Im so genannten Konstanzer Mafia-Prozess geht es auch um die Schüsse, die am 27. Mai 2017 aus einem Fahrzeug auf das Fenster eines Lokals in Hüfingen abgegeben wurden. Die Staatsanwaltschaft wertet es als Strafaktion im Rahmen eines Streits um ein Rauschgiftgeschäft des Angeklagten Nicolo M., rechts im Bild sein Anwalt Kiriakos Sfatkidis. Foto: Deck

Von Schädelfund bis zu Schüssen. Hilfe beim Ergreifen eines Ladendiebs.

Donaueschingen/Hüfingen - Die Polizei hat regelmäßig mit skurrilen und außergewöhnlichen Fällen zu tun. Bei manchen kommen die Hintergründe irgendwann ans Licht.

Manche behalten ihr Geheimnis für immer für sich. Das sind einige spektakuläre Fälle aus dem vergangenen Jahrzehnt.

Mysteriöser Schädelfund bei Behla:

17. Dezember 2016: Jäger sind in einem Waldstück am Benzenberg unterwegs. An einem unwegsamen Waldhang südlich von Behla entdecken sie etwas in einem Dachsbau: Ein stark vermooster Teil eines Menschenknochens. Die Kriminalpolizei Villingen wird eingeschalten und kann den Schädel zuordnen. Allerdings erst ein Jahr später. Im selben Waldstück werden zerfetzte Kleidungsstücke und ein Personalausweis gefunden. Der Schädel gehört einem vermissten 33-jährigen Mann, wie die DNS-Analyse klärt. Der Mann stammt aus Donaueschingen und ist seit 2012 vermisst. Er ging keiner geregelten Arbeit nach, lebte bei seinem Vater, der selbst keine Beziehung zu ihm pflegte. Einen Anlass für eine Öffentlichkeitsfahndung habe es beim Verschwinden nicht gegeben. Man lässt den Fall auf sich beruhen. Ob Selbstmord oder Unfall – das kann nicht geklärt werden. Der Schädel bietet keinerlei Hinweise zur Todesursache. Das liegt auch daran, dass die weiteren menschlichen Überreste fehlen. Die haben sich wohl die Tiere geholt, vermuten die Ermittler, immerhin wurde der Schädel auch bei einem Dachsbau gefunden.

Schüsse in Hüfingen:

27. Mai 2017: Gegen 5.20 Uhr durchbricht lauter Knall die Stille in der Hüfinger Nacht. Mit einer scharfen Pistole werden mehrere Schüsse auf eine Gaststätte in der Hinterstadt abgefeuert. Aus einem Auto heraus zielt der Schütze Nicolo M. auf ein Fenster der Kneipe. Wie sich später herausstellen wird, gehört er in den Dunstkreis der italienischen Mafia. Eine Woche nach den Schüssen klicken die Handschellen. Bei einer groß organisierten Razzia im Schwarzwald-Baar-Kreis nimmt die Polizei 17 Personen fest. Ihnen wird in Konstanz vor dem Landgericht der Prozess gemacht. Der Vorwurf lautet auf bandenmäßigen Drogenhandel, Planung eines Juwelierüberfalls im italienischen Verona und – versuchten Mord. Letzteres aufgrund der Hüfinger Schüsse. Im Gasthaus befanden sich noch zwei Personen. Die Schüsse sollten einschüchtern. Die Tat und deren Vorspiel wurden von italienischen Ermittlern im Rahmen einer Abhörmaßnahme mitgeschnitten und den deutschen Kollegen zugespielt. Sie kommen den Verursachern schnell auf die Schliche. Mit hohen Haftstrafen endet für vier Hauptangeklagte schließlich der so genannte Mafia-Prozess 2019 in Konstanz. Fünf von ursprünglich elf Angeklagten wurden bereits verurteilt. Sie hatten weitgehend Geständnisse zu den Vorfällen abgelegt.

