Komponist Wieland Hoban greift Björn Gottstein an. Verbietet der Veranstaltungsleiter Kritik an Israel?
Donaueschingen - Unter der Überschrift "Zensur in Donaueschingen" hat der Komponist Wieland Hoban in einem offenen Brief den Leiter des Musikfestivals, Björn Gottstein, angegriffen. Bisher, so Hoban in dem auf Englisch auf seiner Webseite publizierten Brief, habe Donaueschingen nicht nur für Neue Musik, sondern immer auch für neue Ideen und Dialoge gestanden, Tabuthemen habe es nicht gegeben. Kürzlich nun habe Gottstein ein Werk von Hoban, das sich mit der israelischen Militäroffensive im Gazastreifen im Dezember/Januar 2008/09 befasst, abgelehnt.
Zahlreiche Musiker unterschreiben den Brief
Begründet habe der Leiter der SWR Donaueschinger Musiktage seine Absage damit, dass ein Werk von Hoban bereits 2016 bei den Musiktagen aufgeführt worden sei, und er nun eher anderen Komponisten einen Chance geben wolle. Außerdem habe Gottstein erklärt, dass er Kompositionen, die Israel-Kritik enthielten, auf der Festivalbühne nicht zulasse.
Hobans offener Brief wurde von 155 Musikern und Intellektuellen unterschrieben, darunter der mehrfach in Donaueschingen aufgeführte schwedisch-israelische Komponist Dror Feiler, der Philosoph Slavoj Žižek, der Historiker Moshe Zuckermann sowie der Linguist Noam Chomsky. In seinem Brief schreibt Hoban, dass in Deutschland Kritik an Israel eine unbequeme Sache sei, und "die Last der deutschen Verbrechen zu der Ansicht führt, dass die Verurteilung gegenwärtigen Unrechts im Falle Israels unangebracht ist, zumindest in Deutschland".
Hoban verwies auf die laufende Ruhrtriennale, wo die Einladung eines israelkritischen Ensembles zur Absage des NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet geführt hat. Kunst, so Hoban, müsse ein Forum für den freien Austausch von Gedanken bieten. In einer Stellungnahme zu dem Zensurvorwurf schreibt Gottstein, dass er es "für ein fatales Signal halten würde, wenn bei den Donaueschinger Musiktagen ausgerechnet Israel als einziger Staat in einem Musikstück massiv kritisiert wird". Zudem habe Hoban in der Vergangenheit Aufrufe zum kulturellen Boykott Israels unterstützt und Israel als Apartheidsstaat delegitimiert. "Solche Positionierungen sind für mich und den SWR inakzeptabel."