Die Kindertagespflege ist für Jessica Hamich ideal, um Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Ehemann Torsten und Tochter Jalia sehen das nicht anders. Fotos: Wursthorn Foto: Schwarzwälder Bote

Betreuung: Jessica Hamich arbeitet als Tagesmutter / Die eigene Familie zieht dabei mit

Hier ist Leben in der Bude: Für dieses Einfamilienhaus im Musikerviertel gilt das allemal. Fünf Kinder tollen hier durch Kinderzimmer und Garten, nächste Woche kommen zwei weitere hinzu. Die Kinder gehören zu Jessica Hamichs Erwerbs- wie auch Privatleben.

Donaueschingen (wur). Denn die 27-jährige Donaueschingerin ist Tagesmutter. Um drei Kinder zwischen drei und acht Jahren kümmert sie sich über einen Vertrag mit den Eltern, die anderen beiden sind ihre eigenen.

Mit der sechsjährigen Eliana und der dreijährigen Jalia spielt Amalia an diesem Morgen im Sandkasten. Die Achtjährige ist nur in den Schulferien in Jessica Hamichs Obhut und widerlegt damit das Trugbild, Tagesmütter kümmerten sich nur um Kinder im Kindergartenalter.

Auf Umwegen fand Jessica Hamich den Weg zu ihrer Kitapflege Sonnenkäfer. Nach Eichendorffschule und Kaufmännische Schulen wechselte sie an die Robert-Gerwig-Schule nach Furtwangen, um eine Ausbildung zur Systemelektronikerin zu beginnen. Die Lehre hat sie abgeschlossen, im Beruf hat sie nie gearbeitet.

Im Rückblick sei dieser erste Schritt ins Berufsleben ein Fehler gewesen, meint sie. Doch das zweite Lehrjahr in Furtwangen habe in eine ganz andere Richtung einen Anstoß gegeben. Eliana kam auf die Welt und die junge Mutter samt Ehemann Torsten wunderten sich, wie dünn gesät passende Betreuungsangebote waren.

Hamich absolvierte beim Tageskinder-Pflegeservice (Taps) eine Qualifizierung zur Tagesmutter und konnte Mitte 2018, Jalia war schon auf der Welt, ihre eigene kleine Firma aufmachen. Sie zählt die Vorteile auf: Sie hat ihre eigenen Kinder um sich und muss keine Kita-Gebühren bezahlen, hat ein Einkommen, mit dem sie zufrieden ist, und hilft Eltern, indem sie deren Kinder betreut.

Doch die Verdopplung der Kopfzahl funktioniert nur, wenn die ganze Familie an einem Strang zieht. Dem 37-jährigen Ehemann, als Umschuler in Richtung technischer Produktdesigner momentan ohnehin viel zuhause, macht es Spaß mit den Kindern. Eliana und Jalia fanden den Zuwachs auf Zeit zunächst ganz gut. "Später aber wollten sie auch mal ihre Ruhe", erinnert sich ihre Mutter. Das Privatsphäre-Problem der Hamich-Mädchen ist gelöst. Das eine Kinderzimmer ist für alle offen, das andere für die Betreuungskinder tabu.

Hausarbeit und Betreuung lassen sich im "Sonnenkäfer" nicht vereinbaren, erzählt Hamich, während sie in die Trinkflaschen eine dünne Apfelsaftschorle mixt. Aber das ist auch nicht die Vereinbarung. Wenn die Eltern 6,50 Euro pro Stunde für die Betreuung ihres Kindes zahlen, gehört auch Fördern und Beschäftigen zum Programm. "Wir sind oft in der Natur", sagt die Tagesmutter, aber auch Spiele und Basteln stehen hoch im Kurs.

Dabei ist diese Form der Kinderbetreuung, die Eltern eine flexible Dienstleistung mit Familienanschluss bietet, kein Selbstläufer. Die Corona-Pandemie verhängte der Tagesmutter faktisch ein Betreuungsverbot, seit August läuft es wieder besser – natürlich mit Hygienekonzept. Etwas mit Kindern und Jugendlichen, so stellt sich Hamich ihren weiteren Berufsweg vor. Jetzt schon sieht sie bei ihrer "Heimarbeit" einen Zugewinn fürs Familienleben. "Bei so vielen Kindern lernt man Gelassenheit" sagt sie.

Der Verein Tageskinder-Pflege-Service qualifiziert Frauen und Männer für eine Beschäftigung in der Kindertagespflege. Der Verein koordiniert auch im gesamten Landkreis mit Ausnahme von Villingen-Schwenningen den Bedarf an Kindertagespflegen. Zusätzlich zu Kindertageseinrichtungen bietet Taps flexible und an den Bedarf der jeweiligen Familie angepasste Betreuungen. Ein 160 Unterrichtsstunden umfassender Kurs beschäftigt sich mit pädagogischen, psychologischen und rechtlichen Themen. Mit dem Zertifikat können Absolventen beim Kreissozialamt eine Pflegeerlaubnis beantragen.