Volles Haus bei der 24. Kanzelrede: Wolfgang Grupp sorgt für Begeisterung – selten gab es sogar innerhalb der Kanzelrede Zwischenapplaus. Grupp erreichte dies gleich mehrmals. Foto: Jakober Foto: Schwarzwälder Bote

Kanzelrede: Wolfgang Grupp hält flammendes Plädoyer für seine Heimat / Wachstum durch Innovation

Deutschland – noch ein Standort mit Zukunft: Diese Worte versieht Wolfgang Grupp nicht mit einem Fragezeichen, sondern mit einem deutlichen Ausrufezeichen.

Donaueschingen (jak). In Zeiten der Zukunftsängste, der Weltuntergangsstimmung und der Schwarzmalerei hält der alleinige Geschäftsführer und Inhaber des Textilunternehmens Trigema ein flammendes und mitreißendes Plädoyer für seine Heimat. Und vor allem eines ist er in den 60 Minuten, die er von der Kanzel der Donaueschinger Stadtkirche spricht: authentisch. Hier spricht einer, der nicht nur laut seine Stimme erhebt und mit in seiner Rede mehr als deutliche Worte findet, hier spricht einer, der das glaubt, was er sagt und der es verkörpert.

Immer wieder werden die Worte von Grupp durch Lachen oder Zwischenapplaus unterbrochen. Und auch wenn sich der deutsche Unternehmer im Vorfeld nicht wirklich sicher war, ob er eigentlich in die Reihen der ehrenwerten Redner passen würde, das Donaueschinger Publikum ist begeistert von ihm und seiner Forderung, dass Unternehmer wieder Verantwortung übernehmen und zurückkehren zu den Werten, die "uns unsere Großväter vorgelebt" haben. "Für mich war nie das Streben nach Macht und Größe wichtig, sondern das Sichern von Arbeitsplätzen und die Integration der Mitarbeiter in den Arbeitsprozess", sagt der Unternehmer, der in seiner Heimatstadt Burladingen 1200 Angestellte beschäftigt.

Gleichzeitig kritisiert er Top-Manager, die dem Größenwahn und der Gier verfallen sind und keine Verantwortung mehr übernehmen. Dass das Vertrauen in die soziale Marktwirtschaft verloren gegangen ist, daran sei nicht der deutsche Standort schuld, sondern dass "Verluste sozialisiert und Gewinne privatisiert" werden. Es könne nicht sein, dass diejenigen, die Fehlentscheidungen treffen, mit Millionen abgefunden werden und keine Verantwortung übernehmen müssen.

Ein Rechtsstaat müsse für den Bürger verständlich sein. "Es kann nicht sein, dass die Anständigen drangsaliert werden und die Unanständigen mit Samthandschuhen angefasst werden", sagt Grupp. Und schon ist er bei der Flüchtlingspolitik: Merkels Willkommenskultur begrüßt er, allerdings nicht bedingungslos. "Echte Flüchtlinge ja, aber es kann nicht sein, dass wir die Scharlatane auf Händen tragen."

Und schon ist er bei der Globalisierung, in der er eine Chance für die Unternehmen sieht. Schließlich ist es so möglich, seine Waren überall hin zu liefern. Doch wenn man ein Produkt anbiete, das irgendwoanders billiger hergestellt werden kann, dann sei das nicht die Schuld der Globalisierung, sondern des Unternehmers. In einem Hochlohnland müsste Produkte produziert werden, die auch diesem Niveau entsprechen würden. "Ich mache Wachstum nicht an Stückzahlen fest, sondern an Innovationen", so Grupp.

"Es kann nicht sein, dass wir nur noch angeben, was wir wollen und andere produzieren das dann." Denn damit sei der Fortschritt in Gefahr: "Entwickelt und geforscht wird nicht am Schreibtisch, sondern am Arbeitsplatz." Deshalb dürften die produzierenden Arbeitsplätze nicht ins Ausland verlagert werden, sondern müssten in der Heimat bleiben.

Doch Grupp ist ehrlich: "Ich bin ein Egoist, ich bin ein Kapitalist und ich will, dass es mir gut geht." Doch schnell habe er erkannt, dass es dazu auch seinen Mitarbeitern gut gehen muss. "Wenn ein Mitarbeiter mit einem Problem zu mir kommt, dann hat er keines mehr." Entweder das Problem sei gelöst oder liege dann auf Grupps Schreibtisch.

Und letztendlich sei es doch das schönste Gefühl, wenn man gebracht werde. Und so lang er das habe, denke der 76-Jährige auch nicht übers Aufhören nach. Auch nicht, wenn er sich gestern einen lang gehegten Traum erfüllt hat. Einst als Schüler in St. Blasien musste er die Predigt besuchen und damals träumte er davon, irgendwann einmal von einer Kanzel zu sprechen.

Wolfgang Grupp war der mittlerweile 24. Kanzelredner. Die Kanzelpredigten in der Stadtkirche St. Johann in Donaueschingen sind seit 2003 Teil der Donaueschinger Seelsorgeeinheit. Diese neugeschaffene Tradition führt prominente Redner und natürlich auch Rednerinnen in die Stadt, die mit ihrem somit einen Beitrag zur Renovierung der Stadtkirche leisten, da sie zum sogenannten "Vergelt's Gott-Tarif" sprechen.