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Wirtschaft: Einzelhändler müssen derzeit Fixkosten zahlen ohne Einnahmen erwirtschaften zu können

Eine komplette Vollbremsung: Das haben in den vergangenen Tagen viele Donaueschinger Einzelhändler erlebt.

Donaueschingen (jak). Die Türen der Geschäfte bleiben zu, die Händler stehen nicht mehr sechs Tage in der Woche im Geschäft. Stattdessen haben sie plötzlich viel Zeit, während sich die Frühjahrsware schon im Geschäft befindet. Doch keine Kunden kommen. Und über allem schwebt die Ungewissheit, wie es weitergeht und ob man es überhaupt schaffen wird. "Ich kann die traurigen Augen meiner Kollegen zwar nicht sehen, aber ich habe in den vergangenen Tagen viel telefoniert", sagt Patrick Schmoll, der gemeinsam mit Gerhard Werb und Christian Köster den Donaueschinger Gewerbeverein führt.

Bei vielen ist die Situation gleich: Die Einnahmen bleiben aus, doch die Kosten müssen weiter gezahlt werden. Die Ware, die bestellt wurde, kann nun nicht verkauft werden. Die Löhne für die Mitarbeiter, die bei geschlossenen Geschäften aber nicht arbeiten können stehen an – die Mieten für einen Laden, der keine Einnahmen mehr bringt, ebenso.

Gemeinsam haben sich daher die IHK und der Donaueschinger Gewerbeverein dazu entschieden, an die Vermieter zu appellieren: "In außergewöhnlichen Zeiten brauchen wir außergewöhnliche Maßnahmen", so der gemeinsame Tenor des Gewerbevereins Donaueschingen und der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg. Vermieter sollten in diesen harten Zeiten Kulanz zeigen.

Mit der verordneten Schließung seien die Auswirkungen der Corona-Pandemie gerade bei kleinen Gewerbetreibenden direkt zu spüren. Das Geschäftsmodell von Händlern, Gastronomen und Dienstleistern stünde auf der Kippe. Vermieter hätten jetzt die Möglichkeit zu unterstützen, Mieten auszusetzen, zu verschieben oder zu stunden.

Denn die Einkommensquelle vieler Geschäfte sei bei den allermeisten Gewerbetreibenden komplett entfallen. Ob die angekündigten Hilfsmaßnahmen von Bund und Land genügen, sei völlig unklar. Fakt ist: Die Fixkosten aus Personal und Miete laufen weiter.

Öffnungstermin unklar

"Die Personalkosten können wir über die Kurzarbeit senken", erklärt Schmoll. Doch bei der Miete sei man eben auf die Kulanz des Vermieters angewiesen. Schließlich könne aktuell keiner prognostizieren, wann denn wieder die Geschäfte ihre Türen öffnen dürfen und wann vor allem die Kunden auch wieder kommen. Gerade bei saisonalem Warenangebot sei das äußerst schwierig. "Ich sitze jetzt auf einem Berg von Sommerwaren", erklärt Schmoll. Doch nicht nur ihm geht es so, sondern vielen seiner Kollegen. Ob die Sommerware überhaupt verkauft wird – ungewiss. "Und mit den Einnahmen der Sommerware bezahlen dann die meisten die Herbstware", erklärt der Vorsitzende des Gewerbevereins. Und schon jetzt kristallisiere sich heraus, dass die ganze Warenwirtschaft nicht nur über wenige Wochen, sondern langfristig über den Haufen geworfen wird.

Hinzu komme auch, dass "eventgenerierte Einkäufe" in der nächsten Zeit ausfallen. Wer kauft schon einen Anzug, wenn Kommunionen und Kommunionen, Messen und Hochzeiten nicht stattfinden? Wer kauft dann einen Blumenschmuck, wenn der runde Geburtstag nicht gefeiert wird? Wer entscheidet sich dafür, eine Reise zu buchen, wenn es ungewiss ist, ob man überhaupt aus dem, beziehungsweise ins Urlaubsland einreisen darf?

"So eine Situation wie jetzt hatten wir noch nie", erklärt Patrick Schmoll. Es geht nicht darum, dass die Geschäfte aktuell nicht öffnen können. "Die Entscheidung ist klar nachvollziehbar und absolut notwendig", unterstreicht er. Aber es gehe darum, dass die Geschäfte dann irgendwann wieder öffnen. Die Situation im Einzelhandel sei sowieso nicht sonderlich rosig. "Bevor wir zehn oder 20 Geschäfte verlieren", ginge es jetzt um das soziale und gemeinschaftliche Denken, das aktuell in der Gesellschaft auch zu spüren sei.

"Wenn ein Vermieter zwei bis drei Monate auf die Miete verzichtet, dann bringt es ihn nicht um, es rettet aber einen Einzelhändler", erklärt Schmoll. Und wenn der Einzelhändler fünf, zehn oder gar 20 Jahre zuverlässig seine Miete gezahlt habe, könne der Vermieter ihm auch entgegenkommen, sonst drohe vielleicht, dass er sich bald einen ganz neuen Mieter suchen müsse.

"Die Vermieter haben jetzt eine besondere Verantwortung und können ein Miteinander für die Zeit danach schaffen, sagt auch Philipp Hilsenbek, der bei der IHK für das Standortmarketing verantwortlich ist. Es wäre für alle eine besondere Zeit und für die Gewerbetreibenden ganz besonders. Während die Einnahmen wegbrechen, würden die Kosten bestehen bleiben. "Es ist jetzt die Zeit für ein Miteinander", so Hilsenbek. Schließlich ginge es auch um die Attraktivität der Innenstädte und dass es dort weiterhin inhabergeführte Geschäfte gebe.

Gewerbeverein und IHK appellieren deshalb eindringlich, jetzt das Gespräch zu suchen und gemeinsame Lösungen zu finden. Ansonsten drohten nicht nur kurzfristige, sondern strukturelle, Leerstände im Stadtbild.

Die Spitzenverbände aus Wirtschaft, Kommunen und Wohnen hatten am vergangenen Samstag einen gemeinsamen Appell veröffentlicht. Unter dem Stichwort "Atempause für Gewerbemieten in der Corona-Krise" formulierten unter anderem der Deutsche Industrie – und Handelskammertag, der Verband Haus und Grund sowie der Städte- und Gemeindebund eine gemeinsame Linie.