Besetzt mit einer kompletten Löschmannschaft macht die damals bereits über 90 Jahre alte Magirus-Autospritze beim Kreisfeuerwehrtag in Pfaffenweiler am 10. Juni 2018 eine gute Figur. Fotos: Feuerwehr Donaueschingen Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Das erste Feuerwehrauto Donaueschingens war und ist eine Sensation / Mit Sponsoren soll es erhalten bleiben

Eine historische Motorspritze von Magirus wird wieder instand gesetzt. Das Fahrzeug ist 96 Jahre alt und keine 5000 Kilometer gefahren. Sponsoren und Spender finanzieren die Ersatzteile.

Donaueschingen. Jedes Mal, wenn sie in der Öffentlichkeit auftaucht, ist sie sofort von Neugierigen umringt, die alte Magirus-Motorspritze, das erste Feuerwehrauto der Donaueschinger Wehr. So wie beimletztjährigen Frühjahrsfest, an dem es auch die Aufmerksamkeit von Bürgermeister Erik Pauly erregte. Viele Jahre war das Fahrzeug eingemottet, jetzt ist es dank der Eigeninitiative zweier Bastler wieder präsent. "Die alte Magirus-Motorspritze ist Stadtgeschichte. Sie darf niemals verkauft werden", sagt Christian Wollenberg, der zusammen mit Markus Jauch in den vergangenen acht Jahren viel Freizeit geopfert hat. "Wenn sie in 100 Jahren noch existiert, haben wir alles richtig gemacht".

Jahrelang dümpelte das Fahrzeug hinten quer im Feuerwehrgerätehaus vor sich hin, bevor es 1988 aus Platzmangel in die ehemalige Kamgarnspinnerei Wirth in Allmendshofen ausgelagert wurde. Im Jahr 2001 wurde es vom damaligen Kommandanten Markus Dold wiederentdeckt und mit einigen Kameraden in der Filiale der Firma "Ziegler Feuerwehrbedarf" nach Feierabend wieder fahrtüchtig gemacht. Im folgenden Jahr nahm es am Feuerwehrumzug "150 Jahre Villingen" teil. Seinen nächsten öffentlichen Auftritt hatte der Oldtimer beim Jubiläum zum 150. Bestehensjahr der Donaueschinger Wehr im Jahr 2008 und im Rahmen einer Vorführung historischer Feuerwehrautos zum Gedenken an den Stadtbrand vom 5. August 1908. Zwischendurch wurde der Magirus wieder eingelagert und immer mal wieder bewegt.

2011 gingen die beiden Freunde Christian Wollenberg und Markus Jauch dann daran, das Kleinod fachgerecht instand zu setzen. Ein großes Thema war von Anfang an die Beschaffung der Ersatzteile und vor allem die damit verbundenen Kosten. Original-Teile gibt es kaum noch, mit viel Glück vielleicht auf einer Oldtimer-Messe. Also hieß es improvisieren oder nachbauen lassen, wobei man immer möglichst originalgetreu sein wollte. Glücklicherweise fanden sich immer wieder Sponsoren, wie zuletzt bei der Erneuerung der Reifen, bei der die hiesige Sparkasse die Kosten übernahm.

Zuerst wurde die komplette Technik durchgecheckt und ein Plan nach Dringlichkeit erstellt, auf dem die Sicherheit und die Technik an erster Stelle standen: Bremsen, Fahrwerk, Motor, Getriebe und Antrieb. Man hatte Gelegenheit, in einer Mercedes-Werkstatt auf die Grube zu gehen. Das Fahrzeug sei in einem bemerkenswert guten Zustand, so Wollenberg. Es sei kaum im Winter gefahren worden und man habe damals kein Salz gestreut.

Dann hieß es vor allem, behutsam ranzugehen, ohne etwas kaputt zu machen, erzählt Markus Jauch. Bestes Beispiel waren die maroden Zündkabel, mit denen alles begann. Stunden habe man gebraucht, um diese festgefaulten mehr als 80 Jahre alten Kabel aus der Verteilerkappe herauszubekommen. Bei einer Retro-Firma fand man äußerlich ähnlich aussehende, mit Stoff ummantelte Kupferkabel, die die alten Aluminiumkabel ersetzten. Einen Schaltplan gab es nicht, den habe man selbst erstellt. Sämtliche Öle wurden gewechselt, alles neu abgeschmiert. Anlasser, Vergaser, Kraftstoffleitungen und die Hupe wurden zerlegt, entrostet und wieder zusammengebaut. Der alte undichte 150-Liter-Tank unter dem Sitz wurde mit Hilfe einer Firma aus Pfohren ersetzt. Die vorderen Kotflügel wurden instand gesetzt, der Suchscheinwerfer wurde repariert. Der Rahmen wurde entrostet und im Original-Farbton neu gestrichen. Die Kurbel wurde wieder gängig gemacht.

