Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes drehen ihre Runden um die Erstaufnahme-Einrichtung für Flüchtlinge in der Friedhofstraße im April 2018. Damals wurde die Einrichtung noch genutzt, mittlerweile sind alle Bewohner bereits ausgezogen. Foto: Archivfoto: Simon

Letzte Flüchtlinge sind ausgezogen. Künftig dort neuer Stadtteil am Buchberg.

Donaueschingen - Die Erstaufnahme für Flüchtlinge in der Friedhofstraße wird bald zu einem Teil der Donaueschinger Geschichte. Die letzten Bewohner sind ausgezogen. Was bleibt, sind vorerst die Gebäude und ein Bereitschaftsmodus, sollte die Einrichtung überraschend noch mal kurzfristig gebraucht werden.

Spätestens im Juni 2020 ist jedoch endgültig alles vorbei. Der Bereich wird dann schließlich neu gestaltet und Teil des neuen Stadtteils am Buchberg.

2015 die ersten Flüchtlinge

Dass dort Ruhe herrscht, war nicht immer der Fall. Besonders im August 2015, als die ersten Flüchtlinge in der Stadt ankamen und es galt, möglichst schnell tausende Leute zu versorgen und unterzubringen. Helfer, die dort zuerst ehrenamtlich im Einsatz waren, taten das am Ende jenes Jahres auch hauptamtlich, weiß Maria del Carmen Limberger, zuständig für die Sozial- und Verfahrensberatung bei der Caritas. Es ist schließlich ein Verbund verschiedener Vereine und Institutionen, die die anfallenden Aufgaben in der Erstaufnahmeeinrichtung stemmen: Caritas, Rotes Kreuz, Caring Hand, Regierungspräsidium, Stadt, Caterer Primus, der etwa dafür sorgt, dass es bei den Feiertagen auch etwas Besonderes zu essen gibt. Sei es bei Zuckerfest, Weihnachten, Ramadan.

Schließlich sind etwa 2400 Leute aus vielen verschiedenen Nationen in der Stadt untergebracht, zeitweise darunter bis zu 800 Kinder. "Thomas Gähme vom Roten Kreuz hat geschaut, wo man Möbel für die Leute herbekommen kann", sagt Limberger. Gähme ist Ehrenamtskoordinator, leitet schließlich die Erst-Orientierungs-Kurse für die Flüchtlinge: "Darin lernen sie alles über Deutschland. Das ist aufgegliedert in Module und sehr handlungsorientiert. Gelernt wird, was für den Alltag wichtig ist", so Limberger.

Etliche Menschen kümmern sich darum, an der Friedhofstraße zu organisieren und zu strukturieren: "Routine ist dabei nie aufgekommen. Bewohner kamen und gingen. Man hatte ständig mit anderen Personen zu tun", sagt Limberger. Die Klientel ändert sich ständig. Das bedeutet: "Wir mussten umdenken und flexibel sein."

Traumatisierte Menschen

Das bedeutet auch, dass viele Arbeitsstunden anfallen. Die Arbeit geschehe mit Menschen, für die man sich interessiere, an deren Schicksal man auch Anteil nehme. Themen wie Menschenhandel oder Genitalverstümmelung schlagen auf. Traumatisierte müssen behandelt werden, ein großes Netzwerk zu Organisationen wird aufgebaut, die bei dieser Arbeit helfen. Olga Schulz leitet eine Stabilisierungsgruppe für Menschen mit Traumata. Darin werden die Flüchtlinge auch künstlerisch tätig, zeichnen Donaueschingen, die Erstaufnahme-Einrichtung.

Heimleiter ist Mustapha Abassi von Caring Hand. "Er teilte die Zimmer ein, sorgte dafür, dass die Leute alles hatten, was sie brauchten. Ohne Caring Hand und die Absprache unter den Beteiligten wäre es nicht möglich gewesen, die Unterbringung zu stemmen", erklärt Limberger. Abassi war dabei nicht nur Heimleiter, sondern Ansprechpartner in etlichen Angelegenheiten. Und das quasi rund um die Uhr.

Als es zu hitzigen Situationen in der Einrichtung kommt, schlichtet er. Etwa als ein Bewohner aggressiv wird, ein Messer in der Hand hält. "Abassi kam, sprach zwei Sätze in arabischer Sprache und nahm ihm das Messer ab. Die Bewohner hatten unglaublich viel Respekt vor ihm."

Was die Mitarbeiter in der Einrichtung alles erleben, muss jedoch auch von ihnen verarbeitet werden: "Von 9 bis 13 Uhr hatten wir offene Sprechzeit. Danach gab es eine Stunde Pause, in der wir uns ausgetauscht haben. Es war sehr hilfreich, sich gegenseitig zu unterstützen", erklärt Limberger.

Gewaltschutzkonzept erarbeitet

Eigens für die Einrichtung wird ein Gewaltschutzkonzept erarbeitet, eine Risiko-Analyse mit Mitarbeitern, Bewohnern und dem Sicherheits-Personal.

Ein Ablaufplan entsteht, der zielgerichtet funktioniert. Dazu zählt auch Prävention: "Wenn Frauen kamen und fragten, wo sie ihre Tochter beschneiden lassen könnten, dann klärten wir auf. Über die rechtliche Situation, wie das hier aufgefasst wird", so Limberger. Die Abläufe werden optimiert, um schnell und flexibel reagieren zu können. Es gibt eine 24-Stunden-Beratung, Anlaufstellen rund um die Uhr. "Es gab keinen Tag, der gleich war. Immer gab es eine andere Herausforderung."

Was sie durch ihre Arbeit in der Einrichtung draußen zu hören bekam, war jedoch nicht nur positiv: "Ich erinnere mich an einen Mann, der mit einem Kind auf den Schultern vor der Einrichtung stand. Er sagte mir, man sollte alle umbringen, die jenen helfen, die uns alles wegnehmen." Beim Gang durch die Einrichtung habe sie sich allerdings sicherer gefühlt, als draußen in einem Park. Die Einrichtung ist jetzt leer: "Es war keine leichte Zeit, aber alle haben es mit Herz gemacht. Eine Lebensschule."

Die Malereien, die von den Bewohner der Erstaufnahme gezeichnet wurden, können als Wanderausstellung auch ausgeliehen werden. Sie waren bereits bei der Interkulturellen Woche im Kulturbahnhof zu sehen. Anfragen an carmen.limberger@caritas-sbk.de. Zu sehen sind verschiedene Motive, darunter viele Gebäude aus Donaueschingen und der Einrichtung.