Michael Klotzbücher kann die Krankenkassen nicht verstehen: "Sie begrüßen das Angebot der modernen Wundbehandlung und versprechen ihren Versicherten optimalen Schutz. Nur zahlen wollen sie dafür nicht." Foto: Vollmer

Michael Klotzbücher klagt vor Stuttgarter Sozialgericht. Hohe Forderungen der Krankenkassen.

Donaueschingen - Das Gesundheitssystem ist Dauerpatient in Deutschland. Zwar wird die Medizin im Land immer besser, einher geht diese aber mit ungebremsten Kostensteigerungen für Medikamente und Klinikaufenthalte.

Aber ohne gesunde Finanzen können die Krankenkassen nicht leben, und so wurde über etliche Gesundheitsreformen neben üblichen Beitragserhöhungen unter anderem Patientenpauschalen für niedergelassene Ärzte eingeführt, um die Kostensteigerungen in den Griff zu bekommen. Nicht selten legt der Arzt am Quartalsende für Leistungen drauf, weil seine Mehrarbeit durch einen Kostendeckel vom System nicht honoriert wird. Und weil sich dieses System für niedergelassene Ärzte oft nicht mehr lohnt, schließen immer mehr Praxen. Ein weiteres Beispiel dafür könnte bald jene Praxis von Chirurg Michael Klotzbücher werden – mit weitreichenden Folgen für die Wundbehandlung von Patienten in der Region.

Der frühere FDP/FW-Sprecher im Donaueschinger Gemeinderat wird bald 67. Eigentlich Zeit fürs Aufhören, zumal er auch schon seit über einem Jahr Altersruhegeld bezieht. Seine Praxis betreibt er aber weiter, weil sich kein Nachfolger finden lässt, viele Patienten aber ihn und die Mitarbeiter dringend brauchen. Nun aber droht er mit dem Aus, weil auch ihm gedroht wird: Die Gemeinsame Prüfstelle der Krankenkassen stellt für das Jahr 2013 nach einer Prüfung Regress in Höhe von 25 .000 Euro, die per Quartalsabrechnung im Oktober gleich eingezogen wurden.

Dagegen klagt Klotzbücher vor dem Sozialgericht in Stuttgart. "Ich rechne mit einem Urteil im Januar. Komme ich mit der Klage nicht durch, werde ich meine kassenärztliche Tätigkeit wegen fehlender wirtschaftlicher Basis aufgeben", sagt Klotzbücher. Denn dann müsste er nach einer weiteren Praxisprüfung fürs Jahr 2015 weitere 200.000 Euro Regressbetrag erstatten, die man von ihm mit Schreiben von 5. Dezember fordert. Er habe sein Richtgrößenvolumen um 1068 Prozent überschritten. Immerhin würde man Klotzbücher für eine umgehende Begleichung eine 20-prozentige Minderung zugestehen.

Diese Forderungen sind mit dem großen Erfolg der Wundbehandlung verbunden, auf die sich Klotzbücher neben seiner chirurgischen Tätigkeit in den vergangenen Jahren spezialisiert hat. Rund 100 Patienten mit chronischen Wunden hat er in seiner Praxis an der Hermann-Fischer-Allee in Behandlung. Weitere 100 Patienten werden von vier Wundexperten – Pflegern mit Spezialausbildung – im TWC-Wundtherapiezentrum an der Karlstraße versorgt und nicht selten gesund gepflegt, wo früher eine Amputation drohte.

Diese in der Region einmalige Einrichtung wurde 2010 von einem früheren Praxiskollegen gegründet, der dafür die halbe Kassenzulassung Klotzbüchers erhalten hatte.

2016 gab dieser dann seine Arbeit auf der Baar überraschend schnell auf und ging in die Schweiz, nachdem auch er 100.000 Euro nachzahlen sollte. Klotzbücher übernahm dann auch hier die erforderliche ärztliche Leitung. Die abgegebene halbe Kassenzulassung erhielt Klotzbücher aber nicht zurück. "Mit dem Verweis, dass meine Einzelpraxis ein Auslaufmodell sei, wurde diese nach Villingen-Schwenningen vergeben."

Die hohen Forderungen der Krankenkassen führt Klotzbücher auf einen Systemfehler zurück: "Die Hausärzte schicken ihre Wundpatienten mit Blick auf unser Spezialwissen und ihre Fallpauschalen gerne zu uns", sagt Klotzbücher. Die Hausärzte sparen dadurch, aber das praktisch verfügbare Geld fließt durch das Pauschalsystem nicht ans Wundzentrum weiter, sondern belastet die Krankenkassen mit jedem von Klotzbücher ausgestellten Rezept zur Wundbehandlung zusätzlich.

Der Erfolg der Wundbehandlung in Donaueschingen hat sich herumgesprochen. Die Menschen kommen aus Oberndorf, Rottweil, Tuttlingen, Schramberg. Villingen-Schwenningen oder Titisee-Neustadt. Mit den Patientenzahlen sind die Kosten gestiegen, die die Kassen nicht tragen wollen. "Sie begrüßen das Angebot der modernen Wundbehandlung und versprechen ihren Versicherten optimalen Schutz. Nur zahlen wollen sie dafür nicht", klagt Klotzbücher. Seine Argumente trug er auch in einer Anhörung einem Anhörungsausschuss vor – ohne Erfolg.

Bis zur Klärung vor dem Sozoialgericht muss Klotzbücher jeden Monat die Weiterbeschäftigung seiner Mitarbeiter für jeden Folgemonat prüfen. Unterliegt der Donaueschinger Arzt vor Gericht oder lenken die Kassen nicht ein, verlieren neben Michael Klotzbücher und den sieben Mitarbeitern auch alle Patienten, denn dies würde das Ende seiner kassenärztlichen Tätigkeit und somit auch das Ende des TCWs unter seiner Regie bedeuten.

Vorbei wäre dann auch die Zeit mit kleinen ambulanten Operationen in Donaueschingen, vorbei auch seine wöchentliche Sprechstunde in Bernau für Patienten aus dem Umkreis von St. Blasien, Menzenschwand oder Todtnau. In der Praxis des Kollegen dürfte dann auch nicht mehr geröntgt werden, weil hierfür nur Klotzbücher die Lizenz hat. Dann müssten etwa alle gestürzten Skifahrer nach Titisee-Neustadt und Waldshut ausweichen.