Landwirt Patrick Bossert bei seinen Kühen auf dem Feld bei Geisingen. Dass sie eine Wasserversorgung haben, sei selbstverständlich. Dennoch gab es einen Anruf von der Polizei. Die Person hatte kein Wasserfass gesehen und vermutete Tierquälerei. Foto: Simon

Patrick Bossert wird bei der Polizei angeprangert. Anrufer habe keine Kuh-Tränke gesehen.

Donaueschingen - Landwirt Patrick Bossert von den Fohrenhöfen ist verdutzt als der Anruf bei ihm eingeht. Die Polizei meldet sich am Telefon. Ob er denn für seine Kühe auf dem Feld bei Geisingen auch eine Wasserversorgung zur Verfügung stelle.

Bossert weiß erst nicht, was er sagen soll. "Eine Kuh trinkt rund 100 Liter Wasser am Tag. Zu glauben, ich würde die Tiere ohne Wasser auf die Weide lassen, das ist unglaublich", sagt er. Auch der Polizei erklärt er das.

Aber wieso dann der Anruf der Beamten? Bei denen hatte sich jemand gemeldet. Das war etwa vor zwei Wochen, als es extrem heiß war. Man habe die Kühe gesehen und kein Wasserfass entdeckt, aus dem sie sich mit Flüssigkeit versorgen könnten. Darauf folgte der Anruf bei der Polizei. Der Landwirt unter Generalverdacht der Tierquälerei.

Wasser gibt es natürlich für die Kühe. Die Versorgung ist allerdings von der Straße aus nicht zu erkennen. Auf dem Feld befindet sich auf dem Boden nahe dem Donauufer eine Pumpe. In der Art erinnert sie an die klassischen Schwengelpumpen, lediglich etwas kleiner und flacher. Sie ist direkt mit der weiter unten im Gelände dahinfließenden Donau verbunden. Hat eine Kuh Durst, drückt sie mit ihrer Schnauze die Pumpe und frisches Wasser strömt in einen Napf. Für Bossert eine optimale Lösung. Auch besser, als ein Wasserfass aufzustellen: "Das muss täglich aufgefüllt werden, außerdem wird das Wasser darin warm, wenn die Sonne draufknallt." So seien die Kühe mit frischem, kühlem Nass versorgt. "Die beste Art, die Tiere zu tränken." Was allerdings notwendig ist: ein täglicher Kontrollgang, um die Funktionalität sicherzustellen.

Der Landwirt sieht in dem Anruf der Polizei Auswirkungen einer Entwicklung, die schon geraume Zeit läuft: Teile der Bevölkerung entfremden sich immer weiter. Insbesondere von der Landwirtschaft. Kleinere Höfe sind vielfach gezwungen, ihren Betrieb aufzugeben, zu gering der Ertrag. Wo die Landwirtschaft auf dem Dorf Teil des Ortsbildes war, verschwindet sie. Lediglich größere Höfe schaffen es, zu bestehen. "Es gibt da ein wahnsinniges Defizit an Information", sagt Bossert. Als Landwirtschaftsmeister nehme er auch Abschlussprüfungen für angehende Landwirte ab. "Ich habe mich da auch mit meinen Kollegen unterhalten, dass da etwas gemacht werden muss."

Das Problem: Wie soll das neben dem täglichen Arbeitspensum gehen. Außerdem werde schon einiges unternommen, so etwa der Agrartag in Donaueschingen. Den habe man von Aasen in die Donauhallen verlegt, um dort zentraler zu sein, ein größeres Publikum anzusprechen.

Bossert sieht jedoch auch die Bevölkerung in der Pflicht: "Es geht darum sich zu informieren und nicht populistisch zu proleten, was irgendwo aufgeschnappt wurde." Populismus wird dann zum Problem, wenn es dafür auch einen Aufhänger gibt. Und das sind aktuell die Vorfälle im Allgäu. Dort sind Videoaufnahmen aufgetaucht, die zeigen, wie auf einem Milchviehbetrieb Tiere misshandelt werden: Kühe werden getreten und geschlagen und mit einem Traktor durch einen Stall geschleift. "Was da passiert ist, ist nicht in Ordnung. Es sind schlimme Bilder und es wirkt sich sofort auf die gesamte Landwirtschaft aus." Der Verbraucher müsse sich davon lösen, dass eine Kuh ein Schoßhund sei: "Es handelt sich dabei um ein Nutztier. Dennoch hat es aber ein Recht darauf, entsprechend seiner Bedürfnisse gehalten zu werden", sagt Bossert.

Für ihn sei es nicht das erste Mal, dass er an den Pranger gestellt werde: "Es hat sich jemand beim Landwirtschaftsamt gemeldet und gesagt, meine Kühe hätten keine Beschattung." Andere Landwirte berichten ähnliche Vorfälle: "Immer wieder bekommen wir das mit." Dabei sei man offen, lade ein, zeige sich. "Da kommen dann aber nicht jene Leute, die auch die Polizei anrufen. Sie sollten vielleicht mal den Kontakt suchen und nicht einfach einen Verdacht erheben." Lösen könne man so etwas nur im Dialog.

Insbesondere von Milchviehhaltern wird seit den Vorfällen im Allgäu davon berichtet, dass Privatpersonen sich ungefragt Zugang zu ihren Ställen verschaffen und Fotos machen. Der Bund Deutscher Milchviehhalter (BDM) weist darauf hin, dass dies einen Hausfriedensbruch darstellen und zur Anzeige gebracht werden kann. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Aufdeckung eines Tierhaltungsskandals dazu führe, dass alle Milchbetriebe unter Pauschalverdacht gestellt werden und Privatpersonen mit Belohnungen für Skandalbilder ermuntert werden, sich ansatzlos Zugang zu Milchviehbetrieben zu verschaffen.