Im vergangenen Sommer mussten dann die Vollgummireifen erneuert werden. Sie waren ausgebrochen und liefen unrund. Nachdem ein Sponsor gefunden war, wurden alle vier Räder abmontiert und an eine Spezialwerkstatt in Norddeutschland geschickt, die auf Kutschen und Oldtimer spezialisiert ist. Dort wurde eine Schicht von etwa drei Zentimetern abgedreht und neu aufvulkanisiert. Währenddessen stand der Oldtimer aufgebockt im Feuerwehrgerätehaus und die hinteren Bremsen sowie die Steckachse wurden geprüft. Leider kam es während der Bearbeitung der vorderen Gussfelgen zu einem Maschinenbrand. Zum Glück wurden dabei nur die Lager beschädigt, die kostenlos ersetzt wurden.

Doch es gibt immer noch Baustellen. Der undichte Kühler ist notdürftig geflickt, das ist noch ein Zukunftsprojekt, sagt Markus Jauch. Es fehle an einem Geldgeber. Ein weiteres Thema ist die Pumpe, die durch das lange Stehen festgerostet ist. Diese Pumpe hat für damals eine beachtliche Förderleistung von 1150 Liter pro Minute – heutzutage sind 1600 bis 2000 Liter pro Minute üblich. Eine weitere Herausforderung ist es für die Bastler jedes Mal, einen Platz zu finden, an dem sie in Ruhe schrauben und auch einmal etwas liegen lassen können. Beide sind sich einig: Es wäre schön, wenn im Jahr 2024, pünktlich zum 100. Geburtstag des Magirus, alles fertig wäre. Das größte Vergnügen der beiden Bastler ist es, das Fahrzeug zu bewegen. Meist fährt Christian Wollenberg: Beim Schalten müsse man Zwischengas geben, man brauche viel Gefühl und müsse immer vorausschauend fahren und Abstand halten, denn der Bremsweg sei extrem lang, erklärt er. Gelernt hat Wollenberg das Fahren bei einem alten Lastwagen-Fahrer, im Trockentraining mit drei Brettern und einem Besenstiel.

Einfach starten geht nicht: Erstmal heißt es Schmieren, Benzin mit Bleizusatz tanken und gemütlich warm laufen lassen. Das Fahrzeug hat noch Schmiertöpfe, in die mit einem Löffel Fett gefüllt werden muss. Da sei man oft zwei Stunden nur am Abschmieren, erklären Jauch und Wollenberg. Nicht jedes Mal, aber in gewissen Abständen. In der Regel heiße es: Zehn Stunden Schrauben – zehn Minuten fahren. Außerdem ist – auch wenn das Auto nur 50 Kilometer im Jahr bewegt wird – regelmäßig ein Ölwechsel fällig. Vierzehn Liter unlegiertes Öl, das schon zweimal von einem Heizölhändler aus der Region spendiert wurde. Aber es lohne sich. Denn überall, wo die beiden mit dem Fahrzeug auftauchen, ist es ein Blickfang, und darauf sind sie stolz. Und wenn der Zielort zu weit ist, wird das Fahrzeug mit einem Tieflader transportiert, um es zu schonen.

Die beiden ehrenamtlichen Bastler: Christian Wollenberg ist 43 Jahre alt, von Beruf ist er KFZ-Mechaniker und seit 1996 Mitglied in der Feuerwehr. Die robuste, einfache Art des Feuerwehr-Fahrzeugs aus dem Jahr 1924 habe ihn sofort fasziniert. Sein Vater war gelernter Schmid, und so sei ihm das Basteln sozusagen in die Wiege gelegt worden. Markus Jauch ist 49 Jahre alt, seit 1984 in der Feuerwehr Donaueschingen, hat Maurer gelernt und vor drei Jahren eine Umschulung zum Qualitätsprüfer gemacht. Er habe immer gerne geschraubt, sagt er. Und sein Sohn Dennis ist Landmaschinenmechaniker. Das Fahrzeug: Jahrelang hatte sich der Donaueschinger Feuerwehrkommandant Oskar Baumeister für den Kauf einer Motorspritze eingesetzt, bis im Jahr 1924 der Gemeinderat zustimmte. Die neue Magirus-Motorspritze KS12 "Remscheid" kostete 21 000 Goldmark und wurde am Kreisfeuerwehrtag, der am 26. und 27. Juli 1924 in Donaueschingen stattfand, in Dienst gestellt. Am 8. September 1924 kam es zum Eklat zwischen dem Bürgermeister und Feuerwehrkommandant Baumeister, weil zur Unterbringung des neuen Fahrzeugs ein Umbau am Spritzenhaus notwendig war. Baumeister trat zunächst zurück, übernahm aber sein Amt wieder, nachdem ihm alle Feuerwehrmänner das Vertrauen ausgesprochen hatten. Das neue Auto hat einen Vierzylindermotor mit sechs Litern Hubraum und einer Leistung von 40 PS bei 1100 U/min, der Verbrauch liegt bei 32 Litern pro 100 Kilometer. Das Fahrzeug leistete gute Dienste bei vielen Bränden – auch als Überlandhilfe, und vor allem bei den Bombenangriffen im Jahr 1945. Nach Kriegsende wurde es von den Donaueschingern in einer Scheune unter Stroh versteckt, um nicht in die Hände der Franzosen zu gelangen. 1949 wurde der Magirus nach 25 Jahren außer Dienst gestellt.