Wie kann es gelingen, die Karlstraße attraktiver zu gestalten, um Touristen von der Quelle weiter in die Innenstadt zu locken? Fotos: Simon Foto: Schwarzwälder Bote

IHK-Unternehmerfrühstück: Höhere Aufenthaltsqualität lautet das Ziel / Bestandsaufnahme steht an

Handel und Tourismus sind enorm wichtig für eine Stadt. Nicht nur sorgen sie für neue Einflüsse und beleben das Stadtbild.

Donaueschingen (guy). Sie lassen auch noch eine Hinterlassenschaft zurück, und zwar in klingender Münze: "Ein durchschnittlicher Tagesreisender lässt etwa 28 Euro in einem Ort. 48 Prozent davon gehen an den Einzelhandel", sagte Anne Spreitzer von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwarzwald-Baar-Heuberg.

Bei einem Unternehmerfrühstück hatte die IHK die Gewerbetreibenden der Umgebung dazu eingeladen, sich über den aktuellen Stand des Tourismuskonzeptes in Donaueschingen zu informieren und vor allem: etwas von der Situation aus Nagold zu erfahren. Die 50 Kilometer vor Stuttgart gelegene Stadt gilt als Paradebeispiel, was mit einer gezielten Städteplanung alles möglich wird. Kleiner Wermutstropfen: Unter den Besuchern des Frühstücks waren nur wenige von den Donaueschinger Gewerbetreibenden.

Man sei durchaus an einem Austausch mit Nagold interessiert, sagte Andreas Haller, Leiter des Amtes für Tourismus und Marketing. "Wir machen jetzt eine Bestandsaufnahme. Die Stadt muss dann überlegen, wie man sie gemeinsam mit den Gewerbetreibenden weiterentwickelt. In Donaueschingen sei man auf dem Weg, vieles in touristischer Hinsicht zu optimieren: "Eine Region rund um die Donau ist nicht eindeutig zuzuordnen. Daher bekennen wir uns zum Schwarzwald", erklärte Haller.

Deshalb habe man auch 2016 das Tourismuskonzept aus der Taufe gehoben, erklärte er: "Höchste Priorität hat dabei die Steigerung der Aufenthaltsqualität in der Innenstadt. Wie gelingt es uns etwa, Besucher der Donauquelle in die Innenstadt zu bekommen? Die Karlstraße hat dabei eine herausragende Bedeutung. Hier muss ein Schulterschluss zwischen Rathaus und Quelle her." Daneben wolle man die Stärken des lokalen Handels hervorheben, Servicequalität und Einkaufserlebnis gegenüber dem Onlinehandel forcieren. "Wir müssen etwa die Auffindbarkeit der Geschäfte im digitalen Bereich verbessern, sonst gehen potenzielle Kunden verloren", so Haller. Die Zusammenarbeit zwischen Handel und Gastronomie müsse verbessert werden. "Übergeordnetes Ziel ist die Identifikation. Nur so ist eine positive Außenwirkung möglich", so der Amtsleiter. Für die Stadt als eigene Marke soll voraussichtlich im Juni ein neues Logo kommen.

Donaueschingen habe zudem viel zu bieten: ein umfassendes Kulturangebot, Donauradweg- und quelle sowie etliche Höhepunkt-Veranstaltungen wie die City Jamboree, Das Reitturnier, die Musiktage oder das Windhund-Festival. "Zudem besteht eine gute Anbindung an die Autobahn", erklärte der Tourismus-Chef.

Nach Bad Dürrheim habe man im Kreisgebiet die meisten Übernachtungsgäste in der Stadt. Ziehe man Kur- und Badgäste ab, liege man sogar auf dem ersten Platz. "Touristische Angebote haben auch für Bürger einen Mehrwert. Durch eine entsprechende Infrastruktur steigt auch die Lebensqualität." Er ergänzte: "Und beim Kampf um neue Fachkräfte sind oftmals weiche Standortfaktoren entscheidend."

Die Stadt: Nagold hat etwa 22 000 Einwohner und ist große Kreisstadt. Dort bieten sich den Arbeitnehmern etwa 10 000 Arbeitsplätze, darunter auch bei renommierten Unternehmen, wie Rolf Benz oder Häfele. Der Stadtkern ist kompakt und verläuft wie eine Perlenkette. Der Nagolder Einzelhandel umfasst über 190 Betriebe.

Aufgabenverteilung: 2009 rief die Stadt das sogenannte City Commitment (englisch: Stadt-Engagement) ins Leben. Diese Vereinbarung sah eine Aufgabenverteilung zwischen Stadt, Gewerbe und einer Schnittstelle, dem City Management vor.

Die Gemeinde: kümmert sich seitdem um die Neugestaltung des öffentlichen Raumes, ein Verkehrs- sowie ein Beleuchtungskonzept. "So gelang es, dass die Innenstadt verkehrsberuhigt wurde. Am Wochenende ist sie sogar für den Verkehr gesperrt und wird zur Flaniermeile", erklärte Angela Nisch, die als Stadtplanerin im City Management gearbeitet hat. Rings um die Bundesstraße habe man öffentliche Parkhäuser gebaut, "von jedem benötigt man etwa drei Minuten in die Innenstadt", so Nisch weiter. Beim Beleuchtungskonzept habe die Stadt die Installationen angebracht, Privatleute übernehmen die Stromkosten.

Gewerbetreibende: Sie unterschrieben freiwillig eine Vereinbarung, sich zum Standort Innenstadt zu bekennen. Dazu gehören: kundenfreundliche Öffnungszeiten, unter der Woche bis 19 Uhr, am Wochenende bis 18 Uhr, ein attraktiver Auftritt der Läden, etwa mit den gleichen Sonnenschirmen und nur jeweils einem Kundenstopper. "Das Bild wirkt nach außen gigantisch gut. Es passt", sagt Nisch. Weiter gebe es noch die unverbindliche Teilnahme an gemeinschaftlichen Marketingmaßnahmen. Dabei haben nicht alle die Vereinbarung auch unterschrieben: "100 Prozent wird es nie geben. Aber viele sind mit dabei, und wir sind auf einem guten Weg", sagt die Stadtplanerin.

City-Management: Das Bindeglied zwischen Stadt und Gewerbe organisiert professionell verschiedene Veranstaltungen, beantragt und wickelt Sondernutzungen per Vollmacht ab. "Das City Management ist zudem Interessensvertreter gegenüber der Stadtverwaltung und kümmert sich um die Außendarstellung des Standorts", erklärt Angela Nisch. Dazu zählen etwa die große Markttafel durch die Stadt und der Nagolder Geschenk-Gutschein. Man könne Veranstaltungen anderer Städte kopieren, es müsse jedoch zur Gemeinde passen.

Erfolg: Die Zahlen geben dem Nagolder Konzept recht. Gab es 2004 noch etwa 27 000 Übernachtungen, zählte die Stadt im Jahr 2017 bereits 59 675 Gäste. Großer Faktor sei auch die Landesgartenschau 2012 gewesen, die für die Stadt "wahnsinnig viel getan hat", schilder Nisch.