Die Problematik, dass Medikamente nicht verfügbar sind, findet sich nicht nur in der Hofapotheke, sondern auch in der Rathaus- und der Sonnenapotheke. (Symbolfoto) Foto: dpa

Statt der verordneten Medikamente sind oft nur Generika verfügbar. Mitunter 200 Präparate.

Donaueschingen - Fast schon Alltag in den Donaueschinger Apotheken: Ein Patient steht am Tresen und verlangt sein vertrautes Schmerzmittel. Weil er nur dieses vertrage. Das Wunschpräparat gibt es aber nicht, sondern ein Generikum, also ein Präparat in gleicher Zusammensetzung.

Es folgt Überzeugungsarbeit, die Apotheker Florian Meess eigentlich lieber in die Beratung stecken würde. Ganz abgesehen davon, dass beim Griff zu einem ganz anderen Präparat die Rücksprache mit dem Arzt unumgänglich ist. Die Problematik, dass Medikamente nicht verfügbar sind, findet sich nicht nur in der Hofapotheke, sondern auch in der Rathaus- und der Sonnenapotheke. Beide betreibt Michael Ernst.

Er macht den Test am Computer, hält Kontakt zu seiner Apotheken-Softwarefirma. An diesem Nachmittag sind rund 200 Präparate nicht lieferbar. Konkret bei Medikamenten der Gruppe Blutdrucksenker und Schmerzmittel. Medikamente, die gegenwärtig häufig nicht lieferbar sind. Candesartan ist ein gängiges blutdrucksenkendes Arzneimittel, der Computer listet 26 Generika von denen sechs nicht lieferbar sind.

Ursache ist, dass die Wirkstoffhersteller meist in Fernost produzieren

Im Übrigen hilft es nichts, wenn – wie bei allen Apotheken – die Medikamente alle paar Stunden vom Großhändler geliefert werden. Denn diese versuchen die Medikamente einigermaßen gerecht an die Apotheken abzugeben, erläutert Rafael Benlloch Pont von der Rathausapotheke.

Die Ursachen definierten die Apotheker Meess und Ernst gleichermaßen. Sie liegen zum einen in einer Art Trichter. Wirkstoffhersteller, meist in Fernost angesiedelt, beliefern Pharmafirmen in Deutschland und Europa. Fällt einer aus, betrifft das gleich eine Vielzahl von Kunden. Deshalb wäre es eine Überlegung, die Rohstoff-Produktion zumindest nach Europa zu holen, sagt Florian Meess.

Er hat sich in der Hofapotheke spezialisiert auf die Medikamentenakquise. "Man muss entweder schnell sein und gegebenenfalls direkt die Firmen kontaktieren", so sein Rezept. Wo es um den Aufbau der eigenen Bevorratung geht, schwingt nichts mit, was dem Kunden Sorgen bereiten könnte: "Versorgen können wir die Leute immer", betont Ernst. Allerdings auch mal mit einer anderen Verpackung. Im Mittelpunkt stehe die Gesundheit der Patienten. "Und schon gar nicht möchten wir unseren Kunden etwas aufschwätzen."

So geht eventuell eine andere Schachtel einer anderen Herstellerfirma über den Tresen. Oder der Patient bekommt die bekannten Tabletten mit einer anderen Wirkstoffkonzentration: Das seien Situationen, in denen nicht nur Patienten, die Antidepressiva einnehmen, eine große Unsicherheit erfahren, sagt Benlloch Pont. Und für manchen alten Menschen sei es gar nicht so einfach, höher wirksame Tabletten entsprechend zu zerteilen. Und vor allem: "Der Patient hat für die Änderungen kein Verständnis."

Rücksprachen mit den Ärzten oder der Dialog mit den Firmen binden die Kapazitäten in den Apotheken. Doch noch ärgerlicher in der Lieferproblematik, da sind sich die Apotheker einig, ist das Prinzip der Rabattverträge. Im Kern geht es darum, dass die Krankenkassen mit einzelnen, meist preisgünstigen Anbietern zusammenarbeiten und sich Rabatte aushandeln. Deshalb verbleiben für die ausgeschriebenen Wirkstoffe nur wenige Hersteller auf dem Markt.

Das finanzielle Risiko aber trägt der Apotheker

"Die von den Krankenkassen vorgeschriebenen Rabattartikel müssen wir nehmen", sagt Peter Meess. Auch wenn die mitunter gar nicht lieferbar sind. Und dann? Es folgt eine Entscheidung zugunsten des Patienten. Er bekommt ein Medikament mit dem erforderlichen Wirkstoff ausgehändigt, das die Krankenkasse innerhalb ihres Rabattvertragswerks nicht befürwortet. Das finanzielle Risiko aber trägt der Apotheker.

Bürokratische Hürden die tägliche Praxis und Erstattung

Retaxation heißt der bürokratische Vorgang, durch den der Apotheker seine Erstattung anstrebt. Mehrmals im Monat blieben sie auf den Kosten sitzen, sagen die Meess. Man müsse sogar via Internetprotokoll nachweisen, dass ein bestimmtes Präparat während des Zeitpunktes der Rezepteinlösung nicht verfügbar war, ergänzt Ernst. Ein ganzer Ordner an Retaxationen zeugen von einem steten Ringen mit den Kassen.

Wie kann der Patient mit den systembedingten Engpässen umgehen? Er sollte zumindest nicht warten, bis die letzte Tablette seines Medikaments aufgebraucht ist, sind sich die Apotheker einig. Mit diesem vorausschauenden Handeln könne man den einen oder anderen Lieferengpass ausgleichen. "Manchmal sind das gerade mal zwei Wochen", weiß Florian Meess. Die andere Empfehlung heißt Vertrauen. Die Apotheker nähmen ihren Auftrag absolut ernst. Es gäbe keinen Grund, das Ergebnis der persönlichen und individuellen Beratung infrage zu stellen. Empfohlen wird auch, den Lieferengpässe der Krankenkasse zu melden.