Der Rathaus-Spanner:

September 2017: Aufruhr im Donaueschinger Rathaus. Es ist damals publik geworden, dass ein Rathaus-Mitarbeiter in einem Personal-WC eine Videokamera aufgestellt hat. Das Ganze, um Kolleginnen heimlich zu filmen. Die Sache fliegt auf, und der mutmaßliche Voyeur muss umgehend seinen Schreibtisch räumen. Die Kamera war am Waschbecken angebracht. Überführt hat er sich selbst. Er hatte vergessen, Testaufnahmen zu löschen, die ihn selbst zeigten. Beim Tatbestand handelt es sich um ein Vergehen, eine Straftat minderschwerer Natur. Die Kriminalpolizei ermittelte und die Staatsanwaltschaft Konstanz erhob Anklage. Schließlich ermittelte die Kriminalpolizei, das Amtsgericht Donaueschingen erließ einen Strafbefehl. Die Angelegenheit mündete in einer Geldstrafe ohne Verhandlung.

Angriff auf den Türsteher:

14. Dezember 2017: Es ist Donnerstagabend, kurz vor Mitternacht. An der Tür der Diskothek "Okay" in der Raiffeisenstraße stehen die Besucher und warten darauf, ins Innere zu gelangen. Darunter befindet sich auch der damals 21-jährige Skelcim K., dem dort schon zu einem früheren Zeitpunkt Hausverbot erteilt wurde. Einer der Sicherheits-Mitarbeiter erkennt ihn, der Eintritt wird ihm verwehrt. Was dann passiert, könnte auch aus einer Krimi-Serie stammen. Skelcim K. zieht eine Waffe und schießt auf den Sicherheitsmann. Der wird schwer verletzt, schwebt in Lebensgefahr. Der Schütze flüchtet in einem weißen SUV, und wie sich später zeigen wird – auch aus Deutschland. Obwohl die Polizei sofort eine groß angelegte Fahndung eingeleitet hat, gelingt die Flucht. Im Mai 2019 wird Skelcim K. in der albanischen Hauptstadt Tirana gefasst und verhaftet. Da er per internationalem Haftbefehl gesucht wird, ist eine Auslieferung nach Deutschland impliziert.

Angriff auf eine Polizistin und Rollerflucht:

Februar 2018: Nikolaj Hinitschew ist mit seiner Familie im Drogeriemarkt am Posthof einkaufen. Die Alarmanlage eines Geschäftes schrillt los, zwei Jugendliche rennen davon. Hinitschew reagiert instinktiv, schwingt sich auf sein Fahrrad und nimmt die Verfolgung in Richtung Irmastraße auf. Er kann sie stellen. Seine Erfahrung als Ringer und das viele Krafttraining scheinen Eindruck zu schinden. Ein Beamter kommt, die Sache ist erledigt. Doch sind es nicht nur zwei Jugendliche. Zwei weitere befinden sich noch beim Drogeriemarkt. Während ihr Kollege zu Hinitschew unterwegs ist, kümmert sich eine Beamtin um sie. Was dann passiert, damit hat sie nicht gerechnet. Ein Jugendlicher türmt, der andere geht auf sie los. Der damals 16-Jährige schlägt der Polizistin massiv ins Gesicht, prügelt weiter, als sie zu Boden gegangen ist. Die Polizei konnte den damals 16-Jährigen zwar fassen, musste ihn aber wieder gehen lassen. Für einen Haftbefehl reicht die Kürze der Zeit nicht aus. Im April tritt der 16-Jährige wieder in Erscheinung. Er klaut in einer Nacht mehrere Roller, versenkt einen davon in der Breg bei Hüfingen. Er wird allerdings von Zeugen beobachtet, die Polizei kommt ihm auf die Fährte. Er flieht nach einer Chaos-Fahrt mit Roller durch Donaueschingen zu Fuß über den Siedlersteg an der Hermann-Fischer-Allee vor der Polizei. Dann geht es schnell: Der Staatsanwalt spricht mündlich einen Haftbefehl aus, die Donaueschinger Beamten können den Jugendlichen schließlich an einer Tankstelle festnehmen. Von der Untersuchungshaft geht es direkt vor das Jugendschöffengericht in Villingen-Schwenningen. Er wird zu einer Haftstrafe von zwei Jahren verurteilt, das allerdings ohne Bewährung. Er hatte zuvor mit der Menge seiner Taten mehrere Aktenordner der Polizei gefüllt.