Foto: Wursthorn

Stämme werden einfach abgesägt. Zerstörung von Lebensräumen für Vögel und Insekten.

Donaueschingen - In privaten Gärten geht die Entwicklung in Richtung Bequemlichkeit, Zeit- und Kostenersparnis. Der Trend richtet sich gegen Bäume und Natur.

Zunehmend lassen Privatleute Bäume auf ihren Grundstücken fällen. Danach muss kein Laub mehr zusammen gerecht werden, es gibt weniger Schatten, mehr Platz für Freizeitaktivitäten und weniger Besorgnis, der nächste Sturm könnte den Baum aufs Anwesen werfen.

Die Säge am Stamm zerstört binnen einer halben Stunde aber auch einen über Jahrzehnte gewachsenen Lebensraum für Vögel und Insekten. Zwanzig Jahre reichten da gar nicht, die unwiederbringlich gelöscht würden, warnt Umweltberater Gerhard Bronner. Er räumt aber ein, dass die rechtliche Handhabe, egal ob ein Dritter den Kahlschlag bedaure, beim Eigentümer liege.

Weil der Naturschutz den 1. März als Beginn der Vegetationszeit definiert, endet am letzten Februartag die Möglichkeit, Sträucher und Hecken zurückzuschneiden und Hand anzulegen an Stammhölzer. Das ist gegenwärtig im Stadtgebiet zu sehen, mit allen radikalen Ausprägungen.

Kahlschlag in der Alemannenstraße

In der Alemannenstraße hat die Baugenossenschaft Schwarzwald-Baar rund um mehrere Gebäude für einen Kahlschlag gesorgt. Nicht weniger als sechs Baumstümpfe zeugen schon auf dem ersten Grundstück Alemannenstraße 5, von der Villinger Straße kommend, wie die Motorsäge wirkte.

Er sei schon mehrfach auf diesen Kahlschlag angesprochen worden, sagt Bronner. Seitens der Baugenossenschaft erklärt er sich. "Die Bäume müssen weg, weil wir dort einen Anbau errichten", sagt Petra Schmidt. Die Assistentin der Geschäftsführung weist darauf hin, dass die Mieter informiert seien und nach der Baumaßnahme eine Ersatzbepflanzung erfolge. Bäume wurden auch an den BG-Häusern 18/20 gefällt. Hier sei die Baugenossenschaft ihrer Verkehrssicherungspflicht nachgekommen. Die Bäume seien alt und innen faul gewesen und mussten gefällt werden. "Wir hauen keine Bäume um, weil wir Spaß daran haben", betont Schmidt.

"Generell geht der Trend weg vom Baum", sagt Bronner. Das beginne beim Zuschnitt moderner, meist kleiner Baugrundstücke. Setzt der Eigentümer einen einheimischen Baum wie eine Buche, Eiche oder Tanne, ist der Ärger vorprogrammiert. Früher oder später werden die mehr als 20 Meter mächtigen Bäume dann eben herausgerissen. Bronner plädiert deshalb für halbhohe Bäume, die anfangs ebenso schnell wachsen wie die oben genannten. Tipps seien bald wieder der Naturgartenbroschüre zu entnehmen, die 2020 neu aufgelegt werde.

"Für mich ist das deprimierend", sagt Max Ehrhardt. Der Gärtnermeister führt seinen Betrieb in Hubertshofen seit 1980. Was heute in den privaten Gärten gepflanzt wird, verdiene kaum noch die Bezeichnung Baum. Der Grund liegt in den inzwischen meist kleinen Bauplätzen. Heimische Bäume können kaum noch gepflanzt werden. Sie werden groß und "heimische Bäume im Kleinformat gibt es nicht", sagt Ehrhardt.

Stadt blickt mit Sorge auf Entwicklung

Der Kahlschlag setzt sich in Bestandsgärten fort. Mal verschattet die hohe Birke die neu installierte Photovoltaik auf dem Dach, mal wird das Laubsammeln für die Hausbesitzer im fortgeschrittenen Alter zur Last. Und für die mittleren Jahrgänge bleibt zwischen, Job, Familie und Hobbys keine Zeit für Gartenarbeit, findet Ehrhard. Er bietet in seinem Betrieb zwar noch Obstbäume der alten hochstämmigen Sorten an, aber auch Kugel- und Säulenbäume, wie sie in modernen Gärten immer häufiger zu finden sind. Ausgedünnter ist das Angebot an heimischen Bäumen. Es sei schwer sie in der Breite vorzuhalten, wenn sie nicht mehr nachgefragt werden.

Tendenziell nähmen Anfragen von Bürgern zu, die sich nach der Zulässigkeit von Gehölzentfernungen erkundigen, sagt Kristina Diffring von der Pressstelle des Landratsamtes. Gleichzeitig erkundigten sich viele Grundstückbesitzer bei der unteren Naturschutzbehörde, ob die eigenen Baumfällabsichten rechtens sind. Initiativ werden die Mitarbeiter der Behörde nach Baumfällungen aufgrund der Informationen Dritter, aber auch im Rahmen eigener Ortstermine.

Durchaus mit Sorgen sieht die Stadt Donaueschingen das Fällen von Bäumen auf privaten Flächen, wenn keine Sicherheitsgründe vorliegen. Als Schattenspender, Sauerstoffproduzent und Lebensraum für Vögel und Insekten seien Bäume von besonderen Bedeutung für das Stadtklima, sagte Vera Moßbrucker von der Pressestelle der Stadt. Angesichts zunehmender schotter- und artenarmer Rasenflächen stünden Bäume für mehr Vielfalt im Garten, so Moßbrucker.

Kommunal: Die Stadt Donaueschingen hat zunächst keine Möglichkeit, in Privatgärten einzugreifen, da es keine kommunale Baumschutzsatzung gibt. Bei Baumfällungen gelten nur die Bestimmungen des Naturschutzgesetzes. Regelungen zu Baumpflanzung und -Erhalt werden in Donaueschingen in manchen Bebauungsplänen festgelegt. Weiteren Einfluss versucht die Stadt über Infoveranstaltungen und Publikationen auszuüben. Allgemein: Das Bundesnaturschutzgesetz definiert, dass zwischen 1. März und 30. September Bäume außerhalb des Waldes und gärtnerisch genutzter Grundflächen, Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze nicht abgeschnitten, auf den Stock gesetzt oder beseitigt werden dürfen. Ausnahmen können nach einer Beratung durch die Naturschutzbehörde erteilt werden. Dabei sind artenschutzrechtliche Bestimmungen zu beachten, insbesondere wenn es um Brutstätten geht. Ein Zuwiderhandeln kann als Ordnungswidrigkeit mit einer Buße von 10 000 Euro geahndet werden.