Auch mit 80 Jahren denkt Walter Erndle noch nicht ans Aufhören: Im Autohaus der Familie, das mittlerweile von seinen Söhnen Jürgen und Roland geführt wird, ist er der Chef über das Lager und beginnt täglich um sechs Uhr mit der Arbeit. Foto: Jakober Foto: Schwarzwälder Bote

Portrait: Walter Erndle feiert am 1. November Geburtstag / An Ruhestand denkt der Geschäftsmann nicht

Jeden Morgen aufzustehen und zur Arbeit zu gehen, ist eigentlich nichts Besonderes. Es gibt auch etliche, die ihren Tag früh starten und schon um sechs Uhr am Arbeitsplatz anzutreffen sind. Doch unter den 80-Jährigen ist so etwas sehr selten zu finden.

Donaueschingen/Aasen (jak). Zwar wird Walter Erndle an seinem Geburtstag wohl nicht ins Autohaus gehen. Aber das liegt nicht daran, dass er schon ans Aufhören denkt, sondern daran, dass sein 80. auf den Feiertag Allerheiligen fällt.

Nun könnte Walter Erndle mit stolz geschwellter Brust durchs Leben gehen, schließlich hat er aus dem Nichts ein Autohaus aufgebaut und ein Familienunternehmen geschaffen. Auch dass er jeden Tag noch zur Arbeit geht und sich um das Lager kümmert, ist nicht alltäglich. Doch Walter Erndle ist nicht der Mann vieler Worte, sondern einer der Taten. Der anpackt, der schafft und der sich einbringt.

Den Grundstein für das Familienunternehmen legte Walter Erndle allerdings nicht in Donaueschingen, wo das Autohaus heute zu finden ist, sondern in Geisingen.

Als "junger Kerle" eröffnete er mit einem Bekannten, den er auf der Meisterschule kennengelernt hatte, eine kleine Werkstatt. "Wir haben eine Scheune gemietet, eine Grube ausgehoben und Schienen einbetoniert", erinnert sich der gebürtige Aasener. So einfach ging es damals und schon konnten die beiden mit der Arbeit beginnen. "Wir waren richtig stolz."

Als sich 1966 die Möglichkeit bot, in Geisingen die Aral-Tankstelle zu pachten, trennten sich die Wege der beiden – im Guten. Nebenbei baute Erndle das Autohaus auf. Zuerst gab es bei ihm die Marke Nissan, später dazu noch Mitsubishi und schließlich nur noch Mitsubishi – es waren die ersten Japaner, die man auf der Baar kaufen konnte, so Erndle.

Das war vor mehr als 40 Jahren, und da gehört auch unternehmerischer Spürsinn dazu. "Es gab Höhen und Tiefen. Aber eigentlich sind wir immer richtig gelegen", sagt Walter Erndle. Nur einmal, da lief es nicht so gut. Das lag an Mercedes und Mitsubishi, die sich in die Haare bekommen hatten. Lange Zeit gab es keine neuen Modelle mehr von Mitsubishi. "Versuchen Sie mal, jemandem, der ein neues Auto kaufen will, ein acht Jahre altes Modell zu verkaufen", blickt Erndle zurück. Damals habe er schon überlegt, ob er vielleicht doch noch eine andere Automobilmarke hinzunehmen soll. Doch irgendwann war auch der Mercedes-Mitsubishi-Streit beendet und es gab neue Modelle.

Jürgen und Roland Erndle treten in Fußstapfen des Vaters

Doch früher oder später muss sich auch der rührigste Chef Gedanken um seine Nachfolge machen. "Andere finden überhaupt keinen Nachfolger, ich habe gleich zwei", sagt der Seniorchef sichtlich stolz. Denn die Söhne Roland und Jürgen – beide schon von Kindesbeinen an im Autohaus und in der Werkstatt unterwegs, weil sich viel Familienleben dort abgespielt hat und dies auch noch immer tut – sind in seine Fußstapfen getreten und führen das Autohaus weiter. "Das ist schon eine Seltenheit und die beiden machen das ganz gut."

Wer Walter Erndle kennt, der weiß, dass das ein riesen Kompliment für sein "beiden Kerle" ist.

Während die beiden Mädchen Claudia und Angela mittlerweile in Oberkirch und in der Schweiz wohnen, sind die beiden Söhne in Donaueschingen bestens bekannt. Nicht nur beruflich folgen sie dem Weg des Vaters. Sondern auch politisch – das liberale Gedankengut hat er an beide weitergegeben. Zwar saß er nie im Gemeinderat, doch eine Legislaturperiode im Ortschaftsrat von Aasen war auch drin. Und in der FDP war er vorne mit dabei. "Wir waren eine junge Truppe um Udo Reichmann."

Legendär war das Waldfest, das die Jungen Liberalen auf dem Aasener Kapf organisierten. So legendär, dass selbst Walter Scheel dort zu Gast war – allerdings, bevor er Bundespräsident wurde. Gerne hat sich Scheel zu Lebzeiten an das Waldfest erinnert, auch wenn er im Wettmähen dann doch gegen den Pfohrener Martin Reichmann, FDP-Bundestagsabgeordneter und Landwirt, das Nachsehen hatte. Walter Erndel denkt gern an diese Zeit zurück.

Nicht nur politisch engagierte er sich, sondern auch in Vereinen, besonders beim SV Aasen, wo er als Jugendtrainer auf dem Platz stand. "Manchmal frage ich mich, wie ich das zeitlich alles geschafft habe."

Als die Nachfolge feststand, trafen Vater und Söhne eine Entscheidung für die Zukunft des Unternehmens: ein Neubau in Donaueschingen. "Der Steuerberater hat uns davon abgeraten, und leicht war das nicht." Ein Architekt wurde beauftragt. "Als er die ersten Zahlen präsentiert hat, habe ich gesagt, dass er sofort mit Planen aufhören soll, wir wären sonst noch pleite, bevor er überhaupt fertig ist", erinnert sich Walter Erndle. Der Seniorchef nahm das Projekt selbst in der Hand. Nutzte den Sonntag, um durch die Gegend zu fahren und sich inspirieren lassen. Die Idee, über dem Autohaus zwei Wohnungen – eine für jeden Sohn – zu bauen, stammte von ihm.

Gegen 14 Uhr macht Walter Erndle Feierabend. "Ich mache aber auch nur eine halbe Stunde Pause", entschuldigt er sich beinahe. Dann legt er allerdings nicht die Füße hoch. "Ich bastle gerne Vogelhäuschen und wenn man die überall aufgehängt hat, dann muss man sich auch darum kümmern." Und wenn er der Meinung ist, dass irgendwo ein Baum hingehört, dann pflanzt er ihn einfach. Ohne große Worte. Ein Mann der Tat eben.

Das Autohaus Erndle gibt es bereits seit mehr als 40 Jahren. In der Anfangszeit war es allerdings in Geisingen zu finden, wo Walter Erndle den Grundstein für das Familienunternehmen legte. Als die Söhne Jürgen und Roland sich bereit erklärten, das Autohaus weiterzuführen, stand 1994 ein Umzug nach Donaueschingen an. Gemeinsam führen die Brüder Erndle, die in Donaueschingen auch für die FDP/FW-Fraktion im Gemeinderat sitzen, das Lebenswerk des Vaters fort. Während Jürgen Erndle als Kfz-Elektrikermeister für den Verkauf verantwortlich ist, kümmert sich Bruder Roland als Kfz-Mechanikermeister um die Werkstatt und den Service.