Lehrer wegen sexueller Übergriffe auf Tochter auch in zweiter Instanz in Konstanz verurteilt.

Konstanz/Donaueschingen - Das Landgericht Konstanz hat die Verurteilung eines 65-jährigen ehemaligen Grundschullehrers wegen sexuellen Missbrauchs in 172 Fällen bestätigt. Tatopfer war eine seiner drei Töchter.

Auch die anderen beiden Töchter waren einschlägigen Übergriffen ausgesetzt, die aber nicht angeklagt wurden. Mit der jetzt getroffenen Entscheidung bleibt es für den Pädagogen bei zwei Jahren Haft, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurden. Als Auflage sind 10 000 Euro Geldbuße an das Kinderdorf Wahlwies zu bezahlen.

Der Angeklagte hat seine Töchter jahrelang zu äußerst entwürdigenden "Hygienekontrollen" gezwungen, die auch aus sexuellen Motiven durchgeführt wurden. Die inzwischen im Ausland lebende Mutter hat dies geduldet. Die gesamt fünf Kinder, zwei Söhne und drei Töchter, mussten sich abends nach dem Waschen nackt im Wohnzimmer aufstellen, wo die auf dem Sofa sitzenden Eltern sie am ganzen Körper berochen. Die Kontrolle der Mädchen war dem Angeklagten überlassen.

"Ich wollte Seife riechen"

Unter dem Vorwand erzieherischer Maßnahmen drückte er die Schenkel der nackten Mädchen auseinander, um sich mit Nase und zum Teil auch Fingern dem Genitale bis auf wenige Zentimeter zu nähern. "Ich wollte Seife riechen", rechtfertigte er sein Tun. Zum Teil schickte er die Mädchen bis zu vier Mal ins Bad zurück, um die "Kontrolle" mehrmals ausführen zu können. Die Kinder erlitten durch das häufige Waschen und Rubbeln mit stark parfümierten Seifen Hautschäden.

Im angeklagten Fall handelte es sich um den Zeitraum zwischen Anfang 1989 und April 1992. Die heute 30-jährige Tochter trat im Prozess als Nebenklägerin auf. Für das Gericht war es schwierig, dem Mann den Tatbestand des sexuellen Missbrauchs nachzuweisen. Denn "am Geschlechtsteil der Tochter riechen allein ist noch kein sexueller Missbrauch", machte das Gericht deutlich. Ausschlaggebend war, dass im Motivbündel des Angeklagten Hygiene eben nicht der einzige Grund für seine abstoßenden Maßnahmen war. Und dass von weiteren Übergriffen sexueller Art berichtet wurde, bei denen der Angeklagte den Mädchen beim abendlichen Vorlesen öfter unter das Nachthemd gegriffen hat.

Ein weiteres Indiz dafür, dass der Angeklagte sich der sexuellen Dimension seines Handelns sehr wohl bewusst gewesen sein musste, war die Tatsache, dass er die "Riechkontrollen" sofort beendete, nachdem eine seiner Töchter von ihrem Orgellehrer sexuell missbraucht worden war. Er behauptete jedoch, bei den Hygienekontrollen keinerlei sexuelle Motive gehabt zu haben. Ihm sei es lediglich um Sauberkeit gegangen.

Allerdings lebte die siebenköpfige Familie in einer nahezu verwahrlosten Wohnung, in der wenig Wert auf Sauberkeit und Ordnung gelegt wurde. Alle Kinder berichteten von einem Klima der Angst und Unterdrückung, das innerhalb der Familie geherrscht habe. Wenn sie sich widersetzten, seien sie von beiden Eltern mit Fäusten und Gegenständen grün und blau geprügelt worden. Das stark in der katholischen Kirchengemeinde engagierte Lehrerpaar war mit der Erziehung der fünf Kinder völlig überfordert, stand im erstinstanzlichen Urteil. Die Kinder tragen noch heute schwer an den Folgen dieser "Erziehung", die sie als perfides System der Erniedrigung und der Gewalt erlebten, gegen das sie sich nicht wehren konnten.