Rückblick: Stadtpfarrer Heinrich Feuerstein war seit 1906 als Seelsorger in Donaueschingen verwurzelt

Ein Seelsorger, der in der Donaueschinger Stadtgesellschaft gut verwurzelt war: Heinrich Feurstein hat sich um seine Schäfchen auf vielen Ebenen gekümmert.

Donaueschingen. Sei es in den zehn katholischen Vereinen der Stadt, sei es mit dem Bau von Wohnungen und vielfachem Engagement für notleidende Menschen. Hubert Herrmann, viele Jahre aktiv in der Kolpingfamilie, und Folkhard Cremer, Denkmalinventarisator beim Landesdenkmalamt, warfen in ihren Vorträgen im Mariensaal ein Licht auf ganz besondere Tugenden des Seelsorgers.

Nachdem er 1906 seine Arbeit in Donaueschingen aufgenommen hatte, begann Heinrich Feurstein damit, katholische Vereine zu fördern und neue zu gründen. Herrmann nannte den Gesellenverein, den Arbeiterverein, einen Dienstbotenverein, einen Christuskreis für Jungmänner: So wirkte Feurstein in die Donaueschinger Stadtgesellschaft und ihre vielfältigen sozialen Gruppen hinein und half mit, "sie ein Stückweit gegen den Nationalsozialismus zu immunisieren". Feurstein setzt ganz konkret auch praktische Ideen um, so Herrmann.

So weigert sich Feurstein schon 1933, die Hakenkreuzfahne auf dem Pfarrhaus wehen zu lassen, wurde in der Folge vom bürgerlichen Donaueschingen geschnitten und vom gesellschaftlichen Leben praktisch ausgeschlossen. Eine neue Dimension war 1941 erreicht, als die Nazis Kirchenglocken für ihre Kriegszwecke beschlagnahmten: Schon lange vorher war Feurstein ins Visier der Gestapo geraten. Denn sein Kampf gegen die Vernichtung "lebensunwerten Lebens" durch Euthanasieärzte und so schreckliche Handlanger wie den Lagerarzt Hanns Eisele waren Schläge ins Gesicht der Nazi-Schergen. Kunsthistoriker Folkhard Cremer richtet seinen Blick auf die baugeschichtliche Entwicklung. Nach dem sprunghaften Anwachsen der Bevölkerung begann 1919, getragen von der gemeinnützigen Bezirksbaugenossenschaft Donaueschingen, der Bau der Eilesiedlung an der Brigach. Feurstein hatte schon 1908, nach dem Stadtbrand, das Ziel verfolgt, zehn Wohnhäuser zu bauen. Aber nur drei konnten mangels fehlender Mittel realisiert werden. Die Wohnungsnot war groß. Durch wachsende Industrie und den Standort als Garnison verschärft sich die Lage in Donaueschingen. Ein großes Problem waren fehlende Mittel: Im Verlauf der 1920er-Jahre kämpften die Menschen mit einer gigantischen Inflation, Bauarbeiten wurden nur noch im Tagelohn erledigt, Baugeld büßte von Tag zu Tag Millionenwerte ein. Trotzdem standen 1924 schon 15 neue Siedlungshäuser. Die Marienkirche mit 700 Sitzplätzen setzte Akzente in dem Viertel. Einer der Architekten war Joseph Wehinger, der auch die Rathäuser in Allmendshofen oder in Sunthausen gebaut hat. Die Siedlung selbst umfasst 1930 insgesamt 37 Häuser, die unverkennbar sind: traditionalistische Bauweise und Heimatstil, so bezeichnet Cremer die Architektur der Eile-Siedlung. Eine Besonderheit bildet das Ziehharmonikahaus in der Konradin-Kreutzer-Straße 7 bis 9, wo dreieckige Fassaden-Vorsprünge an eine Ziehharmonika erinnern.

Die Bezirksbaugenossenschaft ist 1919 entstanden und feiert kommendes Jahr bereits das 100-jährige Bestehen. 215 Wohnungen sind heute in 41 Mehrfamilienhäusern untergebracht. Donaueschingens Stadtpfarrer Heinrich Feurstein hat bereits 1908 eine erste Genossenschaft gegründet. Er hat sich das Ziel gesetzt, den Wohnungsbau anzukurbeln. Bei Gründung wurden 118 Anteile zu jeweils 200 Mark gezeichnet. Doch die Genossenschaft stand unter einem schlechten Stern. Bereits 1913 scheiterte das Unternehmen: Am Beginn des Erstes Weltkriegs wurden vorhandene Mittel der Kriegsvorbereitung unterworfen. 1919 wurde dann die gemeinnützige BBG gegründet, eine rege Bautätigkeit setzte ein, die Eile-Siedlung entstand in ihren Grundzügen. Wohnungsnot herrschte nach dem 1.Weltkrieg, Industriebetriebe wuchsen und nachdem Donaueschingen 1913 Garnisonsstadt geworden war, stieg die Einwohnerzahl der Kernstadt von 3500 um gut 1000 oder rund 23 Prozent an. In Donaueschingen setzte ein Bauboom ein, von 1919 bis 1929 entstanden 1000 neue Wohnungen. Dazu gehörten auch 37 neue Häuser, die von der Bezirksbaugenossenschaft gebaut wurden. Entlang der Brigach in der heutigen Hermann-Fischer-Allee und dahinter in der Konradin-Kreutzer-Straße, in der Luisen-, Friedrich- und Eilestraße. Die Marienkirche: stand bereits ab 1927 im Zentrum dieses Viertels. Sie wurde, weil es am Geld fehlte, ohne Turm gebaut. Dieser entstand erst 1958, als Pfarrei und Stadt Donaueschingen wieder über Geld verfügten. Aber in den 1920er-Jahren war die Marienkirche ein erster moderner Kirchenbau mit expressionistischen Bögen und einem Rückgriff auf die Gotik. Das Baugelände hat Feurstein zum silbernen Priesterjubiläum als Geschenk bekommen. Eile kommt eigentlich vom Wort "Äule", das heißt "kleine Aue" und erinnert an die Lage im Bereich der Brigach-Uferzone. Daraus ist dann der Name Eile-Siedlung geworden.