irgendwo anzufangen." Rebholz wird der Letzte sein, der die Tür zumacht.

Die Mitarbeiter seien bereits auf Ende Juni gekündigt worden. "Den August werde ich noch allein machen. Allerdings mit einer Pause von 13.30 bis 15.30 Uhr." Er hofft, mit einem blauen Auge davon zu kommen: "Hätte ich noch Monate weiter gemacht, dann hätte es mich sicher härter getroffen." Was in Zukunft aus dem Markt wird? "Es scheint, als ob sich mit mir auch der Laden verabschiedet."

Das Geschäft in der Donaueschinger Siedlung hat eine lange Tradition. Der Laden wurde 1959 von Georg Rahn gegründet, schließlich übernahm sein Sohn Peter. Die Nachfolger-Suche gestaltete sich schwierig, erfolgte sogar über die Teilnahme an einer Fernsehsendung. Schließlich übernahm die Familie Korsch im Frühjahr 2018 die Geschäfte des Marktes, im August schlossen sich die Pforten abermals, Familie Korsch zog sich zurück. Dann folgte ein Umbau und Roman Rebholz übernahm 2019. Nun aber unter der Bezeichnung Roman's Landmarkt.