Andreas Rütschlin hat sich an der 1989 gebauten rein mechanischen Remy-Mahler-Orgel in der Donaueschinger Christuskirche seit 2019 als Kirchenmusiker neben Kantorin Antje Schweitzer bestens eingespielt. Foto: Winkelmann-Klingsporn Foto: Schwarzwälder Bote

Kirchenmusik: Evangelische Kantorei vor 100 Jahren gegründet / Stimmbildung und Proben laufen derzeit online

Kirchenmusik ist ein Schwerpunkt und Markenzeichen der evangelischen Christus-Kirchengemeinde Donaueschingen. Vor 100 Jahren wurde die Kantorei der damals noch relativ jungen Diasporagemeinde in Donaueschingen gegründet.

Donaueschingen. Anspruchsvolle Kirchenmusik und Chorarbeit sind für viele Gemeindeglieder und Gottesdienstbesucher geschätztes Moment der Gemeindearbeit. Seit Beginn der Corona-Einschränkungen, wo weder Kantorei-Proben noch Auftritte im Gottesdienst oder Konzerte möglich sind, wird das umso deutlicher.

Der runde Geburtstag fand am 12. Januar ganz still statt, erzählen die Kantoren Antje Schweitzer und Andreas Rütschlin und erinnern an die Gründungsinitiative: Am 6. Januar 1921 trafen sich auf Anregung des damaligen Stadtpfarrers Karl Bender "sangesfreudige Damen und Herren" in der Sakristei der Christuskirche zur Gründungsversammlung eines Kirchenchores. Die Bestätigung durch den Kirchengemeinderat erfolgte am 12. Januar.

Die Sänger gestalten Konzerte und Oratorien

Seitdem singt die Kantorei regelmäßig in den Gottesdiensten der Christuskirche. Die aktuell etwa 60 Sänger gestalten Chorkonzerte und Oratorien, unter anderem Bachs Weihnachtsoratorium, das Mozart-Requiem, Rossinis Petite Messe Solennelle, Passionsvertonungen von Reinhard Keiser und Heinrich Schütz und andere Werke. Mit Gabriel Faures Requiem war die Kantorei 2004 in der Partnerstadt Saverne zu Gast und 2009 sang sie Dvoraks Messe D-Dur beim Festival Váci Világi Vigalom in Vác/Ungarn.

Für Menschen, die nicht die Zeit für wöchentliche Chorproben haben oder sich auch einfach mal in einem Chor unverbindlich ausprobieren wollen, werden Chorprojekte zur Gestaltung von Festgottesdiensten angeboten. Im Kinder- und Jugendchor kümmert sich Antje Schweizer um die Heranbildung des Nachwuchses für die Kantorei.

Horst Fischer, langjähriges Chormitglied, hat in der Kirchengemeinde und im landeskirchlichen Archiv in Karlsruhe in alten Unterlagen gestöbert und viel Interessantes zur Geschichte der Kantorei ans Licht gebracht.

So wurde der Kirchenchor bereits in seinen ersten Jahren von der Kirchengemeinde finanziert. Auch die Stadt steuerte jährlich eine finanzielle Unterstützung bei. In der Chorsatzung ist das Ziel formuliert: "Verschönerung der Festgottesdienste durch gemischten Chorgesang. Ferner die Aufgabe, Kirchenkonzerte und sonstige Aufführungen zu veranstalten."

Im Dritten Reich machten die Nationalsozialisten den Kirchenchören immer wieder Schwierigkeiten. Nach der Wiederinstandsetzung der Christuskirche 1949 konnte der Kirchenchor unter dem Titel "Kantorei" weiter bestehen. Aber noch im April 1955 heißt es aus dem Oberkirchenrat, dass "ein hauptamtlicher Kirchenmusiker für Donaueschingen nicht in Frage" komme.

Immerhin, 1957 erhielt der Kirchenmusiker Siegfried Neuber einen Vertrag mit Aussicht auf eine hauptamtliche Stelle. Und damit bekam die evangelische Kirchenmusik in Donaueschingen ein ganz neues Niveau. Neuber sorgte im Rahmen seiner erst teilweise hauptamtlichen Anstellung als Kantor zielstrebig für die Ausweitung der Kantoreiarbeit, die Gründung des Madrigalchors als Konzertchor mit Auftritten auch außerhalb von Donaueschingen und Orgelkonzerte in der Christuskirche. Seine Frau Gerlinde gründete die Kinder-Kurrende, die in ihrer Tracht aus dem Erzgebirge mit langen schwarzen Gewändern und breiten schwarzen Kragen beim traditionellen Adventskonzert großen Eindruck machte.

1977 übernahm Siegfried Neuber eine neue Aufgabe in Eschwege. Nach fünf weiteren Kantoren kam 2002 mit Antje Schweitzer die erste Kantorin nach Donaueschingen. Inzwischen teilt sie sich das Amt mit Andreas Rütschlin.

Auf die Corona-Bedingungen haben sich Antje Schweitzer und Andreas Rütschlin längst eingestellt. Mit der Kantorei gibt es derzeit keine Präsenzprobleme, sagt Schweitzer. Die Chormitglieder bekämen jeden Montagabend eine Mail zugeschickt mit einem Video für einen Online-Stimmbildungskurs. Und auch mit dem Kinderchor habe sie vergangene Woche begonnen, online zu proben. Doch sie betont: "Natürlich hoffen wir sehr, dass sich die Lage bald verändert und wir mit den Chören wenigstens zur Kleingruppenlösung zurückkehren können." Aber wirklich planen könne man derzeit eben noch nicht.

Auf den ersten Kantor an der Christuskirche, Siegfried Neuber, folgten Hans-Joachim Pluskat, Hermann Feist, Christoph Martin, Bernhard Monninger und Antje Schweitzer (2002), die sich das Amt seit 2019 mit Andreas Rütschlin teilt. Zu den aktuellen Aufgaben im Donaueschinger Kantorat zählen neben der Chorarbeit Orgel- und Instrumentalunterricht und weitere Aufgaben auf Kirchenbezirksebene.Informationen im Internet:https://ekido.de